Hildesheim. Im Bistum sollen sich Kirchenmänner an Kindern vergangen haben. Bischof Wilmer beauftragt eine Expertengruppe um Ex-Ministerin Niewisch-Lennartz.

Das katholische Bistum Hildesheim lässt Hinweise auf sexuellen Missbrauch unabhängig und umfassend untersuchen. Im Zentrum steht Altbischof Heinrich Maria Janssen. Er soll sich an Minderjährigen vergangen haben. Es geht auch um Vorwürfe gegen zahlreiche weitere Verantwortliche.

Die Leitung der Untersuchung hat als Obfrau Niedersachsens Ex-Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). Die Archivrecherche übernimmt der ehemalige Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm, der 15 Jahre lang die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg in Baden-Württemberg leitete.

Bischof Heiner Wilmer erklärte, dass das Bistum erneut das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) beauftragt hat. Es erstellte bereits 2017 eine Missbrauchs-Studie für das Bistum. Die Expertengruppe umfasst insgesamt vier Personen.

Wilmer stellt sich auf einen sehr ernsten Prozess ein: „Ich rechne mit allem – mit allem. Mit neuen Erkenntnissen zu einzelnen Personen und zu Personen, die wir noch nicht kennen.“ Auf die Frage zur Linie des Bistums, sagte Wilmer: „Druck.“ Er wolle schnell Ergebnisse sehen. Niewisch-Lennartz kündigte an, dass ein Bericht der Expertengruppe in etwa einem Jahr öffentlich vorgestellt werde. Es handelt sich um die größte Studie dieser Art an einem deutschen Bistum.

Bischof Wilmer erklärte: „Wir geben die Kontrolle ab.“ Die Experten würden völlig unabhängig agieren können. Ihnen würden sämtliche Akten aus der Amtszeit von Altbischof Janssen von 1957 bis 1982 zur Verfügung gestellt. Von den seit dem Zweiten Weltkrieg im Bistum Hildesheim beschuldigten 46 Priestern haben 43 Berührungspunkte mit der Amtszeit Janssens. Die vier Experten werden neben dem Aktenstudium auch Interviews mit Betroffenen und Zeitzeugen führen. Stellen sich neue Verdachtsmomente dar, werde die Staatsanwaltschaft – wie bisher auch schon – umfassend informiert, sagte Wilmer.

Niewisch-Lennartz hob hervor, dass sie keine Verbindung zur katholischen Kirche und schon gar nicht zum Bistum habe. Sie ist in der Expertengruppe für Personen ansprechbar, die sich als Zeitzeugen äußern oder in anderer Weise Hinweise geben wollen. Erreichbar ist sie unter der Mail-Adresse obfrau@wissenteilen-hildesheim.de. Altbischof Janssen soll sich an einem Messdiener und an einem Heimkind vergangen haben. Auch zu diesen Fällen können sich Hinweisgeber melden.

Als Folge der ersten IPP-Studie hat das Bistum 10.000 Mitarbeiter geschult. Zudem hat es drei externe Ansprechpartner für Betroffene benannt. In unserer Region ist das Diplom-Psychologin Michaela Siano in Helmstedt. Sie ist unter der Telefonnummer 05351/424398 zu erreichen.

Bistum Hildesheim lässt Missbrauch erneut untersuchen

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