Berlin. Der neue Odenthal-„Tatort“ aus Ludwigshafen wirft spannende ethische Fragen auf. Doch leider schießt das Drehbuch übers Ziel hinaus.

Alles wirkt steril. Die langen Gänge ohne Fenster scheinen ins Nichts zu führen. Von der Decke fällt weißes, kaltes Licht. Futuristisch sieht es aus. Wie ein Zukunftslabor. Und das soll es auch sein. Willkommen im Reich von Professor Bordauer (Sebastian Bezzel).

Im Ludwigshafener „Tatort: Maleficius“ will der renommierte Hirnforscher Mensch und Maschine vereinen – zu einer Art Überwesen. Das Institut des Wissenschaftlers ist ein Ort des Größenwahns. Und gleichzeitig Schauplatz grausamer Verbrechen. Es geht um Menschenversuche und Gehirn-Tuning. Ein Arzt spielt Gott.

Dabei fängt diese „Tatort“-Folge ganz profan an. Am Rheinufer taucht ein verlassener Rollstuhl samt Brieftasche auf. Alles deutet auf Suizid hin. Die Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) übernehmen die Ermittlungen.

Schnell ist klar, dass es sich bei dem Verschwundenen um Lukas Pirchner (Igor Tjumenzev) handelt, einen Mann mit Verbindungen ins Raser-Milieu. Einen Unfall im getunten Auto überlebte der junge Mann querschnittsgelähmt. Selbstmord also aus Verzweiflung? Doch von der Leiche fehlt jede Spur.

Mit Hilfe von KI will „Tatort“-Professor übernatürliche Wesen schaffen

Als sich herausstellt, dass Pirchner bei Professor Bordauer – der im „Tatort“ bezeichnenderweise keinen Vornamen hat – in Behandlung war, nimmt der Plot Fahrt auf. Die Ermittlungen verlagern sich in die hochmodernen Praxisräume des Arztes, die nur durch eine hermetisch abgeriegelte Eingangsschleuse zu betreten sind.

Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) will genauer wissen, was sich hinter den steilen Thesen von Prof. Bordauer (Sebastian Bezzel) verbirgt.
Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) will genauer wissen, was sich hinter den steilen Thesen von Prof. Bordauer (Sebastian Bezzel) verbirgt. © SWR/Sabine Hackenberg | SWR

Sebastian Bezzel spielt die Rolle des hoch talentierten, aber skrupellosen Wissenschaftlers in erdrückender Kompromisslosigkeit. Ohne jede Regung spricht er davon, den Menschen der Zukunft zu formen. In den Kopf implantierte Chips sollen dank Künstlicher Intelligenz (KI) übernatürliche Wesen erschaffen.

Der querschnittsgelähmte Pirchner ist eines der Opfer des Arztes. Ihm verspricht er, schon bald wieder Laufen zu können, ja intelligenter und stärker zu sein als je zuvor. Wenn er sich selbst für die Versuche des Mediziners zur Verfügung stellt. Und vorher noch zwei Menschen aus dem Weg räumt: die Assistenzärztin in der Praxis, die den Wahnsinn stoppen will, und den ewig-kritischen Klinikpfarrer.

„Tatort“ stellt interessante Fragen – und gibt keine Antworten

Je länger die Handlung dauerte, desto unrealistischer wurde das ganze Szenario. Am Ende fühlte sich der „Tatort“ nach Science-Fiction an – und nicht mehr wie ein Krimi. Dabei warf die Handlung spannende Fragen auf, etwa nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Ethik.

Wo hört Fortschritt auf – und an welcher Stelle beginnt der Mensch, selber Gott zu spielen? Welche Gefahren gehen von Digitalisierung, KI und immer größeren Datenmengen in Clouds aus?

Eine Antwort gab dieser Tatort nicht. Das Drehbuch schoss zu sehr übers Ziel hinaus. Phasenweise wirkte die Story einfach abgedreht. Etwa am Ende, als der querschnittsgelähmte Rollstuhlfahrer Lukas Pirchner in den Institutsräumen, schon halb in einen Roboter verwandelt, in bester Rambo-Manier auf das Ermittler-Duo losging. Das mag Action-Fans beglücken. Ins traditionelle Krimi-Setting passt es weniger.

Die vorhersehbare Geschichte wurde immerhin gerettet durch die Schauspieler – allen voran Sebastian Bezzel als Professor Bordauer -, die ihre Rollen überzeugend ausfüllten. Auch das Kommissarinnen-Duo Odenthal/Stern ergänzte sich in dieser Ausgabe gut.

So bleibt ein Tatort mit Licht und Schatten. Und dem faden Beigeschmack, dass hier mehr möglich gewesen wäre.