Berlin. An seinem 1. Todestag zeigte Kabel 1 einen Rückblick auf das Leben von Tierflüsterer Tamme Hanken. Sein Wirken begeistert noch immer.

Im Nachhinein erscheint es geradezu verwunderlich. Fast unglaubwürdig, vielleicht sogar verkehrt, dass Tamme Hanken, dieser Bär von einem Mann mit den butterweichen Handflächen, kein Weltstar geworden ist. Kein VIP, den die US-amerikanischen TV-Sender nach Hollywood riefen, damit er seine „ostfriesische Magie“ im Frühstücksfernsehen vollbringen konnte.

Dass er nicht von Stadion zu Stadion tingeln musste, um vor Menschenmassen Chihuahuas mit krummen Hüften und Hühnern mit Hinkefüßen zu behandeln. Dass er in ferne Länder fahren konnte, ohne dass Grenzkontrolleure ihm die Ausreise verweigerten – ein Mann mit seinen Fähigkeiten hätte doch jeder Tierfreund gerne in seiner Nähe gewusst.

Bei „Tamme unvergessen!“ reiht sich Highlight an Highlight

Aber gut: Tamme Hanken machte auch als „einfacher“ deutscher Promi einen zufriedenen Eindruck; wir wollen gerne glauben, dass er, wann immer ihn Mensch und Tier umgaben, so glücklich war, wie er im Fernsehen wirkte. Das beweist einmal mehr der Rückblick auf sein Leben und Handeln.

Ein Jahr nach seinem Tod im Alter von 56 Jahren erinnert Kabel 1 mit „Tamme unvergessen! Die schönsten Geschichten des Knochenbrechers“ an den Wunderheiler. Primetime, zwei Stunden Sendedauer, Highlight folgt auf Highlight. Es hätte Hanken gefallen.

Tamme Hankens Heilkräfte faszinieren bis heute

Zwar erscheinen viele Szenen, die sein Haussender in Themenblöcke gestaffelt zeigt, wohl vertraut. Beispielsweise Hankens viele Auslandsaufenthalte, die ihn von einem Ende der Welt ans andere führen: Heute hilft er einem mongolischen Rennpferd, dem das Wasserlassen schwerfällt, morgen rettet er den vom Fleisch gefallenen türkischen Esel Ali Baba vor dem Hungertod.

Kein eingeklemmter Nerv, kein verstimmter Magen, kein verdrehter Nackenwirbel waren vor dem Hünen aus Ostfriesland sicher: Seine Heilkräfte faszinieren Familie, Freunde und Fans bis heute. So dürfen im Best-of am Dienstagabend Ehefrau Carmen, Kumpel Peter, aber etwa auch Schrotthändler Peter Ludolf und Sternekoch Johann Lafer ihre Erinnerungen an den Knochenbrecher teilen.

Die Aussagen erscheinen mal mehr, mal weniger überraschend: dass der Beruf „seine Erfüllung“ gewesen sei (Carmen), dass er „eine Gabe hatte, die man nicht lernen konnte“ (Pferdetherapeut Wolfgang Gnesner) und dass Peter Ludolf, der Nuschel-Grammatik-König, „ganz normal ist, wie die meisten Menschen“.

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Immer einen flotten Spruch auf Lager

Dass Tamme Hanken nicht ganz normal war, zumindest was sein Talent anging, die Leiden eines Tieres etwa schon an der Farbe seiner Zunge zu erkennen, zeigen etliche Rückblicke: Die Kamera ist immer dabei, wenn Hanken bei den „Kummertagen“ auf seinem Hof seinen Patienten eine wirksame Behandlung und deren Herrchen einen flotten Spruch verpasst („Heul ruhig, brauchst du morgen nicht ausschwitzen“).

Sie folgt dem Ehepaar in den Busch von Australien, wo der 2,06-Meter-Mann einen doppelt so langen Alligator misst. Sie zeigt ihn beim Austausch mit Schamanen in Ecuador – leider auch mit einem, der Hankens Tod im vergangenen Jahr nicht voraussagen konnte (oder lieber für sich behielt).

Tamme Hanken renkte auch mal Micki Krause ein

Tamme Hanken fasziniert auch heute noch viele Fernsehzuschauer.
Tamme Hanken fasziniert auch heute noch viele Fernsehzuschauer. © imago/APress | imago stock&people

Viele Szenen sind die gleichen, die bereits im Frühjahr in der Dokumentation „Tamme forever“ liefen, weswegen eine Reihe weiterer Ausschnitte eine gelungene Ergänzung für den Zuschauer darstellen. Etwa die Reise nach Wales, bei der Hanken feststellt, dass die Briten nur verkappte Ostfriesen wären. Oder wer hätte geahnt, dass Tamme die Hunde von Bert Wollersheims Damenstab betreute? Oder er Micki Krause auf dessen Terrassentisch einrenkte? (Der Schlagerstar musste sich danach erstmal die Perücke richten.)

„Tamme war wie ein großer Junge: Wenn es eine Chance gab, was auszuprobieren, stand er in der ersten Reihe“, erzählt Witwe Carmen. Da konnte sich auch ein gebratenes Meerschweinchen nicht retten – oder ein Tätowierer, der ihm ein Pferdeauge auf die Schulter zeichnete.

Hollywood hat was verpasst

Wäre die Sendung „Tamme unvergessen!“ ein Konzert, dann eines der Rolling Stones: Viel Neues gibt es nicht zu sehen, aber Anhänger der Ostfriesen (beziehungswiese der Briten) erwarten auch nichts Anderes.

Dennoch: Es bedarf nicht immer Aktuellem, um sich an Vergangenem zu erfreuen. Oder wie es Mister Ludolf formuliert: „Tamme war etwas Besonderes, etwas Riesenbesonderes“, der sich ganz zum Schluss der Sendung, bei seinem letzten Interview von vor einem Jahr, gar vor seinem Publikum verneigen will. Hollywood hat was verpasst.