Berlin. Laut einer Studie sind im Winter extrem viele Babys mit dem RS-Virus behandelt worden. DAK-Chef fordert Konsequenzen von der Politik.

Das RS-Virus ist besonders gefährlich für Kinder und Säuglinge. Daher sind die neue Zahlen einer Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit besorgniserregend: Demnach ist im Winter 2022 die Zahl der Klinikbehandlungen bei unter Einjährigen in Deutschland drastisch gestiegen.

Hochgerechnet auf alle in Deutschland lebenden Kinder mussten im vierten Quartal 2022 rund 17.000 unter Einjährige im Krankenhaus behandelt werden, wie die Analyse im Auftrag der DAK-Gesundheit ergab. Das seien fünfmal mehr als im gleichen Zeitraum 2018. Der Anteil auf den Intensivstationen sei um 350 Prozent gestiegen. Für die DAK-Sonderanalyse untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von rund 786.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren. Analysiert wurden die Jahre 2017 bis 2022.

RS-Virus: Während Corona steckten sich kaum Kinder an

Ein Grund für die hohen Zahlen sollen die Corona-Schutzmaßnahmen sein. Durch Schulschließungen und Kontaktverbote während der Corona-Pandemie hatten sich vorletzten Winter deutlich weniger Kinder mit RSV infiziert – das wurde dann im jetzt zu Ende gehenden Winter auf- und nachgeholt.

Die Saison 2020/21 für RS-Viren sei wegen der Schutzmaßnahmen nahezu ausgefallen, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Die Ergebnisse zeigen genau das, was wir in den Praxen erlebt haben.“ Der Ausfall der Welle 2020/21 und das zeitliche Vorziehen der sehr starken Welle 2021/22 zeigten, dass es erhebliche Nachholeffekte gab.

Ähnlich sieht das Johannes Liese, Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg. Durch die Schulschließungen und Kontaktverbote während der Corona-Pandemie hätten sich deutlich weniger Kinder mit RSV infiziert. „Das Aufholen beziehungsweise Nachholen dieser RSV-Infektionen nach Lockerung der Corona-Maßnahmen führte zu einem überaus starken Wiederanstieg an RSV-Erkrankungen in allen Altersgruppen“, sagte Liese.

RS-Virus: DAK-Chef fordert bessere Vorbereitung und Unterstützung durch die Politik

Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen. Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben.

DAK-Chef Andreas Storm mahnt eine Reaktion an. „Unsere Analyse zeichnet ein dramatisches Bild und macht deutlich: Es gibt einen akuten Handlungsbedarf der Politik“, sagte Storm. „Wir müssen im Klinikbereich und im ambulanten Sektor in Zukunft besser auf Infektionswellen vorbereitet sein. Es kann nicht sein, dass vorhandene Behandlungsplätze wegen Personalmangels nicht genutzt werden können. Das müssen wir künftig unbedingt vermeiden.“ (lro/dpa)