Braunlage. Jan Bönning, Trainer des Regionalligisten Harzer Falken, spricht über personelle Entwicklungen, seine Zukunftsplanung und einen Sibirien-Trip.

Im Braunlager Wurmbergstadion ist es bisweilen schon ziemlich frisch. Aber das, was Jan Bönning vor einigen Wochen erlebte, hatte dann doch eine andere Dimension. Der Trainer der Harzer Falken bekam am eigenen Leib zu spüren, was es bedeutet, wenn das Thermometer bis auf minus 33 Grad Celsius sinkt.

Wie es dazu kam? Bönning reiste nach Sibirien, genauer gesagt in die Nähe von Irkutsk, Heimat seiner Frau Natalia. Die beiden haben im vergangenen Oktober geheiratet, jetzt war ein Besuch bei ihren Eltern fällig. Bei der Anreise, die unter strengen Hygienevorschriften verlief, gab es eine Zwischenlandung auf einem russischen Regionalflughafen. Der Falken-Coach verließ das Flugzeug und sprintete 800 Meter bei eben jenen 33 Grad minus ins Terminal. Dort erklärte man ihm zehn Minuten später, dass er auch in der Maschine hätte bleiben können. Also ging’s wieder 800 Meter in der Eiseskälte zurück.

Reise eine Ausnahme

Die Russlandreise war nur möglich, weil wegen der Covid-19-Pandemie in der Eishockey-Regionalliga Nord der Spielbetrieb ruhte. Inzwischen ist die Saison abgebrochen, auch wenn der Niedersächsische Eissport-Verband dieses noch nicht offiziell kundgetan hat. Natürlich hätte Bönning gern hinter der Bande gestanden, so aber kam er zum „ersten Winterurlaub nach zehn Jahren“ – der womöglich für mindestens einen eben so langen Zeitraum auch der letzte gewesen sein könnte.

Denn in den nächsten Jahren sollen die Winter wieder ganz dem Eishockey gehören. Wieder mit Jan Bönning auf der Falken-Bank? Gespräche habe es noch nicht gegeben, sagt der 29-Jährige, der sich aber einen Verbleib im Harz sehr gut vorstellen kann. „Ich fühle mich wohl in Braunlage, aber ich will auch keine Versprechen abgeben.“ Ohnehin müsse der Verein erst einmal erklären, ob er mit ihm weitermachen wolle.

Eishockey nach der Pandemie

Er sei zudem gespannt, wie die deutsche Eishockey-Landschaft in Post-Pandemiezeiten aussehe. Überstehen alle Profiklubs die derzeitige Saison ohne Zuschauereinnahmen? Und wird vielleicht wieder einmal die Ligenstruktur geändert, weil Vereine einen Schritt, sprich eine Klasse zurückgehen, um sich zu konsolidieren? Das sind Fragen, die sich Bönning stellt, auch wenn er erst einmal davon ausgeht, dass die Falken in der Saison 21/22 in der Regionalliga Nord auflaufen werden.

Mit welchem Personal das geschieht, ist noch nicht abzusehen. So hatten die Harzer für die Serie 2020/21 schon drei, nicht namentlich genannte Kontingentspieler unter Vertrag, die dann aus den bekannten Gründen gar nicht erst kamen. Dass sie nun automatisch in der kommenden Spielzeit bei den Falken anheuern, ist fraglich.

Ein Beispiel: Einer von ihnen, ein Kanadier, spielt inzwischen bei einem deutschen Oberligisten und sammelte dort Punkt auf Punkt. Ein künftiges Engagement in der Regionalliga scheint da schwer vorstellbar. Ohnehin, so Bönning, müsse der Verein bei der Auswahl der künftigen Kontingentspieler darauf achten, welche Rahmenbedingungen herrschen.

Verschiedene Schicksale

Und wer bleibt vom bisherigen Stamm? Immerhin sind die Falken-Spieler bis auf drei Wochen Training im Oktober inzwischen fast ein Jahr ohne Eiskontakt, da könnte der eine oder andere vielleicht ans Aufhören denken. „Von Abschiedsgedanken habe ich persönlich noch nichts gehört“, sagt Bönning, allerdings sei der Kontakt zu den Spielern zurzeit eher lose. Es gebe zudem „unterschiedliche Schicksale“ im Team. Spieler wie Erik Pipp, Nico Ehmann oder Richard Zerbst sind an Braunlage gebunden und auch beruflich abgesichert. Andere wie zum Beispiel der als Neuzugang vorgestellte Lukas Bitomsky, der vom Eishockey lebt, sitzen derzeit zwischen allen Stühlen.

Viel Ungewissheit also, was auch für die Vorbereitung auf die kommende Saison gilt. Normalerweise reichen vier bis fünf Wochen, um die Spieler fit zu bekommen, aber ob das auch diesmal der Fall ist, kann Bönning nicht abschätzen. „Und es wird auch keinen anderen Trainer geben, der da Erfahrungswerte hat.“ Auf jeden Fall, sagt der Falken-Coach, werde er nach so einer langen Pause mehr Wert auf Regeneration legen.