Hannover. . Auch vor Rindern und Pferden hat der Leitrüde des Rodewalder Rudels nicht halt gemacht. Nun soll er sterben, wie auch ein Wolf in Schleswig-Holstein.

Zwei Wölfen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein soll es an den Kragen gehen. Die zuständigen Behörden haben eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss der Tiere erteilt. Der Leitrüde des Rodewalder Rudels im niedersächsischen Landkreis Nienburg hat zahlreiche Nutztiere getötet, darunter sogar Pferde und Rinder, die Wogen schlagen hoch. Das Umweltministerium hat eine Ausnahmegenehmigung für einen Abschuss von GW717m erwirkt, erteilt hat sie der Landesbetrieb NLWKN. In Schleswig-Holstein soll Rüde GW924m getötet werden.

Wann darf ein Wolf geschossen werden?

Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Außer dem Bundesnaturschutzgesetz ist das auch in EU-Vorgaben geregelt. Die Tiere dürfen in Deutschland nicht gejagt werden. Eine Abschussgenehmigung kann aber im Ausnahmefall nach Paragraf 45 des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt werden. Bestimmte Tiere dürfen dann getötet werden, wenn von ihnen eine Gefahr für den Menschen ausgeht oder erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch sie zu erwarten ist.

Wie sieht es rechtlich bei GW717m in Niedersachsen aus?

Juristisch stützt sich die Ausnahmegenehmigung in Niedersachsen auf den Tod von mehreren ausreichend geschützten Rindern. Das Umweltministerium hat GW717m nach eigenen Angaben mehr als 40 Risse von Nutztieren nachgewiesen, darunter Ponys und Rinder. Einen Eilantrag von Wolfsschützern hat das Verwaltungsgericht Oldenburg abgelehnt. Alternativen zur Tötung seien nicht erkennbar. Der Landesbetrieb NLWKN habe überzeugend dargelegt, dass die strengen Voraussetzungen für eine rechtmäßige Abschussgenehmigung vorliegen würden. Daraufhin kündigte der Vorsitzende des betroffenen Vereins Einspruch beziehungsweise Beschwerde an.

Was ist die juristische Grundlage bei GW924m in Schleswig-Holstein?

Die Genehmigung zum Abschuss hat das dem Umweltministerium in Kiel zugeordnete Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Ende Januar erteilt. Der aus Dänemark nach Schleswig-Holstein gekommene Rüde ist für mehrere Schafsrisse hinter vermeintlich wolfssicheren Zäunen im Kreis Pinneberg verantwortlich.

Wurden in Deutschland schon Problemwölfe geschossen?

Ja. Seit der Rückkehr von Canis lupus nach der Wiedervereinigung wurden in Deutschland bereits zwei Wölfe legal getötet. Der bundesweit erste war der im Internet Kurti genannte MT6. Er wurde im April 2016 in der Lüneburger Heide geschossen. Dieses Schicksal ereilte im Februar vergangenen Jahres auch einen Wolf in Sachsen.

Wer soll GW717m töten?

Dazu möchte das Umweltministerium in Hannover nichts sagen. MT6 war von einem Scharfschützen der Polizei getötet worden. Und in Schleswig-Holstein? "Eine Gruppe ausgewiesener Fachleute unter intensiver Einbeziehung des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein wird nun mit der schwierigen Aufgabe betraut, den Wolf zu erlegen", sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) Ende Januar.

Wie lange dauert es, bis die Tiere geschossen werden?

Über einen Zeitrahmen kann niemand verlässliche Angaben machen. GW717m muss in Schussweite kommen und identifiziert werden. Der Rüde war außer im Landkreis Nienburg auch im Heidekreis und der Region Hannover unterwegs. Anders als seinerzeit MT6 trägt er kein Senderhalsband, das Ortung und Identifizierung erleichtern würde. Auch GW924m in Schleswig-Holstein trägt kein Halsband, die Gefahr einer Verwechslung ist dort aber geringer. In Niedersachsen soll es nach Angaben der Landesjägerschaft rund 250 Wölfe geben, im nördlichsten Bundesland dagegen nur 4. In Niedersachsen sind 22 Rudel nachgewiesen, in Schleswig-Holstein noch keine.

Warum heißen die Wölfe GW717m und GW924m?

GW" steht für einen Grauwolf (engl.: Grey Wolf). Danach kommt die Codenummer des Senckenberg-Institutes, im Falles des Rodewalder Rüden ist es 717, beim Schleswig-Holsteiner 924. Das kleine m" am Ende zeigt, dass es sich um ein männliches Tier handelt (engl.: male).

Welche extremen Haltungen gibt es beim Thema Wolf?

Einige Wolfsgegner wollen den Tieren in Deutschland keinerlei Raum geben. Andere fordern eine Obergrenze oder wolfsfreie Zonen, um vor allem Nutztiere zu schützen. Auf der anderen Seite stehen Tierschützer, die den Abschuss auch von Problemwölfen strikt ablehnen. So nahm das niedersächsische Umweltministerium unlängst einen bedrohten Wolfsberater aus der Schusslinie. Dem Mann war nach eigenen Angaben in einer Mail unterstellt worden, persönlich für die Entscheidung zum Abschuss von GW717m verantwortlich zu sein. dpa

So nah ist uns der Wolf - Rudel im Kreis Gifhorn