Braunschweig. Von „Braunschweich, Braunschweich“ bis zum „Diamantenherzog“: Texter Peter Schanz und Musiker Christian Eitner stellen ihre größten Hits zusammen.

Auf eins ist der Musiker Christian Eitner heute noch stolz: Dass es ihm im Jahr 2002 an der Ostsee gelang, den Theatermann Peter Schanz zum Essen einzuladen. Das sei nämlich gar nicht so leicht. „Er ist nicht so der Feierkönig.“ Bei Spargel mit Sauce hollandaise und Schnitzel kamen sich die beiden näher.

Und auch wenn beide sich bisher nie zum Geburtstag einluden bzw. einer Einladung des anderen folgten, erwuchs daraus doch eine kongeniale Kreativ-Schmiede, die seit 20 Jahren mit musikalischen Braunschweig-Revuen und -Stücken von Erfolg zu Erfolg eilt (sofern eine Schmiede eilen kann). Deshalb feiern sie jetzt doch endlich mal zusammen: 20 Jahre gemeinsame Sache. „Best of Eitner & Schanz“. Die Premiere ist für den 8. September geplant.

Beglückt und verängstigt

„Wir waren immer wieder beglückt“, erinnert sich der heute als freier Autor umtriebige ehemalige Schauspieldirektor des Staatstheaters bei der Präsentation des Programms im Haus ihres Sponsors, der Landessparkasse. „Aber auch verängstigt. Denn wir dachten: Schon wieder der Burglöwe? Wie lange kann denn das noch gut gehen? Sind wir nicht irgendwann mal drüber? Irgendwann müssen wir ja mal abkacken, mit Verlaub.“

Dass es bis heute keinerlei Anzeichen dafür gibt, führt Schanz auf eine „Wesensverwandtschaft“ zwischen den beiden Kreativen und den Braunschweigern zurück. „Wir haben einen gewissen Gleichklang des Humors. Und dieses irrsinnige Publikum zeichnet sich durch eine unerschütterliche Treue aus.“

Darüber sind die beiden erstaunt, dafür sind sie dankbar: Diese Art der witzig aufgespießten Stadtkultur sei wohl „gut für die Braunschweiger Seele“, meint Schanz.

Mit Völler nach Afrika

Genüsslich erinnern sie sich jetzt an die Anfänge. Schanz kannte Christian Eitner und seine Band, die Jazzkantine, nur vom Hören und Lesen: „Das waren irgendwelche Rock’n’Roller, die durch die Decke gingen und den Bundespräsidenten Herzog auf seiner Afrikareise begleitet haben...“ „Mit Rudi Völler!“, wirft Eitner ein.

Für die Musiker sei die Zusammenarbeit mit dem gelernten Dramaturgen lehrreich gewesen. „Als latent chaotische Band, die meist irgendwie aus dem Bus auf die Bühne gewürfelt wurde, lernten wir mit Schanz, wie man professionell ein Theaterstück aufbaut und zur Bühnenreife bringt.“ Zudem sei dies für die Jazzkantine ein zusätzliches Standbein neben dem Tour-Business, „das ja immer schwerer wird“.

Die gemeinsame Reise von Jazzkantine und Staatstheater begann 1999 – in Form eines Tanzabends mit der Compagnie des damaligen Tanz-Direktors Pierre Wyss unter dem Titel „Tanzzkantine“. Schanz und Eitner würdigen den damaligen, inzwischen verstorbenen Generalintendanten Wolfgang Gropper, der mit seiner „Braunschweiger Dramaturgie“ den Weg freigemacht habe, und den damaligen, heute an der Deutschen Oper Berlin tätigen kaufmännischen Direktor Thomas Fehrle, „der nicht einsehen wollte, warum das Theater im Sommer dicht machen sollte“.

Ironisch unterminiert

Das Erfolgsgeheimnis: Schanz, Eitner, die Jazzkantine und den vielen enthusiasmierten Mitmachern gelang bisher immer wieder die Gratwanderung, dem außergewöhnlich stark ausgeprägten Lokalpatriotismus der Braunschweiger Zucker zu geben, aber den Heimatstolz zugleich auch ironisch zu unterminieren. Ausgangsthese: Wir sind der Nabel der Welt.

Sie gingen zu Werke mit brachialer Unterhaltungslust, textlich gedrechselt, musikalisch flexibel zwischen Stilen und Stimmungen variierend. Mit wenig Scheu vor der Albernheit, aber oft nicht ohne eine freche Prise politischen Hintersinns und sozialkritische Untertöne.

Sie nutzten populäre Formate zur gnadenlosen braunschweigischen Umformung, vom Heimatabend „Braunschweich, Braunschweich“, der vor 20 Jahren herauskam, über die Fernsehshow („Ölper zwölf Pöints“), den Western („Spiel mir das Lied vom Löwen“), die Piratenfilm-Persiflage („Der Fluch der Oker“), Populärmusik-Moden („Da Da Da“, „Hyper Hyper“) bis hin zum hochdramatischen Blaublüter-Musical („Der Diamantenherzog“).

Maßgeschneidert

Hinzu kam, darauf weist Eitner hin, dass man stets maßgeschneiderte Spielorte suchte. Etwa den Lokpark für Western und Piratenfluch, ein historisches Spiegelzelt am Eiermarkt für das „Wintertheater“. Mit dem Herzog zog man ins repräsentative Große Haus – allerdings auch, weil das Kleine Haus, wo alles mit heute unvorstellbaren 96 Sitz- und 450 Stehplätzen begann, heute nicht mehr ausreicht.

Für die neue Produktion „Zirkus Brunswick“ wird auf dem Festplatz in Lehndorf ein rund 700 Menschen fassendes Zirkuszelt errichtet. Premiere ist am 24. August.

Zudem habe man oftmals versucht, die Besucher zu „einem Teil der Show, der Inszenierung, der Stadt“ zu machen, sagt Eitner. Etwa, als es im Wintertheater Wurst und Brot gab oder bei „Unser Eintracht“ jeder Besucher einen Fanschal geschenkt bekam.

Für ihre Jubiläumsshow, die ebenfalls in der Lehndorfer Arena steigen soll, wollen Eitner und Schanz „aus all den Stücken, Musicals, Revuen und Liederabenden besondere Schätze heben und Perlen fädeln.“ Der Effekt: „Wir können zusammen Erinnerungen teilen und uns gemeinsam wundern: So waren wir drauf vor 20 Jahren? Aber eigentlich auch die ganzen 20 Jahre lang...“

Feilen an der Dramaturgie

An einer Dramaturgie, wie die einzelnen „Perlen“ zu einer zusammenhängenden Kette gefädelt werden können, wird noch gebastelt. Wie man etwa Modern Talking und Harfen-Agnes zusammenbindet, gilt es noch auszubaldowern. Beim Sichten des Materials, sagt Schanz, seien ihnen verschiedene durchgängige Stränge aufgefallen. Zum Beispiel Aufforderungen zum Verjagen des Herzogs auf zeitgenössischen Flugblättern in der „Braunschweich“-Revue bis zum Vollzug im gerappten Musical. Auch das Original Harfen-Agnes tauche immer wieder auf, sogar im Western und in der Braunschweiger Weihnachtsgeschichte.

Die Show soll moderiert werden von Anika Loffhagen. „Local Heroes“ der ersten Stunde wie Louie Bottmer oder der Rapper Cappuccino werden ebenso dabei sein wie „liebgewonnene Spätberufene“.

Einen wesentlichen Reiz und Witz der Eitner-Schanz-Produktionen lag seit jeher in den aufwendigen Kostümen. Einige hätten sich erhalten, berichtet Eitner. Andere würden neu geschneidert. „Bei manchen Prachtstücken bedauern wir jetzt, dass sie weg sind.“

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