Hamburg. Seit einem Jahr ist Ingo Zamperoni Chefmoderator der „Tagesthemen“. Seitdem überraschte er Zuschauer immer wieder mit Experimenten.

Die letzte große Niederlage des Ingo Zamperoni liegt womöglich bereits mehr als 28 Jahre zurück. Damals, Anfang 1989, stand der heutige Chefmoderator der „Tagesthemen“ als Spieler der A-Knaben des Wiesbadener Tennis- und Hockeyclubs im Finale der deutschen Hallenhockeymeisterschaft. Das Team des SC 1880 Frankfurt schien ein berechenbarer Gegner zu sein. Doch am Ende stand es 6:2 für die Frankfurter. Und so blieb die deutsche Vizemeisterschaft Zamperonis größter sportlicher Erfolg.

„Das Wichtigste, was mich Mannschaftssport gelehrt hat, ist, verlieren zu können, mit Niederlagen umzugehen“, sagt der Journalist (43). Aber allzu viele Niederlagen scheint er in seinem Berufsleben nicht erlitten zu haben. Fragt man ihn danach, muss Zamperoni lange nachdenken. Dann kommen so Sachen wie verhaspelte Aufsager bei Liveschaltungen, Beiträge, die er nicht hat machen können, oder aber Stellen, für die er sich vergeblich bewarb.

Mit 42 Jahren Chef-Moderator

Doch unterm Strich sitzt da ein Mann in seinem Büro beim NDR in Hamburg, der dank seiner Zielstrebigkeit, seines Talents und seines gewinnenden Wesens eine Karriere hingelegt hat, wie sie im deutschen TV-Journalismus höchst selten ist.

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Mit nur 37 Jahren moderierte er erstmals die „Tagesthemen“. Mit gerade mal 42 Jahren wurde er nach zweijähriger Unterbrechung, in denen er Korrespondent in Washington war, Erster Moderator der Nachrichtensendung. Das ist ein Job, der für seine Vorgänger – fast ausnahmslos gestandene, grau melierte Auslandskorrespondenten vom Schlage eines Hanns Joachim Friedrichs oder Ulrich Wickert – der Höhepunkt einer langen Berufslaufbahn war.

„Isch abe gar keine Schlusssatz“

Zamperoni jedenfalls ist gerade dabei, den Anchorman – so nennen sie in den USA den Chefmoderator einer Nachrichtensendung – neu zu erfinden. Zamperonis Favorit war einst ein NBC-Anchorman, Tom Brokaw, „weil der so eine tiefe coole Stimme hatte.“

Zamperonis Stimme ist eher hell. Und er tut Dinge, die Brokaw nie gemacht hätte. „Isch abe gar keine Schlusssatz“, sagte er vor einem Jahr am Ende seiner Premierensendung als Erster Moderator in Anspielung auf eine alte Kaffeewerbung. Den hat der sich als „Italo-Hesse“ verstehende Journalist bis heute nicht. Das hindert ihn nicht, die Sache noch ab und an zu thematisieren – etwa als er sich einmal in Gebärdensprache von den TV-Zuschauern verabschiedete.

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Er will „Hallo-wach-Effekt“ erzeugen

Auch sonst hat Zamperoni Ideen, die man von seinen Vorgängern so nicht kannte: Einen Beitrag zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft moderierte er an, indem er seinen italienischen Personalausweis und seinen deutschen Reisepass in die Kamera hielt. Einmal sagte er 28 Sekunden nichts. So stimmte er die Zuschauer auf einen Beitrag über eine Ausstellung ein, die sich mit dem Phänomen „Warten“ beschäftigte.

Und auch die mittlerweile legendäre Moderation seiner Kollegin Caren Miosga, bei der sie anlässlich des Todes von Schauspieler Robin Williams auf den Studiotisch sprang und ein Zitat aus dessen Film „Der Club der toten Dichter“ zitierte, soll auf eine Idee Zamperonis zurückgehen. Er selbst sagt, die Sache mit dem Tischsprung habe er sich nicht allein ausgedacht.

Und doch wird klar, dass jetzt einer die „Tagesthemen“ moderiert, der Neues ausprobieren will. „Mir geht es darum, immer wieder mal Hallo-wach-Effekte beim Zuschauer zu kreieren“, sagt Zamperoni.

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Keine Ambitionen, Intendant zu werden

„Ich finde es gut, wenn etwas Sehgewohnheiten bricht.“ Natürlich dürften solche Effekte nicht Selbstzweck sein oder als „Dauerfeuer“ daherkommen. Doch im Volontariat hat er gelernt, dass nichts die Aufmerksamkeit der Zuschauer stärker bindet als das Bild: „Wenn ich Kochrezepte verlesen würde und im Hintergrund wären Feuerbälle zu sehen, würden die Leute, wenn man sie anschließend fragt, worum es in meiner Moderation gegangen sei, sagen, ich hätte etwas über einen Vulkanausbruch erzählt.“

Beruflich hat Zamperoni sein Glück in Hamburg gefunden. Er lebt dort mit seiner amerikanischen Ehefrau und den drei Kindern. Was aber kann nach der Moderation der „Tagesthemen“ noch kommen? Anders als sein Vorvorgänger Tom Buhrow will Zamperoni nicht Intendant werden. Schwer vorstellbar ist aber auch, dass er 2041 als Erster Moderator der „Tagesthemen“ in Rente geht. So wie der USA-Fan von seiner Zeit dort schwärmt, ist keineswegs ausgeschlossen, dass er eines Tages wieder aus dem Land seiner Träume berichtet – trotz aller Liebe zu Hamburg und den „Tagesthemen“.