Estorf. SPD-Politiker Arnd Focke hat weitere Anzeigen wegen rechter Hetze gegen ihn gestellt. Er fühle sich aktuell „gut geschützt“ – die Ermittlungen laufen.

Der wegen rechtsextremer Anfeindungen zurückgetretene Ex-Bürgermeister der Gemeinde Estorf im Landkreis Nienburg/Weser, Arnd Focke (SPD), ist weiterhin in Kontakt mit dem Staatsschutz Niedersachsen.

Zurückgetretener Estorfer Bürgermeister Focke: „Noch niemand ermittelt, dem Tat vorgeworfen werden kann“

„Wir haben regelmäßige Telefonate, es gibt immer noch Strafanträge zu bearbeiten“, sagte Focke im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. „Soweit ich weiß, wurde noch niemand ermittelt, dem die Taten vorgeworfen werden.“

Focke hatte seinen Rücktritt Anfang Januar damit begründet, dass ihm Morddrohungen in den Briefkasten gesteckt worden seien und sein Auto mit Hakenkreuzen verunstaltet worden sei.

Estorf: Focke bezeichnet Entscheidung, mit Rücktritt an Öffentlichkeit zu gehen, als „richtig“

Bis Mitte Januar habe es weitere Übergriffe dieser Art gegeben, sagte Focke. „Ich habe noch verschiedene Anzeigen gestellt.“ Seither sei es ruhiger geworden. „Ich fühle mich gut geschützt und habe keinen Personenschutz oder Ähnliches.“

Seinen Rücktritt und die Entscheidung, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, bezeichnete Focke im Nachhinein als richtig. „Ich wollte zeigen, wie normal es leider geworden ist, dass Amtsträger derartigen Anfeindungen ausgesetzt sind – und dass man etwas dagegen tun kann“, sagte er. „Das muss nicht immer die Polizei sein, aber man kann sein Wort dagegen erheben oder aufstehen und den Tisch verlassen, wenn rechtsextreme Parolen fallen.“

Arnd Focke im DPA-Interview: „Wichtig, beim Thema Rechtsextremismus aufzustehen“

In einem DPA-Interview äußerte sich Focke, der acht Jahre lang Bürgermeister von Estorf war, ausführlich zu seiner Situation:

Herr Focke, Ihr Rücktritt hat großes Aufsehen erregt, Sie haben auf einmal Fernsehinterviews gegeben und sogar der Außenminister hat sich zu Ihrem Fall geäußert. Haben Sie damit gerechnet?

Die Dimension war mir am Anfang nicht so klar, das war nervenaufreibend. Das hat mich schon ein bisschen überfahren. Ich hatte mich aber bewusst entschieden, das Thema öffentlich zu machen und halte es auch im Nachhinein für die richtige Entscheidung.

Warum?

Ich halte es für wichtig, beim Thema Rechtsextremismus aufzustehen und den Leuten zu sagen, so geht es nicht. Ich wollte zeigen, wie normal es leider geworden ist, dass Amtsträger derartigen Anfeindungen ausgesetzt sind - und dass man etwas dagegen tun kann. Das muss nicht immer die Polizei sein, aber man kann sein Wort dagegen erheben oder aufstehen und den Tisch verlassen, wenn rechtsextreme Parolen fallen.

Ich bin nach wie vor mit dem Staatsschutz Niedersachsen in Kontakt. Wir haben regelmäßige Telefonate, es gibt immer noch Strafanträge zu bearbeiten. Soweit ich weiß, wurde noch niemand ermittelt, dem die konkreten Taten vorgeworfen werden.

Haben Sie seither weitere Drohungen erhalten?

Ich habe noch verschiedene Anzeigen gestellt. In meinem Carport wurde ein Hakenkreuz ins Holz geritzt und ich habe einen Zeitungsausschnitt erhalten mit einem Fadenkreuz auf meinem Kopf. Das war Mitte Januar. Seitdem ist es ruhiger geworden. Ich fühle mich gut geschützt und habe keinen Personenschutz oder Ähnliches.

Wie hat die Gemeinde in Estorf auf Ihren Rücktritt und die Vorfälle reagiert?

Es war eine große Bestürzung da, eine große Betroffenheit. Aber es ist wichtig, dass die Gemeinde zur Ruhe kommt und sich wieder den Tagesaufgaben widmet. Der Rückhalt ist da.

Haben Sie Verständnis dafür, dass manche Ihren Rücktritt als Einknicken vor den Angreifern verstehen?

Absolut. Aber ich glaube nicht, dass ein Anderer beurteilen kann, wie man sich in so einer Situation fühlt. Für mich war eine Grenze erreicht. Es war die richtige Entscheidung, aus der Position herauszugehen. Kommunalpolitische Verantwortung ist für mich Geschichte. Aber ich werde auf jeden Fall weiter den Mund aufmachen und mich nicht komplett zurückziehen.

Würden Sie sich wünschen, dass mehr Menschen, die bedroht werden, an die Öffentlichkeit gehen?

Antwort: Definitiv, das fehlt. Es führt ja immer noch zu ungläubigem Staunen, wenn man solche Anfeindungen öffentlich macht - gerade hier bei uns auf dem Land. Ich glaube, die Politik hat den Ball jetzt auch aufgenommen, in der SPD sehe ich das. Wichtig ist, dass die anderen Parteien mitmachen und gemeinsame Strategien gegen Rechts entwickeln. dpa