Braunschweig. Die ersten Ukrainer sind in der Notunterkunft in der Stadthalle angekommen. Die Belegung von Sporthallen steht noch nicht zur Debatte.

Die Bauabnahme war um 15.30 Uhr beendet. Direkt danach folgte ein informeller Rundgang von Oberbürgermeister Torsten Kornblum mit zwei seiner Dezernenten, der Feuerwehrspitze, dem Stadthallen-Chef und Pressevertreter durch die kurzfristig als Notunterkunft hergerichteten Räume der Stadthalle. Als Organisator vor Ort beantwortete Brandoberamtsrat Bernd Matthias Uster alle Fragen.

Und schon um 16.35 Uhr wurde die Meldung durchgegeben, dass die ersten Geflüchteten aus der Ukraine vor dem Eingangsbereich zum Congress-Saal stehen. Denn dort sowie im Mittelfoyer der Stadthalle wurden Schlafbereiche eingerichtet. Die tags zuvor angekündigte Zusatzfunktion der Stadthalle als Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge wurde also bereits am Mittwochnachmittag in Betrieb genommen – und wie es scheint, keine Stunde zu früh.

Eine Hausarzt-Sprechstunde ist im Gespräch

In Windeseile haben die Berufsfeuerwehr sowie die Hilfsorganisationen Rotes Kreuz, Malteser, Johanniter Unfallhilfe und Arbeiter-Samariter-Bund im Auftrag der Stadtverwaltung zunächst 173 Feldbetten aufgestellt und auch ebenso viele Einmal-Decken und -Kissen bereitgelegt. Bei Bedarf kann schnell auf 200 Betten aufgestockt werden.

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Ebenso wurden Sanitär- und medizinische Bereiche vorbereitet. Kleinere Notfälle oder auf der Flucht zugezogene Wunden können dort durch Notfallsanitäter und weiteres medizinisches Personal behandelt werden. Auch eine Hausarzt-Sprechstunde ist im Gespräch.

173 Feldbetten haben Berufsfeuerwehr, Rotes Kreuz, Malteser, Johanniter Unfallhilfe und Arbeiter-Samariter-Bund aufgestellt. Bei Bedarf kann schnell auf 200 Betten aufgestockt werden.
173 Feldbetten haben Berufsfeuerwehr, Rotes Kreuz, Malteser, Johanniter Unfallhilfe und Arbeiter-Samariter-Bund aufgestellt. Bei Bedarf kann schnell auf 200 Betten aufgestockt werden. © Bernward Comes

Alle Geflüchteten werden auf Corona getestet

Die neu angekommenen Ukrainer werden von den Hilfsorganisationen auf dem Parkplatz neben dem Eingang zum Congress-Saal zunächst auf eine Coronainfektion getestet – zunächst mit einem Schnelltest und bei positivem Ergebnis auch gleich mit einem PCR-Test. So soll verhindert werden, dass die Stadthalle zu einem Hotspot wird. „Wer an Corona erkrankt ist, wird anderweitig untergebracht, wir verhandeln gerade mit Hotels“, sagt Sozialdezernentin und Ukraine-Krisenstabs-Leiterin Christine Arbogast.

Tiere dürfen übrigens nicht mit in die Notunterkunft gebracht werden. Sie werden aber vor der Stadthalle von Hilfskräften aufgenommen und betreut. So müssen zum Beispiel geflüchtete Kinder und Jugendliche auf ihren Hund oder ihre Katze nicht länger verzichten und können sich außerhalb der Stadthalle um sie kümmern.

Planungen für den Personal-Einsatz der nächsten Tage werden direkt vor Ort gemacht.
Planungen für den Personal-Einsatz der nächsten Tage werden direkt vor Ort gemacht. © Bernward Comes

Auch Busse mit Geflüchteten werden an der Stadthalle erwartet

„Wie viele Menschen wann kommen werden, ist nach wie vor völlig unklar“, sagt Arbogast. Das liegt auch daran, dass die Ukrainer als Europäer anders als vor einigen Jahren die Syrer kein Visum benötigen, um einzureisen.

Außerdem sind die Routen andere: Manche kommen mit der Bahn, werden über das Drehkreuz am Messebahnhof Hannover-Laatzen nach Braunschweig weitergeleitet, andere sind mit dem eigenen Auto unterwegs, wieder andere haben Mitfahrgelegenheiten und steigen hier aus. Auch ganze Busse mit Geflüchteten werden an der Stadthalle erwartet und sind auch schon angekündigt.

Oberbürgermeister Kornblum betont: „Die Stadthalle als Notunterkunft soll keine längerfristige Lösung sein, sondern den Menschen nach langer Flucht ein erstes Dach über dem Kopf geben.“ So sind, anders als in den Flüchtlingsunterkünften 2015/16, keine Wände eingezogen.

Die Feldbetten, die erst 2021 zur Katastrophenvorsorge angeschafft worden waren, stehen daher recht dicht. „Privatsphäre gibt es kaum“, räumt Brandoberrat Sebastian Damm, ranghöchster Vertreter der Feuerwehr vor Ort, ein. Aber es ist ein sicherer, warmer Platz zum Schlafen und um zur Ruhe zu kommen.

Sebastian Damm von der Feuerwehr zeigt die Zellstoff-Bettdecken, die verteilt werden.
Sebastian Damm von der Feuerwehr zeigt die Zellstoff-Bettdecken, die verteilt werden. © Bernward Comes

Belegung von Sporthallen steht noch nicht zur Debatte

Arbogast erklärt: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Geflüchteten schon nach ein paar Tagen in anderen Immobilien oder Hotelzimmern unterzubringen. Wir stehen in Verhandlungen.“ Zudem gibt es die Wohnungsvermittlung für privat zur Verfügung gestellte Unterkünfte in der DRK-Kaufbar.

W-Lan, um übers Smartphone mit den Verwandten Kontakt zu halten und Nachrichten zu lesen, sowie Strom, um Handyakkus aufzuladen, stehen in der Stadthalle zur Verfügung. „Wir profitieren bei der Organisation von unseren Erfahrungen 2015/16“, erläutert Erster Stadtrat und Feuerwehrdezernent Christian Geiger.

Die Hoffnung der Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung ist, im Gegensatz zu der damaligen Flüchtlingswelle wegen des Kriegs in Syrien diesmal auf die Belegung von Sporthallen verzichten zu können. „Turnhallenbelegung wäre durchaus noch eine Option, wenn sich die Lage dramatisch verschärft“, betont Arbogast, doch das stehe aktuell noch nicht zur Debatte.

Katastrophenschutz sorgt für Frühstück, Mittagessen und Abendbrot

Die Notunterkunft Stadthalle wird zunächst bis einschließlich Sonntag von 21 hauptamtlichen Feuerwehrleuten in drei Schichten sowie den Hilfsorganisationen mit deren ehrenamtlichen Helfern organisiert. Frühstück, Mittagessen und Abendbrot für die Geflüchteten werden so lange vom Einsatzzug Sanität und Betreuung des Katastrophenschutzes zubereitet, dafür werden sie auch die Küche der Stadthalle nutzen.

Bernd Matthias Uster (Feuerwehr, von links), Sozialdezernentin Christine Arbogast (Leiterin des Arbeitsstabes Ukrainehilfe), Sebastian Damm (Feuerwehr), Oberbürgermeister Thorsten Kornblum und Feuerwehrdezernent Christian Geiger führen durch die Räume.
Bernd Matthias Uster (Feuerwehr, von links), Sozialdezernentin Christine Arbogast (Leiterin des Arbeitsstabes Ukrainehilfe), Sebastian Damm (Feuerwehr), Oberbürgermeister Thorsten Kornblum und Feuerwehrdezernent Christian Geiger führen durch die Räume. © Bernward Comes

Ab Montag soll der Betrieb hauptamtlich organisiert werden, etwa über eine oder mehrere Hilfsorganisationen. „Das wird gerade noch geklärt“, so Krisenstabs-Leiterin Arbogast. „Feuerwehr und Ehrenamtliche von DRK, Maltesern, Johannitern und ASB springen dann nur noch ein, wenn Not am Mann ist“, so Erster Stadtrat Geiger.

Impfzentrum kann weiter in der Stadthalle betrieben werden

In der Stadthalle ist der Betrieb im Großen Saal und in den Foyers mit Gerichtsverhandlungen, Bezirksratssitzungen und Impfzentrum durch die Notunterkunft nicht betroffen – die Stadthalle hat mehrere Eingänge. Der für die Geflüchteten befindet sich an der Ottmerstraße.

„Ganz wichtig ist, dass Ehrenamtliche nicht zur Stadthalle kommen, um ihre Dienste anzubieten“, betont Kornblum. „Sie können sich in der Freiwilligenagentur registrieren lassen.“ Auch Sachspenden sollen keinesfalls in der Stadthalle abgegeben werden – das störe den Betrieb und sei auch logistisch nicht zu bewerkstelligen.

Wie Sie spenden und helfen können, erfahren Sie hier ausführlich.

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