Berlin. Sollte man Wohnungskonzerne enteignen, um die Mietpreise zu senken? Katarina Barley war bei „Hart aber fair“ nicht gänzlich abgeneigt.

Bei „Hart aber fair“ ging es am Montagabend um ein Thema, das viele Menschen in Deutschland umtreibt: Die steigenden Miet- und Kaufpreise für Wohnraum. „Was tun?“, lautete die einfache und zugleich komplizierte Frage, die Frank Plasberg seinen Gäste stellte.

Antworten kamen unter anderem von Katarina Barley, die als SPD-Justizministerin für die Bundesregierung sprach. Außerdem mit dabei: Nicola Beer (FDP), Lucy Redler (Linke) und der Immobilienmakler Jürgen Michael Schick.

Was wurde diskutiert?

Vor allem das schärfste politische Instrument, die Enteignung. In Berlin strengt eine Initiative genau das an, um die großen Wohnungsbaugesellschaften wieder in staatliche Hand zu bringen. „Ich würde sagen, das ist hart aber fair“, verteidigte Lucy Redler von der Linkspartei das Vorhaben.

Schließlich würden die Konzerne nur darauf abzielen, ihre Gewinne zu erhöhen – um die Renditegelüste ihrer Aktionäre zu befriedigen. Bemerkenswert war, dass sich Barley für diesen weitreichenden Schritt durchaus offen zeigte. „Die Maßnahme wird in Kommunen öfter mal angewendet,“ sagte die Justizministerin.

Allerdings müsse sie sehr gut begründet werden. Auch müssten die enormen Entschädigungskosten bedacht werden, die dann an die Konzerne gezahlt werden müssten. Damit sprach Barley die Krux mit der Enteignung an. Die klingt ja zunächst einmal plausibel, schließlich wurden zahlreiche staatlichen Wohnungsbaugesellschaften in der neoliberalen Hochphase verscherbelt. In Berlin würden die Pläne laut Schätzungen des Senats aber Entschädigungen von bis zu 36 Milliarden Euro bedeuten. Dafür könnte man hunderttausende Wohnungen bauen.

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Das unbequeme Argument

Hinzu kommt, dass die Vermieter nicht alleine verantwortlich für die hohen Mietpreise sind. „Der Staat ist ein Preistreiber“, sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Durch bauliche Anforderungen würden die Baukosten immer weiter in die Höhe getrieben. Bei den Verkäufen wirke sich zudem die Niedrigzinspolitik auf die Nachfrage aus.

 Sanierte Wohnhäuser in Berlin-Kreuzberg.
Sanierte Wohnhäuser in Berlin-Kreuzberg. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Ein unbequemes, weil leider zutreffendes Argument. Auf dieser Grundlage klang auch Beers Vorschlag plausibel, eine Art Miet-TÜV einzuführen. So müsse jede Richtlinie und jedes Gesetz darauf überprüft werden, ob es die Preise für Mieten treibt, forderte die FDP-Politikerin. Allerdings blieb Beer einen entscheidenden Hinweis schuldig: Dass Deregulierung bei den Vorschriften nicht bedeuten muss, auf eine stärkere Regulierung der Preise zu verzichten. Beides zusammen wäre sinnvoll.

Das Negativ-Beispiel

Dass etwas passieren muss, zeigte das Beispiel von Dajana Burmann. Die Polizistin pendelt jeden Tag 80 Kilometer einfache Strecke an ihren Arbeitsort in Düsseldorf, weil sie sich nur im Ruhrgebiet den Traum vom Eigenheim erfüllen konnte. Manche ihrer Kollegen würden gar 150 Kilometer für eine Strecke auf sich nehmen, berichtete Burmann.

Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle. Immer häufiger werden Warnungen, wonach sich gerade Beschäftigte in gesellschaftlich wichtigen Berufen – etwa auch Feuerwehrleute oder Krankenpfleger – keinen Wohnraum mehr am Arbeitsort leisten können. „Das kann Auswirkungen auf die Polizeiarbeit haben, wenn man die Zustände in der Stadt erstmal nicht genau kennt“, erklärte Burmann für ihre Tätigkeit.

Das Fazit

Frank Plasberg ist in der Vergangenheit mit guten Argumenten eine latent populistische Themenauswahl vorgeworfen worden. Sachlich, lehrreich und trotzdem spannend: Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ war ein Paradebeispiel dafür, dass er auch ganz anders kann.

Am Ende zeigte die Debatte vor allem, dass eine Enteignung ein schwieriges Instrument ist. Klar ist aber auch, dass es so nicht weiter geht. Muss es aber auch nicht. Ein Ende der Modernisierungsumlage, eine effektivere Mietpreisbremse: Die Politik hat noch Pfeile im Köcher, ohne die „Atombombe der Enteignung“ (Plasberg) zünden zu müssen.

• Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek