Der neue Ludwigshafen-„Tatort“ in der ARD setzt auf düstere Bilder und Improvisation. Die Schauspieler mussten ohne Drehbuch auskommen.

Schlechtester ,Tatort‘ aller Zeiten“ – so titelte die „Bild“-Zeitung im vergangenen Jahr. Gemeint war der Ludwigshafener Fall „Babbeldasch“. Gedreht wurde der Film von Regisseur Axel Ranisch ohne Drehbuch, in Mundart und mit Laiendarstellern. Am Sonntag nun läuft mit „Waldlust“ der zweite Ranisch-„Tatort“. Und auch diesmal ist einiges anders als gewohnt.

Zunächst muss Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren ohne ihren Kollegen Mario Kopper auskommen. Der verabschiedete sich in der letzten Folge nach Italien. Und das hat Spuren hinterlassen in der Ludwigshafener Mordkommission. Deshalb geht es gemeinsam für ein verlängertes Wochenende in ein abgelegenes Hotel im Wald. Unter Anleitung des Trainers Simon Fröhlich (Peter Trabner) soll das Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden.

Schauspieler erfuhren kurz vorher, worum es in nächster Szene ging

Das Hotel aber ist kein Wellness-Tempel, sondern ein dunkler verfallener Gasthof ohne Handyempfang. Der eine Betreiber, Bert Lorenz (Heiko Pinkowski), wirkt ausgesprochen abweisend; die andere, seine Nichte Doro (Eva Bay), dafür überaus beflissen. Anfangs glauben Odenthal und ihre Assistentin Johanna Stern (Lisa Bitter) wegen der vielen skurrilen Vorgänge noch an eine Inszenierung, doch schon bald spitzt sich die Lage im „Lorenzhof“ gefährlich zu.

Schon diese Ausgangssituation ist also ungewöhnlich, weil es nicht um die klassische Mörder-Jagd geht. Stattdessen wird das gesamte Team der Mordkommission unvermittelt in einen tödlichen Konflikt hineingezogen. Doch Regisseur Axel Ranisch wäre eben nicht er selbst, wenn er nicht noch einen Kniff nutzen würde. Wie bei „Babbeldasch“ verzichtete er auch diesmal auf ein Drehbuch. Die Schauspieler erfuhren erst unmittelbar vor dem Dreh, worum es in der nächsten Szene ging – und mussten dann improvisieren. Bammel vor der Ausstrahlung seines zweiten „Tatorts“ hat Ranisch aber nicht: „Ich hab die Kritik zum ersten ja auch verkraftet. Doller kann’s kaum werden.“

Komponistin schrieb eigens für den Film eine „Waldlust“-Symphonie

Tatsächlich gelingt es dem Film, über weite Strecken, eine unheilvolle Atmosphäre zu erzeugen, ohne dass klar wird, wer eigentlich was im Schilde führt. Dafür bietet das alte Hotel im Wald eine ideale Kulisse, auch wenn die Bilder manchmal arg düster geraten sind. Hinzu kommt ein spielfreudiges Ensem­ble, in dem auch mal Annalena Schmidt als sympathische Sekretärin Edith Keller einen größeren Raum bekommt. Und noch etwas macht diesen „Tatort“ besonders: Die Musik. Komponistin Martina Eisenreich schrieb eigens für den Film eine „Waldlust“-Symphonie, die von der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Dirigent Angel Velez aus Los Angeles eingespielt wurde.

Fazit: Auch nach diesem Film wird es sicher wieder Diskussionen um Experimente beim „Tatort“ geben. Doch nicht oft kommt man den Figuren so nah wie diesmal. Schade nur, dass der Plot den ein oder anderen Zufall zu viel braucht und am Ende ziemlich kompliziert wird.

K Sonntag, 4. März, ARD, 20.15 Uhr