Hannover. Wochenlang fehlt der IT.Niedersachsen das Endlospapier. Die Folge: 325.000 Landesbedienstete bekommen keine Gehaltsmitteilungen.

Die IT.Niedersachsen ist der zentrale IT-Dienstleister der Niedersächsischen Landesverwaltung sowie eines Teils der Kommunen. Über den Landesbetrieb mit Hauptsitz in Hannover (es gibt unter anderem eine Dependance in Braunschweig) wird alles organisiert, was Datenverarbeitung betrifft – nicht nur digitale Angelegenheiten, sondern auch der Druck von Gehaltsmitteilungen. Die erhalten die Mitarbeiter mehrerer niedersächsischer Behörden im Jahr 2022 immer noch in Papierform. Doch seit Wochen warten viele vergeblich auf Post. Der Grund: Der IT.Niedersachsen war das Endlospapier ausgegangen.

Endlospapier – wer es nicht kennt – ist Papier, bei dem die Seiten zusammenhängen. Erst nach dem Drucken werden die Seiten voneinander getrennt. „Das benötigte Endlospapier konnte aufgrund gestörter weltweiter Lieferketten nicht rechtzeitig beschafft werden“, teilte auf Nachfrage unserer Zeitung das Niedersächsische Innenministerium mit, das die Aufsicht über IT.Niedersachsen führt. 300.000 Blatt Papier benötigt IT.Niedersachsen jeden Monat. Damit werden Druckaufträge erledigt für das Finanzministerium, für die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), für das Landesamt für Statistik, für das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie sowie insbesondere für das Niedersächsisches Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV).

Landesbedienstete warten seit Ende April auf ihre Gehaltszettel

Letztgenannte Behörde erstellt für alle Beschäftigten im Landesdienst – das heißt für Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte – die Gehaltsmitteilungen. Das Spektrum ist breit, wie eine Sprecherin des für das NLBV zuständigen Finanzministeriums erklärt: „Es werden zum Beispiel Gehaltsmitteilungen erstellt für das lehrende Personal an Schulen und Berufsschulen, das Personal im Polizei-, Gerichts- und Justizvollzugsdienst, das Personal in der Finanzverwaltung und das Personal in der allgemeinen Verwaltung. Hinzu kommen die verschiedenen Berufsgruppen der sonstigen Verwaltungsbereiche wie zum Beispiel die Forstverwaltung und der Wasser- und Küstenschutz.“

In Kalenderwoche 17 (letzte Aprilwoche) ging der IT.Niedersachsen das Papier aus. Schnell stapelten sich dort die unerledigten Druckaufträge. Das traf insbesondere das NLBV mit voller Wucht. Dort werden monatlich rund 325.000 Personalfälle abgerechnet. Das NLBV zahlt an die aktiven im Landesdienst beschäftigten Personen sowie an Versorgungsempfänger Bezüge (Gehälter), Beihilfen und Heilfürsorge. „Zahlreiche geeignete einseitige Druckdateien wurden daraufhin im NLBV gedruckt und kuvertiert. Der Druck der Gehaltsmitteilungen konnte nicht umgeleitet werden, da die Druckspezifikationen auf die Druckstraße bei IT.Niedersachsen in einem längeren Justierungsprozess abgestimmt wurden“, erklärt die Sprecherin des Finanzministeriums.

950.000 Gehaltsmitteilungen konnten nicht gedruckt werden

Bis zur Wiederaufnahme des Drucks beim IT-Dienstleister konnten rund 950.000 Gehaltsmitteilungen nicht erstellt und versandt werden. Landesbeschäftigte, die privat zum Beispiel für den Abschluss bestimmter Dienstleistungen wie Kreditverträge aktuelle Gehaltsnachweise benötigten, schauten unter Umständen in die Röhre. „In dringenden Einzelfällen konnte die Sachbearbeitung Gehaltsmitteilungen erstellen“, teilte die Sprecherin des Finanzministeriums mit.

Erst in der Kalenderwoche 26/27 (letzte Juni-Woche, erste Juli-Woche) bekam IT.Niedersachsen Papier geliefert. „Seitdem laufen Druck und Kuvertierung unter Volllast. Das bedeutet, täglich können bis zu 20.000 Gehaltsmitteilungen verarbeitet werden“, erklärt die Sprecherin des Innenministeriums. Der Rückstau der NLBV-Druckaufträge werde bis zum Beginn des vierten Quartals abgearbeitet sein, kündigt die Sprecherin des Finanzamts an.

Ab 2023 soll es für Landesbedienstete endlich digitale Gehaltsmitteilungen geben

IT.Niedersachsen zieht aus der Druckpapiermisere eine Konsequenz: „Damit ein Papiermangel künftig vermieden wird, wurde der Lagerbestand an Papier erhöht. Zusätzlich wird ein Rahmenvertrag mit weiteren Bezugsmöglichkeiten ausgeschrieben“, berichtet die Sprecherin des Innenministeriums.

Stellt sich die Frage: Warum werden im Jahr 2022 Gehaltsmitteilungen überhaupt noch ausgedruckt und verschickt? „Es ist beabsichtigt, die Gehaltsabrechnungen für diejenigen, die diesen Weg bevorzugen, in absehbarer Zeit digital zum Abruf zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit kann nach den derzeitigen Planungen im Laufe des nächsten Jahres eröffnet werden“, sagt die Sprecherin des Finanzministeriums an.

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