Hannover. In den kommenden drei Jahren fehlen in Niedersachsen Steuereinnahmen von etwa 870 Millionen Euro im Vergleich zur Prognose aus dem Mai.

Dem Land Niedersachsen brechen in den kommenden Jahren wegen der Corona-Krise voraussichtlich noch mehr Steuereinnahmen weg als erwartet. Zwar habe die wirtschaftliche Erholung im dritten Quartal 2020 dazu geführt, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr etwas besser ausfallen dürften als zuletzt befürchtet, sagte Finanzminister Reinhold Hilbers am Montag in Hannover. In den Jahren 2021 bis 2024 fehlten im Vergleich zur Prognose vom Mai aber rund 870 Millionen Euro. „Eine Rückkehr zum Ausgabenniveau von vor der Krise kann es angesichts der anhaltenden Steuereinnahmeausfälle nicht geben“, sagte der CDU-Politiker.

Konkret erwartet das Land für das laufende Jahr Steuereinnahmen von 27,4 Milliarden Euro. Das sind 2,5 Milliarden Euro weniger als vor der Pandemie geplant und 2,1 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr. Der Teil-Lockdown seit Anfang November sei in dieser Schätzung bereits berücksichtigt, erklärte Hilbers - mögliche weitere Verschärfungen der Corona-Vorgaben allerdings noch nicht.

Finanzminister Hilbers sieht Chance auf Impfstoff als Lichtblick

Dieses „hohe Maß an Ungewissheit“, wie es der Minister nannte, gilt auch für die Folgejahre. „Ein Lichtblick ist, dass wir eine realistische Chance auf einen Impfstoff haben“, sagte er. Ein Wiederaufflammen der Pandemie könnte die prognostizierte Erholung jedoch auch gefährden. Aktuell rechnet das Land zum Jahreswechsel 2021/22 mit einer Rückkehr auf das Vorkrisenniveau.

Für die Politik bedeutet das, dass der finanzielle Spielraum schwindet. „Wir können uns nicht mehr so viel leisten wie wir geglaubt haben“, sagte Hilbers. Auf neue Schwerpunkte hat die Regierung aus SPD und CDU daher in ihrem Haushaltsentwurf für 2021 bereits weitgehend verzichtet. Auch Einsparungen seien künftig nötig, sagte der Finanzminister am Montag.

„Staatliche Konjunkturprogramme sind nicht unendlich“

Allein mit staatlichen Konjunkturprogrammen sei die Viruskrise nicht zu überwinden, erklärte er, weil etwa der Auslandsumsatz nicht zu ersetzen zu sei. „Die staatlichen Möglichkeiten sind auch nicht unendlich.“

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder regte allerdings eine Debatte über den Sinn der Schuldenbremse an. „Es darf kein Kaputtsparen in der Krise geben“, sagte sie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erneuerte zudem seine Forderung nach einem Investitions- und Konjunkturpaket in Form eines Niedersachsen-Fonds. „Wer aus einem Tal herausfahren will, muss kräftig auf das Gaspedal drücken anstatt in den Leerlauf zu schalten“, sagte DGB-Bezirkschef Mehrdad Payandeh. Der FDP-Haushaltspolitiker Christian Grascha rief die Regierung dagegen auf, „den finanzpolitischen Katastrophenfall“ zu beenden und die Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten. Noch seien Milliarden an Corona-Hilfen ungenutzt.

Prognose: Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 geht um 5,5 Prozent zurück

Für das Jahr 2020 prognostiziert die Steuerschätzung einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5,5 Prozent – vor der Krise war ein Plus von 1,0 Prozent erwartet worden, im Mai gingen die Experten allerdings noch von einem Minus von 6,3 Prozent aus. Zu dieser Korrektur im Vergleich zum Frühjahr hätten die Konjunkturpakete von Bund und Ländern wesentlich beigetragen, so das Finanzministerium.

In den kommenden Jahren soll die Konjunktur der Schätzung zufolge wieder anziehen, allerdings schwächer als im Mai erhofft. Erwartet wird jetzt ein Wirtschaftswachstum im Jahr 2021 von 4,4 Prozent.

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