Der Deutschen Bahn droht ab Sonntagabend ein Mega-Streik. Mit einem Eilantrag beim Arbeitsgericht will der Konzern dies nun verhindern.

  • Bei der Deutschen Bahn könnte es ab Sonntag zu einem 50-stündigen Mega-Streik kommen
  • Mit einem Eilantrag beim Arbeitsgericht will die Bahn dies verhindern
  • Die Gewerkschaft hält an den Streik-Plänen fest

Letzte Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft um eine Aussetzung des angekündigten Warnstreiks sind gescheitert. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest. Das teilte die Gewerkschaft am Freitag mit. Damit sind die Beschäftigten weiterhin aufgerufen, von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, die Arbeit niederzulegen und so den Bahnbetrieb lahmzulegen.

Die Deutsche Bahn versucht nun, juristisch gegen die Arbeitsniederlegung vorzugehen. Der Konzern teilte am Samstagmorgen mit, dass er einen entsprechenden Eilantrag beim Arbeitsgericht in Frankfurt am Main eingereicht habe. „Dieser Schritt ist im Interesse der Kundinnen und Kunden jetzt geboten“, teilte die DB mit. Der Eilantrag sei eingegangen, bestätigte das Gericht der Deutschen Presse-Agentur. Die Verhandlung beginne um 12.00 Uhr.

Das Unternehmen hatte bereits am Donnerstag angekündigt, dass im Streikfall für den betreffenden Zeitraum der komplette Fernverkehr eingestellt werde, auch die Regionalzüge werden voraussichtlich fast alle ausfallen.

„Wir waren zu Kompromissen bereit, um den angekündigten Warnstreik auszusetzen und in die Verhandlungen einzutreten. Die DB AG setzt stattdessen lieber auf Spaltung und nimmt dafür die Fahrgäste in Geiselhaft“, teilte die EVG zu ihrer Entscheidung mit. Die Bahn hielt dagegen, dass sie „bis zur letzten Minute alles versucht“ habe, den Streik noch abzuwenden. „Wir sind nochmal auf die EVG zugegangen und haben bekräftigt, dass es am Thema Mindestlohn nicht scheitern wird. Wir wollen eine Lösung“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler.

Verhandlungen über EVG-Streik: Parteien hatten sich eigentlich „angenähert“

Am Donnerstagabend hatten sich beide Parteien dem Vernehmen nach zunächst angenähert. Die Deutsche Bahn sah die Forderungen der EVG als erfüllt an. Die EVG müsse den Streik nun absagen, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler am späten Donnerstagabend.

Die EVG sah das offenbar anders. „Wir haben die Bahn zwar zu Gesprächen gebracht. Aber als der Schlüssel zur Lösung schon auf dem Tisch lag, hat sie einen Rückzieher gemacht“, sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. Er nannte den Vorschlag der Bahn ein „Scheinangebot".Mit dem bundesweiten Warnstreik will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeberseite im laufenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnbetrieben erhöhen.

EVG-Streit mit der Deutschen Bahn: „Arbeitgeber lassen uns keine andere Wahl“

„Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt“, teilte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag mit. „Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen“, hieß es von Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Die Deutsche Bahn hat den Streik scharf kritisiert. „Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen“, erklärte Personalvorstand Seiler am Donnerstag. Statt Kompromisse zu suchen, wolle die EVG das Land „unglaubliche 50 Stunden lahmlegen“. Das sei ein Vollstreik ohne Urabstimmung und Millionen Reisende seien davon betroffen. Die Bahn zog Konsequenzen und kündigte an, den Fernverkehr für die Dauer des Streiks vollständig einzustellen.

Der Warnstreik soll von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, dauern.
Der Warnstreik soll von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, dauern. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Deutsche Bahn: Gewerkschaft will mindestens 650 Euro mehr

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

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Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

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Bahn-Streik: Arbeitgeber-Angebot kann bislang nicht überzeugen

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

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Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die 12 Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.

„Wir haben die Türen sperrangelweit aufgemacht, aber die EVG bleibt vor der Türe stehen“, erklärte DB-Personalvorstand Seiler. „Sie will partout nicht verhandeln und stattdessen ein Tarifdiktat durchsetzen.“

Betroffenen Reisenden sagte die Bahn umfangreiche Kulanzregelungen zu. Das Unternehmen will zudem so schnell und umfassend wie möglich über die Auswirkungen des Streiks informieren. (lro/mja/dpa)