Braunschweig. Am 22. April gibt der Violinist, Komponist und Rap-Produzent sein Debüt in der Volkswagen-Halle. Es wird Zeit für den gebürtigen Braunschweiger.

Eigentlich verblüffend, dass Miki Kekenj (sprich: Keken) noch nie bei Pop meets Classic in Braunschweig zu Gast war. Denn der Violinist und Konzertmeister der Bergischen Symphoniker verkörpert die Verschmelzung von Pop und Klassik wie wohl kein anderer Künstler in Deutschland.

Kekenj komponiert und produziert epische Hip-Hop-Alben zu Orchesterbegleitung. Einen Namen gemacht hat sich der studierte Violonist zudem mit der Konzertreihe Takeover. Dabei interpretiert er Popsongs von Künstlern wie Bosse, Joris, Joy Denalane, Max Herre und anderen mit einem klassischen Kammerensemble neu und führt sie gemeinsam mit den Stars auf.

Das Stammhaus, die Essener Philharmonie mit 1800 Plätzen, ist dabei des Öfteren ausverkauft. Aber Takeover war auch schon im NDR Sendesaal Hannover, der Elbphilharmonie und der Berliner Philharmonie zu Gast – und einmal, 2017, gemeinsam mit Max Mutzke bei „Kultur im Zelt“ in Braunschweig.

Aufgewachsen in der Weststadt

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Es war das bisher einzige Gastspiel Kekenjs in seiner alten Heimat. „Komisch eigentlich, denn ich bin in der Weststadt und im westlichen Ringgebiet aufgewachsen und musikalisch geprägt worden“, erzählt der 43-Jährige. Sein Vater Mihalj zog mit Ehefrau Ilona 1978 ein Jahr vor Mikis Geburt aus dem jugoslawischen Subotica nach Braunschweig: Er hatte eine Stelle als Violinist beim Staatsorchester erhalten, dem er dann fast 40 Jahre bis zum Ruhestand treu blieb.

Die Kekenjs sind eine Musikerfamilie, seit Generationen. Auch Miki, der eigentlich wie Vater und Großvater Mihalj heißt, lernte ab dem sechsten Lebensjahr Geige. „Das war eine Selbstverständlichkeit. Nicht, dass ich davon immer begeistert war. Aber zwei, drei Stunden Üben gehörte eben zum Alltag, wie Hausaufgaben, Waschen und Zähneputzen“, erinnert sich Kekenj achselzuckend. „Hinterher durfte ich dann raus zu meinen Kumpels, Skateboardfahren.“

Mahler, Rachmaninow, Public Enemy

Unterricht erhielt das Talent von Beginn an in Hannover, vor allem bei Musikhochschul-Professor Jens Ellermann. Heute sei er seinen Eltern sehr dankbar dafür, sagt Kekenj. Aber auch das Schulorchester und später der Musik-Leistungskurs am Martino-Katharineum hätten ihm einiges gegeben.

Insbesondere romantische Komponisten wie Tschaikowsky, Mahler und Rachmaninow hatten es ihm schon als Kind angetan. Mit Beginn der Pubertät gesellten sich Public Enemy hinzu. Ein Freund hatte ihm eine Kassette mit den US-Rappern zugesteckt. Sie lief fortan in Dauerschleife im Walkman, Wu-Tang Clan und Snoop Dogg schlossen sich an. „Die raue, ungeschliffene Energie hat mich fasziniert“, meint Kekenj. „Meinen Eltern war das natürlich ein Dorn im Auge.“

Im Studio mit Christian Eitner und Ole Sander

Aber sie ließen ihn machen, auch als er mit zwei Kumpels die HipHop-Gruppe Racketeaz gründete. Eines ihrer Demos landete bei Monofon, dem Studio von Jazzkantinen-Chef Christian Eitner und seinem damaligen Compagnon Ole Sander. „Wir hatten auch einen Gastauftritt auf einem Kantinen-Album und wurden dann zu Plattenaufnahmen bei BMG in Hamburg eingeladen. Die sind allerdings nie veröffentlich wurden – und das war es dann auch mit den Racketeaz“, schmunzelt Kekenj. Bei Ole Sander habe er aber weiter im Studio tüfteln und assistieren dürfen und sein Rüstzeug in Sachen Tontechnik und Musikproduktion erworben.

2002 kehrte er Braunschweig für das Violinstudium an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf den Rücken. 2008 wurde er von den Bergischen Symphonikern, dem gemeinsamen Orchester der Städte Remscheid und Solingen, als Konzertmeister engagiert. Das sei bis heute sein Hauptberuf, den er mit viel Leidenschaft ausübe, sagt Kekenj. Aber er habe eben eine Menge Energie, und die fließe dann auch ungebremst in seine Klassik-Pop-Crossoverprojekte.

Neoklassische Klänge mit Curse, Mellow Mark und MC Rene

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2010 brachte er sein erstes Solo-Album „Opus 1“ heraus, auf dem er mit Rappern wie Curse, Mellow Mark und MC Rene zu neoklassischen Klängen rappt, alles komplett selbst komponiert, arrangiert und produziert. Auf „Mein Utopia – Opus 2“, 2020 bei Sony erschienen, steht Orchestermusik noch stärker im Vordergrund. Einige Stücke sind komplett instrumental.

So ungewöhnlich die Kombination klassischer Instrumente mit Rap ist – die Klangsprache Kekenjs ist hochmelodisch und klingt wie eine etwas plakative Fortschreibung romantischer Musik des 19. Jahrhunderts. Das Sprengen harmonischer Grenzen ist seine Sache nicht. „Ich finde das interessant, aber emotional spricht mich harmonisch konventionellere Musik einfach viel stärker an“, sagt Kekenj, der mit seiner Frau, einer Ärztin, und drei Söhnen in Düsseldorf lebt.

Rap-Oper über den Arabischen Frühling

Zwei seiner epischen Rap-Titel wird er auch am Samstag bei PmC aufführen – wie auf „Opus 2“ gemeinsam mit dem Rapper Curse.

„Feuer“ und „Frühling“ erzählen zu eindringlicher, teils üppig aufrauschender Orchestermusik von jenem verzweifelten tunesischen Gemüsehändler, dessen Selbstverbrennung im Dezember 2010 den „Arabischen Frühling“ auslöste.

„Ich finde das Phänomen ungeheuer spannend, dass die Tat eines einzelnen Menschen eine Revolution auslösen kann – diese Verzweiflung, aber auch diese Inspiration“, sagt Kekenj. Er arbeite an einer kompletten Rap-Oper über diese Geschichte – auch wenn der Arabische Frühling fast überall in Bürgerkrieg und neuen Diktaturen verglühte. „Meine Oper endet, wenn die Revolution beginnt“, erklärt der Künstler mit Nachdruck. „Und das heißt mit Hoffnung.“

Pop meets Classic steigt am Samstag, 20 Uhr, in der Volkswagen-Halle. Mit dabei sind u.a. Curse, Joris, Silent Radio, das Staatsorchester unter Kapellmeister Mino Marani und die PmC-Band unter Christian Eitner. Karten ab 40 Euro gibt’s u.a. bei der Konzertkasse.

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