Berlin. In zwei bayerischen Landkreisen wurde ein Bär von einer Wildtierkamera erfasst. Ist er für Menschen gefährlich? Das sagen Experten.

Geahnt hatte man es schon länger, auch wegen der dicken Tatzenspuren im Schnee. Jetzt der Beweis auf gleich mehreren Wildkameras: Es ist mindestens ein Bär in Bayern unterwegs. Da kann der noch so nett schauen. Er lässt doch gleich an Probleme denken. Und an das Drama jüngst im Trentino, als ein junger Jogger von Bärin Gaia getötet wurde.

Experte warnt: Bär in Bayer gefährdet Sicherheit von Mensch und Tier

Im Kreis Traunstein, wo eine Kamera am Sonntag einen Bären aufgenommen hatte, schlugen die Wellen hoch. Der Bär sei eine Gefahr, meinte Landrat Siegfried Walch (CSU). "Ein Nebeneinander von großen Beutegreifern und Weidehaltung ist schlicht und ergreifend nicht möglich." Walch warnte: "Wenn ein Bär bei uns in der Region heimisch wird, ist das eine Gefahr für die Sicherheit von Mensch und Tier." Und er deutete auch die Möglichkeit eines Abschusses an. "Wir werden umgehend die rechtliche Situation prüfen, ob und ab wann eine Entnahme geboten ist."

Abschuss, Einsperren oder freies Leben – zwischen diesen Polen bewegt sich die Debatte schnell, wenn es um den Bären geht. Felix Hälbich vom BUND bringt Zäune ins Spiel. "Der Bär ernährt sich zu 75 Prozent vegetarisch und stellt keine große Gefahr für Weidetiere dar. Elektrische Schutzzäune, die für die Wolfsabwehr aufgestellt werden, funktionieren auch beim Bär. Hier muss lediglich die Stromspannung erhöht werden", so Hälbich gegenüber dieser Redaktion.

Kein auffälliges Verhalten des Tieres erkennbar

In Bayern ist man elektrisiert. Erst im April wurden im Kreis Rosenheim auf einer Alm von einem Bären gerissene Schafe gefunden. Nachdem am Sonntag dann der Bär in Traunstein erfasst wurde, folgte am Montag gleich die nächste Sichtung: Eine Wildkamera im Landkreis Berchtesgadener Land nahm ebenfalls einen Braunbären auf. Ob es sich bei den Sichtungen um denselben Bären handelt, ist noch unklar.

"Das Tier in Traunstein hat bisher keinerlei auffälliges Verhalten gezeigt", sagt Hälbich. "Der Bär ist für den Menschen im Normalfall nicht gefährlich. In Slowenien laufen hunderte Bären herum und es passiert nichts." Allerdings sagt Hälbich auch: "Wird ein Bär auffällig und geht von ihm Gefahr aus, dann ist auch der BUND selbstverständlich dafür, dass er entnommen, also abgeschossen oder gefangen, wird."

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Eine Wildtierkamera hat ein Bild des Bären aufgenommen.
Eine Wildtierkamera hat ein Bild des Bären aufgenommen. © Privat | Privat

Das war Brunos Schicksal, der als erster Bär seit 170 Jahren nach Bayern gewandert war und Schafe riss. 2006 wurde er erschossen. Doch bei Bruno sei die Lage eine ganz andere gewesen. "Er war neu in dem Gebiet", so Hälbich. "Er kannte sich nicht aus und ist dann in die Ställe eingebrochen. Er hatte keinen wirklichen Abstand zu den Menschen. Die Situation haben wir aber jetzt nicht in Bayern. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung."

Seit 1999 etwa wurden einige Bären-Exemplare im Rahmen eines großen Auswilderungsprogramms in Norditalien angesiedelt. Seitdem wandern sie vielfach herum. Ihre Nachkommen gern über die Alpen, nach Österreich oder Bayern.

Getöteter Jogger in Norditalien: Beschuldigte Bärin ist unschuldig

Bruno, mit Beinamen JJ1, und Schwester Gaia JJ4 waren nicht die einzigen aus der Großfamilie, die für Panik sorgten. Auch Bruder JJ3 wurde 2008 erlegt, weil er wiederholt in Wohngebiete vordrang und Müllcontainer plünderte. Bereits zwei Mal hatte die Provinz Trentino die Tötung der Bärin angeordnet – doch die Entscheidung wurde von einem Gericht in Trient kassiert.

Ob es überhaupt JJ4 war, die den Jogger tötete? Der italienische Tierschutzverband Leal hat am Dienstag beim Verwaltungsgericht in Trient ein Gutachten zweier Veterinärmediziner eingereicht mit dem Ergebnis: JJ4 ist unschuldig. Der Abstand zwischen den Eckzähnen in den Bisswunden sei typisch für ein Bärenmännchen, hieß es. JJ4 soll endlich aus der Gefangenschaft befreit werden.

Auch in Traunstein und im Berchtesgadener Land ist noch vieles offen. Allein im April gab es in den nahen Landkreisen Miesbach und Rosenheim acht einzelne mögliche Bärenhinweise, so das Umwelt-Landesamt in Augsburg. Man fragt sich nicht nur dort: War es immer dasselbe Tier?