Braunschweig. Kolumnist Luc Degla traf einen ehemaligen Kommilitonen der TU Braunschweig und schwelgt in Erinnerungen.

Am 27. Dezember zog ich mich in mein Arbeitszimmer zurück, um meinen Schreibtisch aufzuräumen. Eine Tätigkeit, die ich nicht so sehr liebe. Das Wetter war mild, und die Sonne versuchte immer wieder, durch die Wolken zu blicken. Mein Telefon klingelte, ich nahm ab und hörte die Stimme von Michael, einem ehemaligen Kommilitonen, mit dem ich an der TU Braunschweig studiert habe. Er sagte, er sei mit seinen beiden Kindern in der Nähe von Lüneburg und fragte, ob er spontan vorbeikommen könne.

Ein ehemaliger Kommilitone zu Besuch

Er war auf der Fahrt nach Karlsruhe, wo er wohnt. Ich freue mich immer, Michael wiederzusehen. Wir haben zusammen studiert, er ist vor 20 Jahren von Braunschweig weggezogen und ist seitdem nie wieder zurückgekommen. Ich bin derjenige, der ihn besucht. Wenn ich mit dem Zug nach Frankreich fahre und Zeit habe, steige ich oft in Karlsruhe aus.

Dieser Anruf war ein Grund, meine unbeliebte Tätigkeit – ohne schlechtes Gewissen – zu unterbrechen. Sie brauchten zwei Stunden bis nach Braunschweig und hatten noch mindestens vier Stunden bis nach Karlsruhe zu fahren. Um Michael einen guten Empfang zu bereiten, beschloss ich, für ihn und die Kinder Essen zuzubereiten. Er ist ein strenger Veganer. Das Messer, das benutzt wird, um Butter auf Brot zu streichen, darf seinen Teller nicht berühren. Die Lebensmittel werden im Kühlschrank säuberlich voneinander getrennt, weil seine Frau und die Kinder keine Veganer sind. Das Gericht, das ich für Michael zubereitete, wäre für die Kinder etwas Unbekanntes gewesen. Also bereitete ich für sie einen Klassiker vor: Chicken Nuggets und Pommes. Tatsächlich war Michael zwei Stunden nach dem Anruf bei mir. Ich hatte auch Recht behalten. Die Kinder wollten nicht die afrikanischen Auberginen, die ich für ihren Vater gekocht hatte, und freuten sich über ihre Pommes.

Alte Zeiten an der TU Braunschweig

Luc Degla hat im Benin Mathematik und in Moskau und Braunschweig Maschinenbau studiert. Der freie Autor lebt in Braunschweig. In seiner Kolumne beschreibt er sein Leben mit den Deutschen.
Luc Degla hat im Benin Mathematik und in Moskau und Braunschweig Maschinenbau studiert. Der freie Autor lebt in Braunschweig. In seiner Kolumne beschreibt er sein Leben mit den Deutschen. © Privat | Foto-Artmann GmbH Damm 20/21 381

Nach dem Essen beschlossen wir, mit den Kindern zur Universität zu fahren, damit sie sehen können, wo ihr Vater studiert hat. Auf dem Bültenweg zeigten wir ihnen das Gotrian-Gebäude, wo wir viele Prüfungen geschrieben haben. Damals kehrten wir oft in einem der Cafés zwischen Bültenweg und Spielmannstraße ein, um uns über die Prüfungsaufgaben auszutauschen, den Erfolg zu feiern oder den Frust mit Bier auszulöschen. Alle Cafés waren an dem Tag geschlossen. Für die Betreiber lohnte es sich wahrscheinlich nicht, aufzumachen. „Das ist der Zustand, der uns in der nahen Zukunft erwartet“, sagte ich Michael, „der Mensch ist ein Gesellschaftswesen, egal wie viele Apps wir auf unseren Smartphones installieren werden, wir werden immer das Bedürfnis haben, uns mit anderen Menschen zu treffen. Wir werden nicht mehr viele Einrichtungen haben, in denen das noch möglich sein wird. Ich habe das Gefühl, dass diese Entwicklung der Politik und der Gesellschaft nicht bewusst ist.“

„Wie kann man den Trend aufhalten?“, fragte Michael. „Das weiß ich auch nicht“, antwortete ich, „es gibt viele Gründe: Der Kostendruck, die Selbstständigkeit, die unattraktiv wird, und das fehlende Personal sind einige davon.“ Wir begegneten in dem Viertel anderen Besuchern, die genauso wie wir, vor Jahren in Braunschweig studiert haben und das Gelände der Universität besichtigten. Von Gotrian aus gingen wir zum Audimax, das renoviert wurde. Wir staunten, als wir feststellten, dass die Minibar, die sich dort befand, entfernt wurde.

Wir zeigten den Kindern das Forum-Gebäude, die Bibliothek und das Altgebäude der Universität, das Haus der Wissenschaft, das Naturhistorische Museum, die Mensa und den Asta. Über die Katharinenstraße erreichten wir die Mühlenpfordtstraße. Michael erinnerte sich an die Funzel und das Anno, zwei studentische Kneipen, die sich damals dort befanden, an ihrer Stelle sind jetzt Versicherungsbüro, Bäckerei und Schnellrestaurant. So ändern sich die Zeiten, ich habe keine Vorstellung vom Leben auf dem Campus heute. Wahrscheinlich ist es ruhiger geworden, weil die Studentinnen und Studenten stillschweigend auf ihre Bildschirme blicken. Michael setzte mich zu Hause ab, wir verabschiedeten uns und er fuhr nach Karlsruhe weiter.

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