Hannover. Weniger Zuwanderer, weniger Geburten, mehr Sterbefälle: In Niedersachsen werden künftig viel weniger Menschen leben als heute.

Niedersachsens Einwohnerzahl wird in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich deutlich sinken. Nach einer Vorausberechnung der Statistischen Ämter von Bund und Ländern könnten im Jahr 2060 zwischen Harz und Nordsee nur noch 7,46 Millionen Menschen leben. Das wären etwa 520.000 oder 6,6 Prozent weniger als Ende 2018, berichtete das Statistische Landesamt (LSN) im aktuellen Monatsheft.

Zwar dürfte die Einwohnerzahl von zuletzt gut 7,98 Millionen in den kommenden Jahren wegen des derzeit noch positiven Wanderungssaldos zunächst weiter geringfügig steigen, prognostizieren die Statistiker. Voraussichtlich ab 2023 werde die Nettozuwanderung aber das anhaltende Geburtendefizit nicht mehr ausgleichen können.

Geburtenziffer zu gering – Zahl der Sterbefälle steigt

Die Zahl der Neugeborenen reicht laut LSN schon seit knapp 50 Jahren nicht mehr aus, um den Bevölkerungsbestand auf natürliche Weise zu erhalten. Dazu müsste die Geburtenziffer mindestens 2,1 Kinder pro Frau betragen. Dieses Niveau wurde zuletzt 1971 erreicht, als landesweit knapp 98.000 Kinder geboren wurden. Im vergangenen Jahr, als rund 74.000 Kinder auf die Welt kamen, lag die Geburtenziffer bei durchschnittlich 1,62 Kindern pro Frau.

Die Zahl der Sterbefälle dagegen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht – von 65.000 im Jahr 1950 auf zuletzt jeweils mehr als 90.000 pro Jahr. Dies sei eine Konsequenz der steigenden Lebenserwartung, schreiben die Statistiker. Bei männlichen Neugeborenen hat sie sich in den vergangenen 45 Jahren von 67 auf 78 Jahre und bei weiblichen Neugeborenen von 74 auf 83 Jahre erhöht. Bis Mitte des Jahrtausends werde die Lebenserwartung um weitere fünf bis sechs Jahre steigen.

Statistiker erwarten deutliche Bevölkerungsverluste

Dass die Bevölkerungszahl in Niedersachsen zuletzt trotz des Geburtendefizits gestiegen ist, erklärte das LSN mit den sogenannten Wanderungsgewinnen. Sie sind entstanden, weil mehr Menschen nach Niedersachsen gezogen als von dort fortgezogen sind. Große Wanderungsgewinne gab es vor allem im Zusammenhang mit dem Fall des Eisernen Vorhangs, der Aufnahme osteuropäischer Länder in die EU und den Krisen und Kriegen im Nahen Osten.

Die Wanderungsgewinne werden nach den Berechnungen der Statistiker künftig allerdings nicht mehr ausreichen, um das weiter steigende Geburtendefizit auszugleichen. Die Zahl der Lebendgeborenen werde bis Mitte dieses Jahrtausends auf rund 63.000 sinken, die Zahl der Sterbefälle dagegen auf fast 110.000 steigen. Mittel- bis langfristig seien unter dem Strich deshalb deutliche Bevölkerungsverluste zu erwarten. Denn von einer Kontinuität der hohen Nettozuwanderung könne man nicht ausgehen, heißt es in der Untersuchung.

Derzeit arbeitet das Landesamt an einer Bevölkerungsvorausberechnung für die einzelnen Städte und Regionen in Niedersachsen. Erste Ergebnisse soll es im kommenden Jahr geben. dpa