Rom. Miriam Leone ist der Star in „Die Toten von Turin“. Begegnung mit einer Frau, die als Schönheitskönigin aus der Provinz zum Film fand.

Maskuline Kleidung, tiefe Augenringe und demonstrativ ungeschminkt – so zeigt sich Miriam Leone als Kommissarin in der Krimireihe „Die Toten von Turin“. Fast, als wollte sie das verstecken, was einst ihre Karriere befeuert hat: ihre Schönheit. Miriam Leone (33) wurde 2008 zur Miss Italia gewählt und absolvierte erst einige Schönheitswettbewerbe, bevor sie sich fürs Schauspiel entschied.

Valeria Ferro, so der Name der TV-Ermittlerin, fällt auf, weil sie so ernst ist. Der italienische Serienschöpfer Guiseppe Gagliardi hat die Schauspielerin so in Szene gesetzt, dass der Zuschauer beim Zappen durch die Kanäle einfach hängen bleiben muss. Die Schönheit der unterkühlten Bilder entfaltet sofort ihre Wirkung.

Job als Kellnerin neben dem Literaturstudium

Diese Kommissarin hat ein Geheimnis. Sie wird von ihrer dunklen Vergangenheit eingeholt. Erstaunlich ist, dass Leone nicht viel Worte braucht, um in der Mischung aus Strenge und Impulsivität ihren Sog zu entfalten.

Kaum zu glauben, dass diese Frau fast nicht zum Film gekommen wäre. „Zwar wollte ich schon als Kind immer Schauspielerin werden, aber da ich in der Provinz gelebt habe, kam mir damals alles zu weit weg und zu schwierig vor“, sagt sie gegenüber unserer Redaktion. Ihr habe das Selbstbewusstsein gefehlt, so die gebürtige Sizilianerin. Statt zum Film zu gehen, jobbte die Tochter eines Lateinlehrers und einer Stadtangestellten neben dem Literaturstudium als Kellnerin und moderierte eine Sendung im Lokalradio.

2008 dann nahm sie am Wettbewerb zur Miss Italia teil

Erst kurz vor dem Ende ihres Studiums habe sie ein Foto in einer Ausstellung zum Werk des Regisseurs Stanley Kubrick gesehen. Darauf abgebildet war die Schauspielerin Sue Lyon, die mit 14 Jahren der Star im Film „Lolita“ (1962) war. Plötzlich erblickte Leone im Rahmen des Fotos ihr eigenes Spiegelbild – ebenfalls jung und schön. „Dabei wurde mir klar, dass ich nicht für immer dieses Gesicht haben würde und mein Glück jetzt versuchen müsste“, erklärt Leone.

2008 dann nahm sie am Wettbewerb zur Miss Italia teil und gewann: Dabei sei sie mit 23 Jahren im Vergleich zu den anderen Teilnehmerinnen „uralt“ gewesen. „Aber es hat mir sehr geholfen, dass ich schon studiert und gearbeitet hatte und damit etwas Lebenserfahrung mitbrachte.“

Durchbruch als Fernsehschauspielerin gelang ihr 2015

Sie nutzte die Aufmerksamkeit, die auf ihren Sieg folgte, um ins Fernsehen zu wechseln: Bald schon übernahm sie kleine Schauspielrollen. „Dabei habe ich gemerkt, dass ich den Beruf, den ich mir bis dahin verwehrt hatte, wirklich ausüben kann – ein tolles Gefühl.“ Doch wirklich an sich geglaubt habe sie noch nicht. Ihr Durchbruch als Fernsehschauspielerin gelang ihr 2015 in der Rolle der Veronica Castello in „1992“, der italienischen Version von „House of Cards“.

Die Serie erzählt den großen Korruptionsskandal, der die italienische Politik der frühen 1990er-Jahre erschüttert hat, und den anschließenden Aufstieg Silvio Berlusconis. Leone verkörpert darin eine angehende Schauspielerin, die zu allem bereit ist, um ihre Karriere voranzubringen. Auf „1992“ folgte „1993“, bald beginnen die Dreharbeiten zur finalen Staffel „1994“. Und dass sie auch über ein überaus komisches Talent verfügt, zeigt sie im Kinofilm „Metti la nonna nel freezer“ vom März 2018, zu Deutsch „Steck Oma in die Kühltruhe“, in dem sie die Hauptrolle spielt.

Unterzeichnerin eines Manifests gegen sexuelle Belästigung

Dass das Filmgeschäft auch seine Schattenseiten hat, sei ihr durch die „#MeToo“-Bewegung klar geworden, die sie sehr bewegt hat. Also hat sie beim italienischen Pendant mitgewirkt: Gemeinsam mit über 100 Frauen aus dem Filmgeschäft hat sie ein Manifest unterschrieben, das Frauen unterstützt, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz anzuklagen. Leone steht hinter ihrer Unterschrift: „Ich finde es unglaublich wichtig, dass wir über diese Themen sprechen und dass die Bewegung sich aus der Filmbranche heraus in alle Bereiche des Lebens ausweitet.“

In Zukunft würde sie gern in einem Film im Tarantino-Stil mitspielen – am liebsten in einem, in dem sie sich auch mal in Kampfszenen ausprobieren kann. Dazu hätte sie Lust. Aber noch ist sie ganz offen: „Ich lasse mich von den Charakteren der Rollen leiten – wenn sie mir gefallen und gut geschrieben sind, nehme ich den Job an.“

Krimireihe „Die Toten von Turin“, Arte, 20.15 Uhr