Essen. Rock’n’Roller Peter Kraus ist nach seinem Schulterbruch zurück auf der Bühne. Wir haben mit ihm über Musik und das Leben gesprochen.

Er tanzt wieder wie einst: vorwärts, rückwärts. Andere in seinem Alter wären nach einem Schulterbruch wohl noch in der Reha – doch Peter Kraus, der im vergangenen September in einer ARD-Spielshow schwer gestürzt war, ist trotz der Verletzung und seiner 79 Jahre nie um einen Hüftschwung verlegen. „Schön war die Zeit“, so der Titel seiner Tour, bei der er Hits der 1950er- und 60er-Jahre wieder belebt. Die Panikattacken, die ihn nach dem Unfall regelmäßig erwischten, sind vorbei.

Was war denn an den 50er- und 60er-Jahren so schön?

Peter Kraus: In meinem Leben war das eine schöne Zeit, denn wenn man – was damals noch nicht Usus war – mit 16 Jahren Karriere macht, Geld verdient und die Mädels laufen einem nach: Was willst du noch mehr?

Das klingt in der Tat nach einer anderen Zeit.

Kraus: Heute ist es anders. Als Jungs haben wir uns damals etwas Originelles und Ausgefallenes ausgedacht, um bei den Mädels anzukommen – das gibt es heute nicht mehr. Welche jungen Leute treffen sich heute noch zum Lagerfeuer unter einer Brücke? Jeder bringt etwas von daheim an Getränken und Essen mit, einer hat eine Gitarre dabei, und dann geht’s ab.

Sie haben einmal gesagt, wie furchtbar Sie es finden würden, wenn eines Tages nur noch 60-Jährige zu Ihnen ins Konzert kämen und von früher schwärmten.

Kraus: Ja. Aber es ist einfach etwas wahnsinnig Schönes, den älteren Herrschaften im Publikum einen Herzenswunsch zu erfüllen.

Traumpaar der 60er-Jahre: Peter Kraus und Conny Froboess.
Traumpaar der 60er-Jahre: Peter Kraus und Conny Froboess. © imago stock&people | imago stock

Was bedeutet Ihnen der Rock’n’Roll? Immerhin war das ja mal eine Musik der Rebellion.

Kraus: Der reine Rock’n’Roll war nie das Element, was ich am meisten geschätzt habe, sondern immer eher der swingende Rock’n’Roll?. Little Richard war mir zu laut und wild – aber Bill Haley, das war ein Groove, der wirklich in die Beine gegangen ist. Der Swing ist einfach meine Musik – und irgendwann bleibt man dann halt bei seiner Musik stehen.

Hören Sie auch andere Musik?

Kraus: Klar höre ich ins Radio rein, aber die Hits von heute sind nicht mehr meine Welt. Ich stamme aus einer Zeit, wo der Song, die Melodie, der Text und der Interpret das Wichtigste waren. Und das ist heute oft nicht mehr der Fall: Stattdessen gibt es einen Sound, der zwar teilweise fantastisch und sehr originell gemacht ist, aber wo die Elektronik im Vordergrund steht und dann einer drübersingt.

Mit fast 80 Jahren: Müsste man da nicht mal kürzertreten?

Kraus: Im Grunde bin ich die letzten Jahre immer schon auf die Bühne gegangen und habe mir gesagt: Heute lasse ich körperlich nicht die Sau raus – aber es gelingt mir einfach nicht, mich zurückzunehmen.

Früher bekamen Sie heiße Liebesbriefe – und heute?

Kraus: Zum Geburtstag kommen durchaus noch Briefe, doch das sind Dankesbriefe für eine Zeit, wo ich die Menschen begleitet oder fröhlich gestimmt habe. Und wo es dann schon mal heißt: Wenn ich heute ein Tief habe, lege ich deine Platte von damals auf. Aber es sind nicht unbedingt die Frauen, die mir schreiben, dass sie mit mir ins Bett gehen wollen – da kommt weniger. Das war früher etwas besser.

Was sagt Ihre Frau dazu?

Kraus: Sie hat nichts dagegen, dass sich die Zeiten geändert haben.

Sie sind fast 50 Jahre mit Ihrer Ingrid verheiratet.

Kraus: Unsere Ehe ist die Harmonie in Person! Wir haben noch nie gestritten.

Ungewöhnlich.

Kraus: Ja, aber für mich ist diese Zweisamkeit das Größte – in Verbindung mit dem, was wir uns angeschafft haben. Wir haben ein nettes Haus am See, Ingrid hat ihren Gemüsegarten, und dazu haben wir jetzt noch einen Weinberg.

Eine Weisheit des Alters?

Kraus: Dafür bin ich noch zu jung.