Gieboldehausen. Beim Politischen Aschermittwoch in Gieboldehausen sprach Boris Pistorius.

Boris Pistorius, Niedersachsens Minister für Inneres und Sport, hat als Gastredner des 28. Politischen Aschermittwochs der SPD in Gieboldehausen die aktuelle politische Situation aufs Korn genommen. Der Termin sei seine Rettung, verriet er den rund 150 Besuchern im Niedersachsenhof, „weil ich zwei Wochen lang das Buffet mit Peter Altmaier teilen musste“

Der SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Reinhard Dierkes setzte gleich zu Beginn die Narrenkappe auf. Er mache das nicht oft, und eigentlich sei es bei der traditionellen Veranstaltung am Aschermittwoch auch fehl am Platz. Aber manchmal erfordere es die Situation. Zuletzt sei das 1996 der Fall gewesen. „Heute ziehen andere munter die ganze SPD herunter, angeblich wird da was erneuert, ich finde das nur bescheuert“, kommentierte er die aktuelle Situation bei den Sozialdemokraten: „Reißt Euch zusammen und werdet fleißig, dann kommen wir auch wieder über 30 Prozent.“

Kein Fettnäpfchen ausgelassen

Mit dem Aschermittwoch endet die Karnevalszeit. Wo die Hochburg war, wusste der Unterbezirksvorsitzende Thomas Oppermann: „Nirgendwo waren die tollen Tage so ausgeprägt in den vergangenen Wochen wie in Berlin.“ Er hoffe auf eine Einkehr mit der Fastenzeit. Es sei auch bemerkenswert, dass die SPD 155 Jahre alt werden musste, bis erstmals eine Frau den Vorsitz übernehmen könne. Doch: „Wenn wir so etwas schon machen, müssen auch noch zwei Gegenkandidaten her“, sagte er. „Wir lassen kein Fettnäpfchen aus.“

Die stellvertretende Unterbezirksvorsitzende Doris Glahn äußerte Dankbarkeit in Richtung FDP-Chef Christian Lindner. Er habe sich vor allem um die deutsche Sprache verdient gemacht. „Wir verdanken ihm eine neue Wortschöpfung – das Lindnern.“ Gemeint sei damit „etwas gemeinsam geplantes in letzter Sekunde überraschend platzen zu lassen“ oder auch „kalte Füße kriegen und kneifen, wenn es darauf ankommt“.

Landrat Bernhard Reuter erinnerte an die großen Namen der ehemaligen Vorsitzenden der Sozialdemokraten – von August Bebel bis Willy Brand. Dazu Bundeskanzler Helmut Schmidt. Das seien nicht alte Männer gewesen, sondern Persönlichkeiten, Männer mit Mut und auch nicht ohne Fehler. „Aber es war so etwas wie ein Grundvertrauen da.“ Das Land und die Partei seien wichtiger als das eigene Ego. Deshalb sei es wichtig, dass es gelinge, dieses Grundvertrauen wieder herzustellen. Der Mitgliederentscheid sei ein erster Schritt.

Pistorius berichtete, dass er Oppermann seit Beginn der 90er-Jahre aus Hannover kenne. „Er hat es zu etwas gebracht, ich versuche es noch. Zurzeit wird Thomas in Berlin gerade wieder hochgehandelt.“ Sein Name falle auch in den Berichten zur Diskussion um den Posten des Außenministers. Die vergangenen Wochen hätten aber auch eines gezeigt: „Die SPD lebt. Manchmal sind unsere Auftritte aber verbesserungswürdig.“ Dabei brach er auch eine Lanze für den derzeit viel gescholtenen Martin Schulz. „Wir sind ja groß darin, unsere Führungskräfte zu demontieren.“ Aber diese Häme habe Schulz nicht verdient

Lästig, aber richtig

„Unsere innerparteiliche Basisdemokratie ist genau richtig“, befürwortete er den bevorstehenden Mitgliederentscheid. „Sie ist lästig, zugegeben. Aber was hat meine Oma immer gesagt? Was nichts kostet, taugt nichts.“ Dann schaltete er um auf eine Willy-Brand-Imitation, die für viel Jubel sorgte: „Von der starken Mitbestimmung können sich die anderen eine Scheibe abschneiden. Ich habe mich mit ganz anderen rumgeärgert: Barzel, Strauß ... Da werden Nahles und Scholz doch wohl mit Merkel und Co. fertig werden.“

Vor allem die CSU bekam von Pistorius ihr Fett weg. Viele seien zusammengezuckt, sagte Pistorius, und hätten die Nachricht sicher noch nicht verdaut, dass Horst Seehofer als Innenminister vorgesehen sei. „Der soll lieber mit seiner Modelleisenbahn spielen und mit seiner Frau ins Theater gehen.“

Der Beschluss, in die Große Koalition zu gehen, sei damit begründet, Verantwortung zu übernehmen. Die GroKo sei auf keinen Fall eine Liebeshochzeit. Die SPD habe mit sechs Ressorts und vielen durchgesetzten Punkten viel erreicht. Er forderte von den Sozialdemokraten „mehr Selbstbewusstsein und mehr Selbstvertrauen, auf das zu schauen, was wir erreicht haben und nicht immer zu jammern, was wir nicht geschafft haben“. Oder mit den Worten des großen Vorsitzenden, dessen Stimme Pistorius wieder imitierte: „Diese Sozialdemokratie kann mehr.“