Hannover. Die ZDF-Reihe „Königliche Dynastien“ widmet sich Aufstieg und Fall einer legendären deutschen Familie. Deren Einfluss reicht weit.

Blaublüter füllen heute die bunten Seiten, meist geht es dabei um ihre Hochzeiten, Scheidungen und die süßen Kinder. Jahrhundertelang aber bestimmten sie die politischen Geschicke in Europa.

Eine seriöse und geschichtlich fundierte Betrachtung der Adels-Sippen nimmt sich das ZDF mit seiner dreiteiligen Reihe über „Königliche Dynastien“ vor. Dienstag läuft die erste Folge. Sie befasst sich mit Aufstieg und Fall der Welfen. Deren Geschichte spiegelt die Historie des ganzen Landes wider.

Ein Geschlecht mit Glamourfaktor

Die Welfen sind das älteste Fürstenhaus Europas und bis heute eine der reichsten Familien Deutschlands. Der bekannteste Vertreter ist Ernst August von Hannover (62). 1999 heiratet er Caroline von Monaco. Jahrelang führt er ein Jetsetleben, dann der Skandal, als er während der Weltausstellung Expo an den türkischen Pavillon uriniert. Doch sein Einfluss ist wohl gering, wie der Film aufzeigt: Die Angelegenheiten der Familie werden heute von seinem in London aufgewachsenen Sohn, Ernst August Erbprinz von Hannover (33), geregelt.

Langsame Kamerafahrten durch stolze Welfen-Bauwerke wie den Dom von Braunschweig, dazu weihevolle Musik und die erhaben-sonore Erzählerstimme von Klaus-Dieter Klebsch – dem 45-Minüter von Annette von der Heyde gelingt es, den adeligen Glanz der Welfen einzufangen. Um historische Ereignisse zu veranschaulichen, inszeniert von der Heyde Spielszenen mit Schauspielern. Etwa, wenn es um Heinrich den Löwen geht, den berühmtesten Welfen-Herrscher. Im 12. Jahrhundert kämpft er um Macht – sein Schicksal bewegt zu seinen Lebzeiten die Massen. 1168 heiratet er die erst elfjährige englische Königstochter Mathilde. Ihre Mitgift macht ihn zu einem der reichsten Fürsten. Doch dann verliert Heinrich seinen Einfluss. Kaiser Barbarossa ist er zu mächtig geworden, er verbannt Heinrich nach England. „Damit“, stellt die Dokumentation heraus, „endet die glorreiche Zeit der Welfen. Über Jahrhunderte verliert sich ihr Einfluss im Dunkel der Geschichte.“

Packende Doku über eine legendäre Familie

Eine zweite Blütezeit erlebt das Geschlecht erst, als 1714 der Hannoveraner Georg I. den englischen Thron besteigt. Für ihn muss das eine enorme Herausforderung gewesen sein, er ist damals schon 54 Jahre alt und spricht kaum Englisch. Doch Georg begründet die bis heute währende Verbindung der britischen Royals nach Niedersachsen. Ein Nachfahre, Georg III., verschafft England eine Sehenswürdigkeit für die Ewigkeit: Buckingham Palace.

In den 1930er-Jahren rücken die Welfen erneut in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Nazis vereinnahmen die historische Figur des kriegstreibenden Heinrich der Löwe. Er habe sich „um die Ausweitung des deutschen Lebensraums nach Osten verdient gemacht“, sagt Adolf Hitler bei einem Besuch an Heinrichs Grab in Braunschweig. Als er den Sarkophag öffnen lässt, ist der Diktator allerdings enttäuscht. Er hatte die Leiche eines großen Mannes erwartet. Tatsächlich aber maß Heinrich nur 1,58 Meter.

Fazit: Packende und historisch genaue Doku über eine legendäre Familie. So spannend kann Geschichte sein.

Dienstag, 19. Juli, ZDF, 20.15 Uhr