Die ZDF-Dokumentation „Als Paul übers Meer kam“ zeigt den Weg eines Mannes aus Kamerun nach Europa. Dafür nahm er Risiken in Kauf.

Eigentlich will Filmemacher und Grimme-Preisträger Jakob Preuss, als er 2014 Richtung Süden aufbricht, einen Dokumentarfilm darüber drehen, mit welchem Aufwand Europa seine Außengrenzen schützt. In Melilla, der spanischen Exklave auf marokkanischem Grund, verläuft – gleich hinter einem Golfplatz – der kaum zu überwindende, sechs Meter hohe Metallzaun, der Afrika von Europa trennt.

Dahinter liegt ein Wald, in ihm ein wildes Camp: Preuss trifft Paul, einen fast gleichaltrigen Mann aus Kamerun, der ihn durch das Camp führt und Einblicke in den Alltag der Menschen gewährt, die dort seit Monaten, manchmal seit Jahren ausharren, stets auf eine Gelegenheit wartend, doch noch irgendwie über die Grenze zu kommen. Das ZDF zeigt die preisgekrönte Dokumentation „Als Paul übers Meer kam“ heute Abend.

Auftakt einer vierteiligen Reihe von Flüchtlingsfilmen

Jakob Preuss erzählt – zumindest anfangs noch – mit großer Ruhe und Distanz. Der Film kommt auch weitgehend ohne dramatische Bilder, etwa von überfüllten Flüchtlingslagern, aus. Der Intensität tut das aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Die Anspannung und die Angst der gezeigten Personen sind stets spürbar.Dann wagt auch Paul die Flucht: Bei Nacht und Nebel setzt er auf einem Schlauchboot von Marokko nach Spanien über.

Das Boot kentert, er überlebt nur knapp. Als Preuss die Bilder seiner Rettung im Internet entdeckt, ist er nicht nur erleichtert. Mit Paul bekommt sein bis dahin abstraktes Filmprojekt ein Gesicht. Von nun an erzählt Preuss in Tagebuchform von seiner sehr persönlichen, vielleicht sogar schicksalhaften Begegnung mit Paul – und spart dabei bewusst auch nicht die Abhängigkeiten, Erwartungen und Enttäuschungen aus, die eine solche Freundschaft mit sich bringt.

Film veranschaulicht das Leben im Transit

„Als Paul über das Meer kam“ ist zugleich der erste Film einer vierteiligen Reihe, die aus Anlass des Weltflüchtlingstages heute Abend im ZDF startet. Im Wochenrhythmus, immer montags zur späten Stunde sowie jederzeit in der Mediathek, zeigt „Auf der Flucht – Eine Welt in Bewegung“ dann in fiktionaler Form drei weitere individuelle Fluchtgeschichten aus verschiedenen Ecken des Planeten.

Anhand des bewegenden Einzelschicksals von Paul beleuchtet der Dokumentarfilm sehr anschaulich sowohl Fluchtursachen wie auch das Leben im Transit und die Gefahren der Grenzüberwindung. Er thematisiert zugleich die Sichtweisen des Grenzschutzes sowie die Vorgaben durch das Europäische Asylsystem. Vor allem aber stellt er – inmitten der momentan überhitzten Asyl-Debatte – sehr konkrete Fragen: Gibt es ein Menschenrecht auf Migration? Mit welchen Konsequenzen? Und haben wir überhaupt eine Wahl?

Sein Asylantrag ist noch nicht entschieden

Sicher, Paul ist kein Flüchtling wie jeder andere. Paul hat Glück. An Tag 201 ihrer Begegnung beginnt er einen Sprachkurs und ab Tag 730 kann er Vollzeit in einem Pflegeheim arbeiten. Trotzdem bleibt seine Zukunft in Deutschland ungewiss. Sein Asylantrag ist noch nicht entschieden.

Fazit: Sehr berührendes Tagebuch einer Freundschaft.

K ZDF, Montag, 18. Juni, 23.55 Uhr.