Greiffenberg/Straubing. In Beeten findet man immer häufiger alte Gemüsesorten mit außergewöhnlichen Namen.

Der ’Maikönig‘ ist ein Überlebenskünstler. Den kältetoleranten Kopfsalat mit zarten, gelb-grünen Blättern gibt es schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts, und er ist heute noch im Handel erhältlich. Andere Salatsorten hatten da weniger Glück und sind mit der Zeit aus dem Gedächtnis und dem Handel verschwunden. Aktuell erleben viele aber erneutes Interesse.

Die ’Goldforelle‘ zum Beispiel. „Diese Sorte hat sehr schön gesprenkelte Blätter, die manche Kunden aber irritieren können. Auch bildet sie nur einen sehr kleinen Kopf, ihr delikates zartes Blatt ist für die Selbstbedienungstheke nicht robust genug ist“, erklärt Cornelia Lehmann vom Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg (VERN). „Diese fehlende Haltbarkeit macht sie für den Handel unattraktiv.“

Unter „alten Gemüsesorten“ versteht man Varianten, die es vor der Industrialisierung der Landwirtschaft gab, erklärt Bärbel Steinberger, Gartenbau-Ingenieurin aus Leiblfing bei Straubing. Die Bezeichnung ist aber nicht geschützt.

Der Status einer Sorte hängt nicht zuletzt mit der industriellen Agrarwirtschaft zusammen. „Häufig gelten alte Sorten einfach nur deswegen als alt, weil sie in der spezialisierten Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren keinen Platz mehr gefunden haben“, erläutert die Agrarwissenschaftlerin Andrea Heistinger aus dem österreichischen Schiltern. „Beim Salat haben sich in den letzten Jahren jene Sorten durchgesetzt, die sich gut in Kisten schichten lassen.“ Und bei den Tomaten wurde in der konventionellen Züchtung Wert auf hohe Erträge, Transportfähigkeit und gute Haltbarkeit gelegt. „Geschmack war über viele Jahrzehnte gar kein Züchtungsziel.“

Das hatte Folgen: Gemüsesorten, die für den industriellen Anbau und den Handel unattraktiv sind, werden von den Züchtern nicht mehr beim Bundessortenamt gemeldet. „Nur Sorten, die in der Sortenliste eingetragen sind, dürfen gehandelt werden“, erklärt Steinberger. Damit die anderen trotzdem erhalten bleiben, haben Privatpersonen und Organisationen einige als Amateur- oder erhaltenswerte Sorten registriert. 21 der 52 in Deutschland zugelassenen Tomaten sind nach Angaben des Bundessortenamts Amateursorten.

Für den Hobbygarten können solche Sorten durchaus interessant sein. Anders als im Berufsanbau kann es sogar Vorteile haben, wenn nicht alle Salatköpfe gleichzeitig erntereif und gleich groß sind. Und: „Alte Sorten kann man selbst vermehren und selbst weiter auslesen“, erklärt Steinberger.

Wer alte Sorten im Garten anbauen möchte, kann sie auf Tauschbörsen und bei Organisationen wie VERN, Arche Noah und ProSpecieRara bekommen. Steinberger empfiehlt die Tomate ’Goldene Königin‘, die gelbe Früchte trägt. „Sie ist fruchtig und hat wenig Säure“, sagt die Expertin. „Reif ist sie mehlig und eignet sich für Soßen, ansonsten ist sie super für Salat.“ Die spätreifende Fleischtomate ’Berner Rose‘ gilt als ertragreich, die Früchte der ’Schlesischen Himbeere‘ sind saftig und fleischig.

Bei Salaten rät Heistinger, sich neben dem Pflücksalat ’Venezianer‘ auch Kochsalat oder Römersalat ins Beet zu holen. „Kochsalat wie zum Beispiel die Sorte ’Valmaine‘ bildet keine geschlossenen Köpfe, sondern aufrechte, lange Blätter. Da er besonders schossfest ist, eignet er sich fürs warme Klima und für heiße Sommer.“ dpa