Berlin. Hamburgs Regierender Bürgermeister bekam wegen des Hafen-Deals mit China bei Lanz ordentlich was zu hören – und reagierte gelassen.

Warum nicht mal mit einem Witz starten, dachte sich Markus Lanz wohl am Mittwochabend. Er sei ja Arzt, begrüßte der Moderator Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. Zeit für eine kurze Selbstdiagnose: Welche Symptome habe die sich über mehrere Wochen erstreckende Diskussion über den Einstieg der chinesischen Reederei Cosco am Hamburger Hafen denn nun bei ihm ausgelöst? „Stark erhöhter Puls, ein bisschen Magengrummeln oder Kopfzerbrechen?“ Tschentscher schüttelt nur müde den Kopf.

Der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Terminal Tollerort hat in den vergangenen Wochen für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Sechs Ministerien, Geheimdienste, europäische und internationale Partner hatten sich dagegen ausgesprochen, die Zusammenarbeit mit den Chinesen zu erlauben. Dadurch bestehe die Gefahr, dass man ihnen Zugriff auf kritische Infrastruktur ermöglicht. Der Deal ging trotzdem über die Bühne.

"Markus Lanz": Das waren die Gäste

  • Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister von Hamburg (SPD)
  • Miriam Steimer, ZDF-Korrespondentin in Peking
  • Rüdiger Bachmann, Ökonom
  • Anja Krüger, Journalistin ("taz")

Was ihn bei der Diskussion besonders ärgere, seien die „Desinformationen“, die über den Einstieg verbreitet worden seien, erklärt er. „Bei den Leuten ist nur hängen geblieben: Jetzt kaufen die Chinesen den Hamburger Hafen.“ Das stimme überhaupt nicht. Cosco halte lediglich eine Minderheitsbeteiligung am Container Terminal Tellerort.

Die Mehrheitsbeteiligung liege noch immer in städtischer Hand. So sei sichergestellt, dass es „keine unternehmerischen Entscheidungen gibt, die gegen die Interessen der Stadt erfolgen", erklärte Tschentscher. Er verstehe die ganze Aufregung um die internationale Zusammenarbeit auch nicht.

Erst vergangene Woche habe er sich mit der Bürgermeisterin von Antwerpen getroffen, die ebenfalls über Diskussion erstaunt war. Auch Antwerpen hat schon längst Anteile an Cosco verkauft. Lesen Sie auch: Energiepreisbremse: Das ganz große Missverständnis

Journalistin bei "Markus Lanz": Chinesen legen "Ring um Europa"

Das sei nicht weiter verwunderlich, warf taz-Journalistin Anja Krüger an dieser Stelle ein. Immerhin hätten die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen von anderen Hafenstädten die gleichen Ziele wie Peter Tschentscher: Möglichst viele der gigantischen Handelsströme auf den eigenen Standort zu vereinen.

Den Verkauf an Cosco nannte die Journalistin naiv. „Da geht es nicht um ein finanzielles Investment, sondern um Strategie.“ Cosco habe einen Ring um Europa gelegt. „Dadurch bekommt das Unternehmen Informationen, die ungeheuer wichtig sind.“ Mittlerweile habe der Konzern außerdem genug Macht, um „europäische Häfen gegeneinander auszuspielen“.

Tatsächlich war Hamburg einer der letzten bedeutenden Häfen Europas, der noch keine Anteile an Cosco verkauft hatte. In Rotterdam und Antwerpen, den größten Häfen Europas, ist das chinesische Staatsunternehmen schon längst präsent. In Griechenland am Hafen in Piräus hält Cosco sogar mehrheitlich 67 Prozent der Anteile. Auch interessant: Corona in Frankreich: Inzidenz steigt gefährlich an

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"Markus Lanz": Hamburgs Bürgermeister wehrt die Kritik ab

„Am Ende ist das Ergebnis doch immer“, warf der in den USA lehrende VWL-Professor Rüdiger Bachmann ein, „dass alle immer mehr abhängig von China werden.“ Tschentscher, der die ganze Sendung über im Kreuzfeuer der Kritik stand, zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt. Für ihn lenke der Trubel um den Einstieg nur von der Kerndiskussion an: „Wir brauchen eine langfristige China-Strategie. Wir müssen prüfen, wo wir von China abhängig sind und wo nicht. Beim Containertransport über die Weltmeere sind wir es jedenfalls nicht.“

Für ihn sei klar, das Hamburg seine Position als wichtiger Warenumschlagplatz in Europa auch in Zukunft weiter stärken und ausbauen muss, damit keine finanziellen Nachteile entstehen. „Unsere Zukunft liegt nicht darin, der größte Hafen Europas zu werden – sondern der modernste, der digitalste und der effizienteste.“

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.