Der Ausnahmezustand in Spanien wurde wegen des Coronavirus verlängert. Und es könnte alles noch schlimmer werden, warnt der Premier.

Madrid. Spanien befindet sich derzeit in der dramatischsten Situation seit dem Bürgerkrieg“, sagte Regierungschef Pedro Sánchez am Wochenende. Der Bürgerkrieg tobte von 1936-1939 und hinterließ hunderttausende Tote auf den Schlachtfeldern.

Auch Spaniens Generalstabschef Miguel Ángel Villarroya, dessen Männer gerade im Madrider Messepalast ein Feldlazarett mit 5500 Betten aufbauen, schlug martialische Töne an und sprach von einem „Krieg“ der Nation gegen das Coronavirus.

Sánchez stimmte die Spanier derweil darauf ein, dass der Höhepunkt der Corona-Epidemie noch nicht erreicht ist. „Das Schlimmste kommt noch“, prophezeite der Premier, dessen Ehefrau Begoña Gomez positiv getestet wurde. Das Virus breite sich weiter unkontrolliert im ganzen Land aus. „Wir müssen uns auf sehr harte Tage vorbereiten.“

Spanien verlängert wegen Coronavirus Ausnahmezustand

Und zwar nicht nur, weil bisher in Spanien kein Ende des Corona-Dramas mit immer Erkrankungen und Todesfällen absehbar ist. Sondern auch, weil der Ausnahmezustand und die Ausgangssperre im ganzen Land nun bis wenigstens Ostern verlängert werden soll. Dies werde die Regierung die kommenden Tage beschließen, kündigte Ministerpräsident Sánchez an.

Der Ausnahmezustand trat am 15. März und zunächst für vierzehn Tage in Kraft. Mit der Verlängerung wird der Notstand bis mindestens 12. April, Ostersonntag, gelten. Nur zum Lebensmittelkauf oder zum Erreichen des Arbeitsplatzes dürfen die Menschen derzeit noch raus. Bei einer weiteren Zuspitzung der Lage wird seitens der Regierung auch die Schließung aller nicht existentiellen Produktionsstätten erwogen, so wie es in Italien am Wochenende verfügt wurde.

Bis zum Sonntagmittag stieg die Zahl der von den spanischen Behörden gemeldeten Infektionsfälle auf 28.600 – am stärksten betroffen sind die Regionen Madrid und Katalonien. Hinzu kommt eine sehr hohe Dunkelziffer, die sich auf ein Vielfaches der offiziellen Angaben belaufen könnte. Denn schon seit Wochen werden Verdachtsfälle mit leichten Symptomen nicht mehr getestet und somit auch nicht mitgezählt. Hintergrund: Coronavirus Spanien – Proteste auf Balkonen, Forderungen an König Felipe.

Auch die Zahl der Verstorbenen klettert immer höher: Bis Sonntag wurden 1720 Tote registriert, bei denen das Virus Sars-CoV-2 nachgewiesen wurde. Ein Anstieg um 400 Fälle innerhalb von 24 Stunden. Die meisten Todesopfer gehören der älteren Generation an und hatten Vorerkrankungen, die zum Beispiel den Kreislauf, die Lungen oder das Immunsystem bereits geschwächt hatten.

Coronavirus: Spanien will mehr testen

Sánchez versprach am Wochenende, dass die bisher unzureichende Testkapazität in Spanien vervielfacht werden soll. Die Regierung habe hunderttausende Virus-Testkits gekauft, die von kommender Woche an bereitstehen sollen. Bisher bestand ein derart großer Mangel an Testmaterial, dass nicht einmal Risikopersonen wie etwa Ärzte und Pfleger durchgängig getestet werden konnten.

Auch Schutzausrüstung, die ebenfalls in vielen Krankenhäusern Mangelware ist, sollen nun in großem Stil gekauft werden: Gesichtsmasken, Schutzbrillen, Handschuhe. Der bisherige Mangel sorgte bereits für Riesenprobleme: Rund zehn Prozent aller Corona-Kranken gehören zum Personal von Krankenhäusern und Altenheimen. Unter dem Strich sind bereits knapp 3000 Mitarbeiter des Gesundheitssektors wegen der Virusinfektion ausfallen.

Gesundheitssystem droht Kollaps

Immer mehr Hilferufe kommen aus Spaniens Krankenhäusern, die in den letzten Jahren unter einem massiven Sparkurs samt Bettenabbau litten, was sich nun rächt. „Die Situation ist brutal“, berichtet eine Madrider Krankenschwester. „Wir sind überfüllt.“ Lesen Sie hier: Spaniens Gesundheitssystem droht wegen Coronavirus der Kollaps.

Und eine Pflegekollegin aus Barcelona schreibt in einem offenen Brief: „Dies ist wie der Dritte Weltkrieg, in dem wir als Soldaten in erster Linie stehen.“ Aber ein Kampf, in dem man keine Kugeln oder Granaten brauche, sondern vor allem Betten, Beatmungsgeräte und Schutzkleidung. (ze)