Wien. Mit Selbstbewusstsein, Temperament und einer begnadeten Stimme stieg Grace Bumbry zur Diva auf. Ihr Bayreuth-Debüt ist legendär. Sie pflegte aber nicht nur das Opern-Drama, sondern auch die intime Tradition des Liedes.

Grace Bumbry schrieb 1961 in Bayreuth Operngeschichte. Mit ihrer Darstellung der Venus im „Tannhäuser“ war sie die erste schwarze Sängerin, die bei den Richard-Wagner-Festspielen auftrat. Führende Häuser und Festivals engagierten die US-amerikanische Mezzosopranistin und Sopranistin, darunter die Londoner Royal Opera, die Mailänder Scala, die New Yorker Metropolitan Opera und die Salzburger Festspiele. Nun ist die charakterstarke Diva im Alter von 86 Jahren in ihrer Wahlheimat in Wien gestorben.

Wie ihr Adoptivsohn David Brewer der Deutschen Presse-Agentur sagte, hatte Bumbry im Oktober des Vorjahres einen schweren Schlaganfall erlitten, von dem sie sich nicht mehr richtig erholte.

Sie war Opern-und Liedsängerin

Im Jahr 1937 wurde Bumbry in St. Louis im Bundesstaat Missouri geboren. Sie wuchs in einer musikalischen Familie auf, sie und ihre beiden Brüder sangen im Kirchenchor. Ihr Talent blieb nicht lange verborgen. Mit etwa zwölf Jahren sang sie der von ihr bewunderten Sängerin Marian Anderson vor. Diese Begegnung führte zu einem Vertrag mit dem Andersons legendärem Manager Sol Hurok.

Bumbry studierte unter anderem bei der in die USA emigrierten deutschen Sängerin Lotte Lehmann und wurde nicht nur als Opern-, sondern auch als Lied-Sängerin ausgebildet. Lieder halfen Bumbry, sich in Opernrollen hineinzuversetzen, wie sie der dpa zu ihrem 85. Geburtstag sagte: „Bei beiden geht es um dramatische Musik.“

Nachdem Bumbry 1959 ihr erstes Konzert in Europa in London gesungen hatte, trat sie 1960 in Paris als Amneris in der Verdi-Oper „Aida“ auf. Ein Jahr später wurde die 24-Jährige mit ihrem umjubelten Auftritt in Bayreuth weltweit bekannt und danach in den Medien als „Schwarze Venus“ tituliert.

„Wir verneigen uns von einer der größten Künstlerinnen ihrer Zeit“, schrieben die Bayreuther Festspiele auf ihrer Facebook-Seite. Mit ihrer Darstellung der Venus im „Tannhäuser“ 1961 habe sie Operngeschichte geschrieben. „Mit dem umjubelten Auftritt in Bayreuth stieg Bumbry zum europäischen Opernstar auf.“

Leidenschaftliche Bühnenpräsenz

Vor ihrem Bayreuth-Debüt war ihr wegen ihrer Hautfarbe Kritik entgegengeschlagen. Sie ließ sich jedoch nicht beirren. „Das war für mich nichts Neues“, erzählte sie der dpa. „Ich habe mir einen Schutzmantel übergezogen. Mein Job war es, die Venus einzustudieren und darzustellen.“ So wie Anderson galt Bumbry als Wegbereiterin für schwarze Sängerinnen und Sänger.

Bumbry war jedoch nicht nur für ihre dunkle, ausdrucksstarke Stimmfarbe und für ihre leidenschaftliche Bühnenpräsenz bekannt, sondern auch für ihren Jetset-Lebensstil, mit dem sie den nicht minder mondänen Dirigenten Herbert von Karajan neidisch machte. Bei den Proben zu Bizets „Carmen“ bei den Salzburger Festspielen unterbrach der Autoliebhaber Karajan einmal eine Probe, um Bumbrys unten auf der Straße geparkten Lamborghini anzusehen. Danach sei seine Stimmung abgekühlt, erzählte sie. Einige Tage später habe sie ihn dann mit dem Sportwagen fahren lassen. „Danach waren wir gute Freunde“, sagte sie.

Bis ins hohe Alter als Gesangslehrerin aktiv

Die Titelpartie in „Carmen“ gehörte zu Bumbrys Paraderollen als Mezzosopranistin, so wie auch Amneris in „Aida“, Eboli in „Don Carlos“ und Lady Macbeth in „Macbeth“. Als sie anfing, mit Stimmproblemen zu kämpfen, wechselte sie auf Anraten ihrer Ärzte in eine höhere Stimmlage. Als Sopranistin sang sie unter anderem die Titelrollen in Richard Strauss' „Salome“, Cherubinis „Medea“ und Janaceks „Jenufa“. Grace Bumbry blieb bis ins hohe Alter als Gesangslehrerin und Jurorin bei Wettbewerben aktiv.

Laut ihrem Adoptivsohn Brewer soll Bumbry in ihrer Geburtsstadt St. Louis beigesetzt werden. Brewer möchte im Wiener Stephansdom, in New York und in St. Louis Konzerte im Gedenken an die Sängerin organisieren, wie er sagte.