Berlin. Der ZDF-Fernsehgarten ist seit 36 Jahren erfolgreich. Welche Rolle Andrea Kiewel dabei spielt, erklärt der Medienexperte Ferris Bühler.

Wenn ein TV-Format in Deutschland seit Jahrzehnten mehrere Generationen einer Familie vor den Fernseher lockt, dann muss etwas daran besonders sein. Bei "Wetten, dass…?" war es lange Zeit Moderator Thomas Gottschalk, beim "Tatort" ist es neben den spannenden Fällen die prägnante Titelmusik. Und beim ZDF-Fernsehgarten?

Die Unterhaltungs- und Musiksendung läuft seit Juni 1986, das ZDF feierte im Juni 2022 die 600. Folge. In 36 Jahren ZDF-Fernsehgarten traten unzählige Schlagerstars auf der Mainzer Bühne auf. Rund 6000 Menschen sehen sich die Folgen jeden Sonntag im Publikum an, etwa zwei Millionen erreicht der ZDF-Fernsehgarten vor ihrem Fernseher.

Doch was macht den ZDF-Fernsehgarten so unglaublich erfolgreich? Das erklärt der Schweizer Medienexperte Ferris Bühler. Bühler hat eine eigene Kommunikationsagentur und hostet den Pocast StoryRadar.

Ferris Bühler ist Medienexperte und leitet eine Kommunikationsagentur
Ferris Bühler ist Medienexperte und leitet eine Kommunikationsagentur © Thomas Buchwalder

Was ist das Erfolgsrezept des ZDF-Fernsehgarten?

Ferris Bühler: Der Fernsehgarten ist für mich ein absolutes Phänomen der öffentlich-rechtlichen Fernsehunterhaltung. Dass ein Format seit 36 Jahren mit demselben Konzept derart hohe Quoten generiert, ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Fernsehlandschaft. Aber genau dort liegt der Grund des Erfolgs: Das Sendekonzept wurde nie groß verändert. Und weil viele Zuschauende Kontinuität mögen, sind sie der Sendung über drei Jahrzehnte treu geblieben.

FernsehsendungZDF-Fernsehgarten
TV-SenderZDF
Läuft seit1986
GenreUnterhaltungsshow
ModerationAndrea "Kiwi" Kiewel

Wird der Inhalt dann zur bloßen Begleiterscheinung?

Bühler: Nein, der Inhalt macht sicherlich den Haupterfolg des Fernsehgarten aus: Mit einem Mix aus Schlager, Pop, Akrobatik, Kochen, Garten und Wellness präsentiert das ZDF eine leichte Sonntagskost, die nicht nur ein äußerst breites Publikum anspricht, sondern vor allem niemandem weh tut – sozusagen ein "Feelgood-TV" für die ganze Familie. Ein weiterer Erfolgsbestandteil dürfte auch die Wohlfühl-Kulisse mit Open Air, Pool, Pflanzen und Sonne sein. Da bleibt man beim Durchzappen schnell hängen und fühlt sich gleich wie in den Ferien.

Lange galt der ZDF-Fernsehgarten als biedere Angelegenheit. Mittlerweile geniert man sich aber nicht mehr, wenn man es guckt oder live als Zuschauer dabei ist.

Bühler: Wenn ein Format fast 40 Jahre lang über den Bildschirm flimmert und sich an Familien richtet, so wachsen die Zuschauenden mit der Sendung mit. Oder anders: War der Fernsehgarten früher die Lieblingssendung von Oma und Opa, schauten die Kinder und Enkelkinder (zwangsläufig) mit und entdeckten dabei früher oder später die Sendung für sich. Als generationsübergreifendes Format kommen so immer wieder neue Zuschauende hinzu. Der Sendung geht das Publikum daher wohl nie aus. Hinzu kommt, dass viele Menschen gerade in schwierigen Zeiten traditionelle Werte suchen und sich dazu bekennen. Da gehört der Fernsehgarten sicherlich dazu.

Welchen Anteil hat die Moderatorin Andrea Kiewel am Erfolg?

Bühler: Die Moderation ist ein wichtiges Element im Erfolgsmix der Sendung. Sie ist der Anker für das Stammpublikum. Kein Wunder, schließlich haben die TV-Macher in den letzten 36 Jahren nur wenige Male die Moderatorin ausgewechselt. Andrea Kiewel moderiert die Sendung nun seit über 20 Jahren und ist damit ein fester und wichtiger Bestandteil des Fernsehgarten-Inventars.

Sie moderiert den ZDF-Fernsehgarten: Andrea
Sie moderiert den ZDF-Fernsehgarten: Andrea "Kiwi" Kiewel. © IMAGO /STAR-MEDIA | IMAGO /STAR-MEDIA

Das Publikum liebt sie wohl nicht nur für ihre lockere und fröhliche Art und Weise, sondern vor allem auch, weil sie sich für nichts zu schade ist und sich aktiv in die Sendung einbringt. Egal, wie hart die vergangene Woche war: Wenn Andrea Kiewel am Sonntagmittag aus dem Bildschirm strahlt, scheint in vielen deutschen Haushalten auch die Sonne. Damit wird die Moderatorin wohl ungewollt zur wichtigsten Volkstherapeutin.

Der Artikel "Warum Andrea Kiewel die "wichtigste Volkstherapeutin" ist" erschien zuerst auf morgenpost.de.