Berlin. Ein Seegras-Teppich bedroht die Küsten im Golf von Mexiko. Forschende warnen: Die harmlosen Pflanzen könnten zur Todeszone werden.

Im Atlantik braut sich was zusammen. Seit Tagen berichten US-Medien über einen gigantischen Seegras-Teppich, der sich auf den Golf von Mexiko und damit auf die Küste Floridas zubewegt. Über 5000 Meilen erstreckt sich der „seaweed blob“, mehr als 8000 Kilometer, von Afrika bis in den Golf. Er ist damit fast doppelt so breit wie die USA (zirka 4500 Kilometer). Das prinzipiell harmlose Seegras könnte zur Gefahr werden, warnen Experten – nicht nur der schieren Masse wegen.

Das sogenannte Sargassum – eine knapp 300 verschiedene Arten umfassende Gattung der Braunalgen – bildet, einmal angespült, eine faulige übelriechende braune Masse an den Stränden. Die verrottet in der Sommersonne und stößt dabei giftige Dämpfe aus, die bei Menschen Atemwegsprobleme auslösen können, beschreiben Forschende in der „New York Times“ das Problem.

USA: Seegras-Teppich bedroht den Tourismus

Vom Gestank ganz zu schweigen. So penetrant nach faulen Eiern riecht die Masse, dass in manchen Jahren Mexikos Militär ausrückt, um Strände von ihr zu befreien. Wo es stinkt, bleiben Badegäste weg und darunter leidet der Tourismus in der Golfregion.

Die Forschenden rechnen damit, dass die Strände ab Juli voll sind mit dem Seegras, mitten in der Hochsaison. „Es sieht nicht gut aus für saubere Strände dieses Jahr“, sagte Brian Lapointe, Sargassum-Experte von der Florida Atlantic Universität, der NYT.

Weil Sargassum zudem Arsen enthält, lässt es sich Lapointe zufolge nicht als Dünger auf den Feldern verteilen. Das giftige Halbmetall könnte sich in der Nahrungskette anreichern und dem Menschen gefährlich werden. So bleibt nur die Entsorgung, die Küstengemeinden in der Golfregion und Karibik Millionen von US-Dollar kostet.

Ein Arbeiter säubert die Playa del Carmen in Mexiko von Seegras (Archivbild, 2022).
Ein Arbeiter säubert die Playa del Carmen in Mexiko von Seegras (Archivbild, 2022). © IMAGO / NurPhoto

Dünger könnte Algenblüte befeuern

Unklar ist bislang, warum die Algen diese Saison so massiv blühen. Die Blüte scheint mit dem Abfluss großer Flüsse wie dem Mississippi, dem Kongo und dem Amazonas zusammenzufallen. Die Wassermassen spülen im Frühjahr Düngemittel, Phosphor und Nitrate, in den Atlantik.

Dies könnte die Algenblüte befeuern, glaubt Lapointe, zusammen mit Nährstoffen aus anderen Quellen, etwa Brandrodung. „Die Blüte wird größer und größer“, sagte er der NYT. „Dieses Jahr sieht es so aus, als ob es ein Rekordjahr werden könnte.“

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Teppiche bilden wertvollen Lebensraum

Aus den über 300 Sargassum-Arten sind zwei im Atlantik besonders vorherrschend. Sargassum natans und Sargassum fluitans bilden laut dem Seegras Informations-Zentrum die großen braunen Teppiche, die von gasgefüllten Blasen Auftrieb erhalten. Der unter anderem von der EU und der Universität Südflorida betriebene Internetseite zufolge, stellen die Teppiche Habitate für viele verschiedene Tierarten dar.

Fische, Krabben, bedrohte Schildkröten und Seevögel finden hier Nahrung und Nist- und Legeplätze. Auch der Mensch profitiert von den Teppichen, denn unter den Tieren sind mit Pferde-, Bernstein- und Goldmakrele für den Fischfang wichtige Fische.

Bei der Photosynthese setzen die Algen zudem Sauerstoff frei und binden CO2. Doch in den vergangenen Jahren wuchsen die Seegras-Teppiche so sehr an, dass sie dem Wasser jeden Sauerstoff entzogen. „Dann hat man das, was wir Todeszonen nennen“, sagte Lapointe dem Sender CNN.