„Es war zu befürchten, dass die Thüringer Wähler ein kompliziertes Ergebnis liefern.“

Es war zu befürchten, dass die Thüringer Wähler ein kompliziertes Ergebnis liefern. Was jetzt vorliegt, ist nicht kompliziert. Es ist ein Chaos. Rechnerisch ist Thüringen dank einer politischen „Ausschließeritis“ unregierbar.

CDU und Linkspartei können und wollen nicht miteinander. Allen anderen Kombinationen fehlt es rein rechnerisch an Masse. Und mit Björn Höckes AfD will – zu Recht – gar niemand regieren. Es hat noch nie eine deutsche Landtagswahl gegeben, die eine derart komplizierte Regierungsbildung nach sich zog. Die Botschaften der Wahl:

Die Linkspartei hat noch immer Kraft im Osten. Sie triumphiert als Wahlsieger. Das verdankt sie dem „Wessi“ Bodo Ramelow, dem beliebten und bodenständigen Ministerpräsidenten. So einer wäre sogar in der SPD noch konservativ.

Die CDU ist nicht auf Platz eins gekommen. Das ist ein schwerer Schlag für Mike Mohring, aber auch für die Parteichefin, der es nicht gelingt, sich aus der Krise zu manövrieren. AKKs Ziel, das Kanzleramt, ist in noch weitere Ferne gerückt. Die Debatte über ihre Eignung wird ungemütlicher, und die Herausforderer werden alle Rücksicht fahren lassen. Der Kampf um die Kanzlerkandidatur hat schon begonnen.

Die Stärke der AfD ist keine Überraschung mehr im Osten. Und dennoch ist Thüringen ein Sonderfall. Denn mit Björn Höcke stand dort ein AfD-Mann an der Spitze, der seine Nähe zu rechtsextremen Positionen gar nicht mehr kaschieren mag. Wer die Höcke-AfD wählte, ist kein „besorgter Bürger“ mehr. Wähler, die bei ihm am Sonntag sein Kreuz machten, unterstützten auch Fremdenfeindlichkeit und sein perfides Spiel mit Tabus.

Für den Blick auf die SPD braucht man die ganz große Lupe. Das Ergebnis ist dramatisch, ein brutales Handicap für Olaf Scholz’ Ambitionen. Und damit auch ein Menetekel für den Fortbestand der großen Koalition.