Berlin. Es ist nicht ganz klar, warum sich der Ex-„Handelsblatt“-Chef Gabor Steingart so rar macht. Kommt er nicht aus seinem Vertrag heraus?

Montagabend wird Gabor Steingart auf dem European Newspaper Congress „über die Zukunft der Medien“ sprechen. Wenn wir nicht etwas übersehen haben, ist dieser Auftritt erst der zweite, seit Verleger Dieter von Holtzbrinck den damaligen Geschäftsführer und Herausgeber des „Handelsblatts“ Anfang Februar von seinen Ämtern abberief.

Es ist nicht ganz klar, warum ein Mann, der Stammgast in vielen TV-Talkshows und auf zahlreichen Kongressen war, sich nun so rar macht. Dabei sollte er eigentlich täglich präsent sein: als Verfasser eines Newsletters, der jeden Morgen erscheint. Jedenfalls hatte Steingart bereits zwei Wochen nach seiner Abberufung auf seiner Website gaborsteingart.com einen solchen angekündigt. Wer sein sogenanntes Morning Briefing bestellte, erhielt die Mitteilung: „In einigen Wochen geht es los.“

Vertrag soll noch bis Ende 2020 laufen

Aus Wochen wurden Monate. Von Steingarts Morning Briefing ist weit und breit nichts zu sehen. Erkundigt man sich an der früheren Wirkungsstätte des Medienmanns, woran das liegen könne, erfährt man hinter vorgehaltener Hand, dass der einstige „Handelsblatt“-Macher nicht aus seinem Vertrag herauskomme. Er soll noch bis Ende 2020 laufen.

Der 55-Jährige dürfte zwar nach wie vor Gehalt beziehen. Doch einer neuen Karriere ist jeder Tag, den er mit Nichtstun verbringt, alles andere als zuträglich. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es dauert, bis sich leitende Angestellte und ihre bisherigen Arbeitgeber auseinanderdividiert haben. Im Falle Steingart kommt hinzu, dass er Anteile an der Handelsblatt Media Group hält, was eine Trennung nicht erleichtert.

Dennoch: Nicht Steingart wollte gehen, sein Verleger berief ihn ab, obwohl er ihm viel zu verdanken hat. Steingart machte aus dem angestaubten „Handelsblatt“ eine moderne Wirtschaftszeitung. Doch ein Gespräch am 5. Februar zwischen Holtzbrinck und ihm führte letztlich zur Trennung. Der Branchendienst „Kress Pro“ schrieb von einer „Eskalation im Februar“. Steingart habe „mit anderen Angeboten“ gewedelt. Hat das den Verleger so erbost, dass er seinen einstigen Ziehsohn nun nicht aus dem Vertrag lässt?

Vereinbarung über Newsletter

In Steingarts Umfeld ist man aber zuversichtlich, dass trotz der Verwerfungen zumindest dessen Morning Briefing in absehbarer Zeit starten wird. Der Verleger und sein damaliger Manager haben in besseren Tagen eine Vereinbarung geschlossen, nach der Steingart nach seinem Ausscheiden den Beziehern des „Handelsblatt Morning Briefing“ seinen eigenen Newsletter anbieten kann. Sie wird sogar in der Verlagsmeldung zu Steingarts Abberufung erwähnt. Die Frage ist nun, ob er sein Morning Briefing herausbringen darf, obwohl er nach wie vor Holtzbrincks Angestellter ist.

In Steingarts Umgebung glaubt man, dass er, Vertragssituation hin oder her, „Ende Juni, Anfang Juli“ mit seinem Newsletter auf den Markt kommen wird. Steingart selbst will sich zu all dem nicht äußern. Die Handelsblatt Media Group verweist an ihre Muttergesellschaft, die DvH Medien GmbH, die wiederum jede Stellungnahme ablehnt.

Weitere Medienmacher-Kolumnen sinden Sie hier:

„Spiegel“ und „SPON“ verschmelzen – Was liefert Brinkbäumer?

Arnim Stauth gab WDR schon früh Hinweise auf Belästigung

Twitter gibt Deutschland-Zentrale auf – weniger Mitarbeiter