Braunschweig. Vor zehn Jahren schlug ein Meteorit in Braunschweig ein – das Naturhistorische Museum widmet sich dem Thema.

Stell dir vor, du schaust spät in der lauen Frühlingsnacht still vom Balkon zu den Sternen. Da fährt plötzlich eine Leuchtspur am Himmel entlang, das bringt ja Glück, du darfst dir was wünschen, die große Liebe oder Lottogewinn. Geht in Erfüllung, garantiert. Wenn man dabei die Augen schließt und schweigt. Aber dann: In die Stille dröhnt ein ohrenbetäubender Knall. Ein Stein prallt auf die Hofeinfahrt, zerbirst in viele kleine Stücke.

So malt man sich das aus. Das winzige Menschlein träumt sich ins kosmische Gefüge. Vor zehn Jahren im Braunschweiger Stadtteil Melverode. 23. April. 2 Uhr nachts. Ein 1,3 Kilogramm schwerer Gast aus dem All. Das muss schon ein ziemlicher Brocken gewesen sein, als er noch durch unendliche Weiten seine Bahn zog. Denn: Zwar zischen täglich rund 10 Milliarden Weltallbrocken auf das Raumschiff Erde zu (so genannte Meteoriden) , aber fast alle verglühen in der Atmosphäre. Daher der Feuerschweif. Wenn trotzdem etwas übrig bleibt, quasi ein harter Kern, der dann aufprallt, ist das schon außergewöhnlich. Diesen Rest nennt man Meteorit.

Faszinierende Vorstellung

Aus Anlass des Jahrestages gibt es im Naturhistorischen Museum nun eine kleine Ausstellung. Fünf Meteoriten, die in Niedersachsen gefunden wurden, und ein Abguss sind dort zu sehen. Darunter das größte Stück des Braunschweiger Brockens. Abgesehen von einer informativen Wandtafel muss man etwas aufpassen, dass man im imponierenden Vogelsaal des Museums nicht an der Vitrine vorbeiläuft.

Denn es ist ja so: Zwar ist die Vorstellung faszinierend, dass diese Dinger womöglich Stoffe bergen, die es auf unserer Erde gar nicht gibt, die Experten Einblicke in die die Geheimnisse unseres Universums erlauben. In dessen Leben sind ja Milliarden Jahre so viel wie ein Tag in unserem. Laut Museumsdirektor Mike Reich ein faszinierendes Thema im Grenzbereich zwischen Geologie und Astrophysik.

Steine mit Aura

Aber andererseits: Es sind halt Steine. Aber Steine mit Aura. Vielleicht gäbe es uns alle gar nicht ohne diese Gäste aus dem All. Vielleicht gäbe es überhaupt kein Leben. Die Theorie sei nicht von der Hand zu weisen, so Reich, der zufolge die fürs Entstehen von Leben notwendigen chemischen Verbindungen per Meteorit zur Erde kamen.

Reich beziffert die Versicherungssumme der ausgestellten Stücke auf fünf Millionen Euro. Einzelne Exemplare hätten Preise im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Ein potenzieller privater Leihgeber hat denn auch nur einen Abguss geschickt. Und es sind Steine mit einer ganz bestimmten Patina: Wenn man etwa das 214 Gramm schwere Hauptstück des Braunschweiger Meteoriten genau anschaut, sieht man an der Unterseite eine dunkle, wie glatt geschliffen aussehende Außenhaut. Reich nennt sie „Schmelzkruste“.

Glühendes Rasen

Bei metallischen Meteoriten, die im Innersten (wie übrigens unsere Erde auch) aus Eisen und Nickel bestehen, werde diese Schicht beim glühenden Rasen durch die Atmosphäre erzeugt. „Das ist wie eine Kartoffel, die Sie im Lagerfeuer heiß machen. Da bildet sich dann auch eine dunkle Kruste, während das Innere hell bleibt.“ Bei Meteoriten vollziehe sich der Prozess allerdings bei Temperaturen jenseits von tausend Grad Celsius.

Und es sind seltene Steine. In Deutschland gebe es 50 bekannte Meteoritenfunde. Frage an Mike Reich: Wenn doch der Planet über Jahrmillionen, wenn nicht -milliarden dem Beschuss mit extraterrestrischen Brocken ausgesetzt war, wieso ist sie nicht gespickt damit?

Suche mit Drohnen

Zunächst, sagt Reich, sei ja die Erde zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt. „Was da alles liegt...“ Andere Meteoriten seien längst überwachsen. Auch seien sie früher gern zu Waffen und Rüstungen verarbeitet worden: „Das war so gut wie heutiger Spezialstahl.“ Viele Meteoriten seien mit der Zeit auch zerbröselt und zerfallen.

Mittlerweile habe sich die Suche nach Weltraumsteinen aber professionalisiert, vor allem bei Amerikanern. „Früher suchte man mit Hubschraubern, heute oft auch mit Drohnen. Vor allem in kaum bewachsenen Gebieten wie Arktis, Antarktis, Wüsten. Da fallen dunkle Stücke, die offenbar von oben gekommen sind, besonders auf.“

Asteroidengürtel

Aber, letzte Frage in kosmischer Panik: „Was wenn wieder so ein Monster anrauscht wie damals bei den Dinosauriern? Kann das nicht jederzeit passieren? Werden wir das noch erleben?

„Unwahrscheinlich“, meint Mike Reich. „Die kreisen ja stabil im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Da müsste schon einer seine Bahn verlassen oder von einem anderen rausgeschossen werden in Richtung Erde. Es ist wohl wahrscheinlicher, dass Sie im Lotto gewinnen.“ Ach, jetzt eine Sternschnuppe!