Braunschweig. Beim Fünften Göttingen setzen die Löwen fest auf Sieg. Im härtesten BBL-Abstiegskampf seit zehn Jahren müssen sie eventuell noch dreimal gewinnen.

Schade war es, dass am Mittwoch in Berlin trotz starker Leistung kein Überraschungssieggelang. Doch Braunschweigs Basketballer hakten ihren Frust schon auf der Rückfahrt ab, nahmen das Positive aus ihrem Auftritt mit und das nächste Spiel in den Fokus: Das emotionsgeladene Derby am Samstagabend in Göttingen.

Damit verbunden sind große Hoffnungen der Löwen, den beim Meister knapp verfehlten zehnten Sieg landen zu können – damit es nicht das auf unbestimmte Zeit letzte Südniedersachsenderby gegen die „Veilchen“ wird. Denn die Braunschweiger stecken im engsten und härtesten Abstiegskampf seit zehn Jahren.

Engstes Rennen um den Klassenerhalt seit 2013: Zwölf Siege könnten nötig sein

Um den Klassenerhalt feiern zu können, brauchen die Braunschweiger höchstwahrscheinlich eine – im Vergleich der vergangenen 16 Jahre, in denen die Bundesliga aus 18 Klubs gebildet wird – außergewöhnlich hohe Zahl an Siegen. Die übliche Faustformel, wonach zehn Erfolge den BBL-Verbleib bedeuten, wird diesmal nicht gelten. Betrachtet man die aktuelle Konstellation und das Restprogramm der Klubs, werden elf, wenn nicht sogar zwölf Siege nötig sein, um nicht auf Rang 17 abzurutschen. Das hieße, die Löwen müssten noch dreimal gewinnen – sie haben aber nur noch fünf Spiele.

Lesen Sie mehr über die Basketball Löwen Braunschweig:

Braunschweiger Sieg-Hoffnung stirbt erst in letzter Minute

Warum Braunschweigs Jilson Bango nach der Verletzung so dominiert

Für die „Endspiele“ passt das Braunschweiger Basketball-Puzzle

Braunschweiger begeistern gegen Ulm mit play-off-reifer Defense

Dustin Slevas Rat für Braunschweiger Abstiegskampf- „Spaß finden“

Krämers krasser Kraftakt beim Braunschweiger Sieg über Bayreuth

In der bislang härtest umkämpften Saison 2012/13 stiegen die Riesen Ludwigsburg sogar mit zwölf Siegen ab – eine Ausbeute, die den Löwen andererseits im Vorjahr zu Rang 13 reichte. 2013/14 stieg Würzburg mit zehn Erfolgen ab, und dreimal mussten Teams mit neun gewonnenen Partien in die ProA runter. In den elf anderen BBL-Saisons mit einer 18er-Liga hätten die Löwen schon mit ihrer derzeitigen Ausbeute von neun Siegen sportlich überlebt.

Dreiervergleich Frankfurt und dem MBC: 13-Punkte-Sieg gegen Skyliners nötig

Dass sie diesmal drei mehr brauchen könnten, liegt auch am engen Dreikampf mit Frankfurt und dem Mitteldeutschen BC. Klar ist, dass die Mannschaft von Trainer Jesús Ramírez das „Vierpunktespiel“ gegen die über ein leichteres Restprogramm verfügenden Frankfurter am Dienstag in der VW-Halle gewinnen muss. Gelingt das, ist auch der direkte Vergleich mit den Skyliners gewonnen, was, wenn er zum Tragen kommt, so viel wert ist wie ein weiterer Erfolg.

Es sei denn, es kommen weitere Mannschaften in die Rechnung, wobei der MBC die naheliegendste Variante für einen Dreiervergleich wäre. Und hierbei bekämen die Löwen ein Problem. Denn sie haben beide Spiele gegen Weißenfels verloren und weisen daraus auch noch die schlechte Korbdifferenz von minus 20 auf. Um dies in diesem Dreiervergleich wettzumachen, müssten sie gegen Frankfurt (zwei knappe Siege gegen den MBC) nicht nur irgendwie, sondern mit mehr als 12 Punkten Differenz gewinnen.

Freyer für Jovovic: MBC tauscht nach Pleitenserie den Trainer aus

Der MBC, nach Siegen gleichauf mit den Löwen, pausierte am Mittwoch, weil für seinen vorgesehenen Gastgeber Ulm das Eurocup-Viertelfinale in Ankara Vorrang hatte. Das gab dem neuen Trainer Ingo Freyer Zeit, die Mannschaft auf sein System einzuschwören. Denn nach der siebten Niederlage in Serie am Vorsonntag gegen Frankfurt hatten die Weißenfelser die Reißleine gezogen und ihren Coach Igor Jovovic gegen den letztjährigen Oldenburg-Retter Freyer ausgetauscht.

Eine weitere Variante, in der die Löwen die Hamburg Towers noch überholen könnten, gegen die sie gewonnen hatten und die sie zum Rückspiel noch in der VW-Halle erwarten, ist seit dem Towers-Sieg am Mittwoch gegen Heidelberg unwahrscheinlicher geworden. Und gegen die einen Sieg besseren Crailsheimer wurde der direkte Vergleich bereits mit 0:2 verloren.

Siegen statt rechnen – Basketball Löwen Braunschweig geben sich selbstbewusst

Rechenspiele mit vielen Unbekannten, mit denen sich die Braunschweiger möglichst nicht beschäftigen wollen. Sie setzen erstmal auf einen Sieg in Göttingen, der Verfolger Frankfurt weiterhin mit mindestens einem Sieg Differenz auf Distanz halten würde, bis am Dienstag der Showdown in der VW-Halle steigt. Denn es ist davon auszugehen, das die Skyliners am Sonntag ihr Heimspiel gegen das auswärts noch sieglose Schlusslicht Bayreuth gewinnen und damit dessen Abstieg vorzeitig besiegeln.

Die Löwen schöpfen ihre Zuversicht fürs Derby aus ihren guten Leistungen in jüngster Zeit mit Siegen gegen Heidelberg, Bayreuth und Ulm. „Wir haben eine Art Momentum“, glaubt Trainer Jesus Ramírez, und Sportchef Nils Mittmann ergänzt: „Qualität, Erfahrung und die nötige Breite im Kader stimmen inzwischen, und daraus bildet sich ein gewisses Selbstvertrauen.“ Das habe sich auch in Berlin gezeigt, wo die Löwen bis vier Minuten vor Schluss in Führung lagen, sich dann aber doch der Klasse des Europaligisten beugen mussten.

Leistungsträger-Trio der Löwen soll in Göttingen wieder besser punkten als in Berlin

Was hoffen lässt: Das Duell auf Augenhöhe mit dem Meister gelang, obwohl drei Leistungsträger gegen die Klasseverteidigung der Berliner nicht wie gewohnt zum Zug kamen: Divine Myles (5 Punkte) konnte sich individuell nicht durchsetzen und dem Team auch nicht anders helfen, Jilson Bango (2) war praktisch nicht anspielbar, und Topscorer David Krämer (10) wurde gezielt in den Mühlrädern der Alba-Defense aufgerieben.

Von diesem Trio darf man in Göttingen wieder mehr erwarten. Und wenn dann Kapitän Robin Amaize, Neuzugang RJ Cole als Gestalter wie Vollstrecker und Dustin Sleva erneut so stark auftreten wie in Berlin, dürften die Löwen für den ersehnten Sieg infrage kommen. Dass der steigende psychische Druck im Abstiegskampf dem Team einen Strich durch die Rechnung macht, fürchtet Ramírez nicht. „Robin, Dustin und David sind mental sehr stark“, lobt er. „Sie werden die anderen anführen und aufbauen.“

Der Gegner

Die BG 74 Göttingen ist das Überraschungsteam der Saison. Obwohl im Sommer neu zusammengebaut, harmonierte die Mannschaft schon früh und hat sich seither immer weiter gesteigert, beziehungsweise ihre guten Leistungen konstant abgerufen. Der Lohn: Platz fünf, mit der Chance, sogar noch Vierter zu werden und damit Heimrecht fürs Viertelfinale zu erkämpfen. Allerdings müsste dafür nach der 85:94-Niederlage in Rostock gegen die Löwen ein Sieg her

Trainer Roel Moors arbeitet mit einem ausbalancierten Kader, aus dem immer wieder andere Akteure besonders glänzen. Im Hinspiel war es beim klaren 78:64-Sieg der Norweger Harald Frey mit 25 Punkten. „Sie sind hungrig, haben schlaue Spieler, eine gute Rollenverteilung und starke Teamchemie“, lobt Löwen-Coach Jesús Ramírez.

Die Veilchen treffen ihre Dreier gut und leisten sich wenige Ballverluste. Angeführt von Topscorer Mark Smith (17,2) punkten sechs Spieler im Schnitt zweistellig – außergewöhnlich.

BG Göttingen – Braunschweig, Samstag, 20.30 Uhr, Magentasport