Hamburg. Die neuen Varianten der Abgasnorm Euro 6 sollen Fahrzeugherstellern das Tricksen deutlich erschweren.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen oft weit auseinander, das hat zuletzt der Dieselskandal eindrucksvoll gezeigt. Viele Werte, die Fahrzeuge angeblich einhalten, werden auf der Straße zum Teil dramatisch überschritten. So ist es nicht nur bei den – die Atemwege schädigenden – Stickoxiden (NOx), sondern auch bei den Angaben zum Spritverbrauch und damit zum CO2-Ausstoß.

Lange hat die Europäische Union, die für Normen zuständig ist, toleriert, dass Fabelwerte nur in Laboren erreicht werden – und das auch noch unter Bedingungen, die man schlicht „Betrug am Kunden“ hätte nennen müssen. Damit ist nicht nur eine Software gemeint, die den Test als solches erkennt und die Motorsteuerung dann besonders sparsam oder schadstoffarm einstellt, sondern auch die Tatsache, dass es bislang erlaubt war, mit 4 bar Reifendruck, abgeklemmter Lichtmaschine und abgeklebtem Kühlergrill anzutreten. Die simulierte Prüfstrecke des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ist zudem nicht gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie den Alltag eines Autofahrers auch nur annähernd korrekt abbildet.

Zum 1. September werden nun einige Normen verändert, und erstmals wird es dann auch für neu zertifizierte Fahrzeuge (also ganz neue Automodelle) Kontrollmessungen auf der Straße geben. Die Abgasnorm Euro 6 wird in der Folge deshalb unterschieden in Euro 6c, Euro 6dTEMP und später Euro 6d, was für die Autofahrer leider ziemlich verwirrend klingt. Zunächst einmal wird dabei der NEFZ durch den weltweit gültigen Zyklus WLTP ersetzt. Dieser gilt als wesentlich dynamischer und umfasst deutlich mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge als sein Vorgänger – was sich auch auf die Verbrauchswerte auswirkt. Schon 2016 schrieb das Fachblatt „Auto, Motor und Sport“: „Bei Peugeot liegen die WLTP-Werte 1,8 bis 2,7 Liter über den NEFZ-Angaben. Opel gibt eine Spanne an, die bis zu 4,4 Liter über dem Normverbrauch liegt.“ Für Benziner verschärft wird zudem der erlaubte Partikelausstoß. Künftig werden deshalb fast alle neuen Benziner einen Partikelfilter bekommen – Diesel haben diesen ja schon.

Bis 2020 ändern sich die Grenzwerte im Labor nicht

Abgesehen vom Zyklus und den Benziner-Partikeln bleiben die Prüfstand-Grenzwerte für beide Antriebe jedoch bis 2020 auf dem Stand von heute. Diesel dürfen also weiterhin mehr Stickoxide emittieren, Benziner mehr Kohlenmonoxid. Neu ist, dass künftig zusätzlich gemessen wird, wie die Werte im Realbetrieb, also auf der Straße, aussehen. Unter Euro 6dTEMP dürfen Benziner und Diesel auf der Straße 210 Prozent des NOx-Grenzwertes ausstoßen, unter Euro 6d (ab Januar 2020 gültig) immerhin noch 150 Prozent. Bei den Partikeln sind ebenfalls 150 Prozent erlaubt.

Wer wissen will, was aktuelle Modelle auf die Straße blasen, findet beim ADAC eine Liste im Internet, das Stichwort lautet „Eco Test“. Bester Diesel dort ist zurzeit der Mercedes E 220 d.