Berlin. Personalrochaden im NDR: Der Verwaltungsrat entscheidet über den neuen Stellvertreter von Lutz Marmor. Auch seine Zukunft ist ungewiss.

Wenn an diesem Freitag um 9.30 Uhr der NDR-Verwaltungsrat zusammentritt, wird er eine nicht ganz unwichtige Personal(vor)entscheidung treffen. Auf der Tagesordnung steht unter Punkt vier „Vorschlag für die Wahl der Stellvertretenden Intendantin/des Stellvertretenden Intendanten“. Der Chef des Landesrundfunkhauses Niedersachsen Arno Beyer, der bisher der zweite Mann hinter NDR-Intendant Lutz Marmor ist, geht Ende August in den Ruhestand.

Wenn stimmt, was die Spatzen vom Dach des Funkhauses am Rothenbaum pfeifen, wird der Verwaltungsrat NDR-Hördunkdirektor Joachim Knuth als neuen stellvertretenden Intendanten vorschlagen. Dessen Wahl durch den Rundfunkrat Mitte März wäre dann wohl reine Formsache.

Mitte des Jahres steht die Verlängerung von Marmors 2020 auslaufendem Vertrag an. Und obwohl die Gremien mit dessen Arbeit zufrieden sind, ist ungewiss, ob der 64-Jährige wiedergewählt wird. Denn am Ende seiner dann dritten Amtszeit wäre er 71, was nach Ansicht mancher Gremienmitglieder deutlich zu alt ist.

Wunschkandidatin ist beim RBB

Nicht wenige wünschen sich einen Generationswechsel sowie eine Frau auf einem der beiden wichtigsten Posten, die der Sender zu vergeben hat. Wenn jedoch Knuth, also abermals ein Mann, die Nummer zwei im NDR wird, sähe es theoretisch für eine Amtsverlängerung Marmors nicht gut aus.

In der Praxis jedoch hat der NDR Probleme, eine geeignete Frau für den Intendantenposten zu finden. Wunschkandidatin Patricia Schlesinger, ein NDR-Gewächs, wurde erst vor zweieinhalb Jahren Intendantin des RBB und dürfte dort kaum loszueisen sein. Auf der zweiten Hierarchie-Ebene des Senders gibt es derzeit drei Direktorinnen, von denen zwei Ende des Jahres zwei in den Ruhestand gehen.

Dabei handelt es sich um Verwaltungsdirektorin Angela Böckler und um die Chefin des Landesfunkhauses Mecklenburg-Vorpommern Elke Haferburg, wie der NDR auf Anfrage bestätigt. Direktorin drei, die Leiterin des Landesfunkhauses Hamburg Sabine Rossbach, wird dieses Jahr 60 und steht folglich nicht für einen Generationswechsel.

Auch bei Wiederwahl könnte Marmor früher aufhören

Eine Hierarchie-Ebene tiefer wäre Innenpolitikchefin Anja Reschke eine mögliche Kandidatin. Eine Berufung käme für die 46-Jährige, die erst seit vier Jahren Personalverantwortung hat, aber wohl zu früh. Das gilt auch für die neue Chefin des Landesfunkhauses Niedersachsen Andrea Lütke, die erst Mitte des Jahres ihr Amt antritt.

So könnte es – Generationswechsel hin, Frauenförderung her – doch auf eine Wiederwahl des keineswegs amtsmüden Marmor hinauslaufen. Obwohl er nur für sechs Jahre gewählt werden kann, ist nicht auszuschließen, dass er etwas früher aufhört. SWR-Intendant Peter Boudgoust macht es gerade vor: Obwohl er für sechs Jahre gewählt ist, wird er Mitte des Jahres nach nur drei Jahren in den Ruhestand gehen. Als ein möglicher Nachfolge-Kandidat gilt auch ein Mann, der in einem vom NDR verantworteten Bereich wirkt: Kai Gniffke, Chef von ARD-aktuell („Tagesschau“, „Tagesthemen“), der einst vom SWR kam.