Berlin. Die EZB will die Inflation bekämpfen. Wo Verbraucher jetzt die höchsten Zinsen fürs Sparen und die günstigen Kredite erhalten können.

Die Europäische Zentralbank macht ihre Ankündigung wahr – und setzt die Leitzinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation auch im neuen Jahr fort. Die EZB erhöht bereits zum fünften Mal seit Juli 2022 ihren Leitzins um nunmehr 0,5 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent. Dies ist der höchste Stand seit 2008. Zum Vergleich: Die US-Notenbank Fed hatte ihre Leitzinsen am Mittwoch um je 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent erhöht. Was die Zinserhöhungen für die Verbraucher bedeuten.

Warum erhöht die EZB die Zinsen?

Als eines ihrer Hauptziele strebt die EZB eine Inflationsrate für den Euro-Raum von rund zwei Prozent an. Von diesem Ziel ist die Notenbank trotz rückläufigem Preisauftrieb jedoch mit 8,5 Prozent im Januar weit entfernt. Im Oktober 2022 war die Inflationsrate in den 20 Euro-Ländern auf ein Rekordhoch von 13,1 Prozent gestiegen – und fällt seither. In Deutschland kletterte die Inflation 2022 getrieben durch gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise auf ein Rekordhoch von 7,9 Prozent. Höhere Preise sind für alle Bürgerinnen und Bürger schlecht, da sie die Kaufkraft schmälern.

Mit ihren Zinserhöhungen will die EZB dazu beitragen, die Inflation abzuschwächen. Steigende Zinsen verteuern Investitionen und sollen die Nachfrage und den Preisanstieg bremsen, so die Theorie. Geldpolitische Maßnahmen wirken in der Regel erst mit Verzögerung nach etwa 18 Monaten. Einen direkten Einfluss auf die Preise können Notenbanken nicht nehmen.

Steigende Leitzinsen: Wie wirken sich diese auf Sparer aus?

Sparer bekommen endlich wieder Zinsen für ihr Geld auf Spar-, Festgeld- und Tagesgeldkonten. Die Zinssätze werden von jedem Geldinstitut eigenständig festgesetzt und liegen unterschiedlich hoch. Die Sparzinsen werden mit dem neuen Zinsschritt weiter steigen, meinen Experten. „Inzwischen zahlen deutsche Banken in der Spitze 3,2 Prozent Zinsen für Festgeld mit 2 Jahren Laufzeit“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer vom Vergleichsportal Verivox Finanzvergleich.

So zahlt die PEAC Bank, die in der deutschen Einlagensicherung ist, 3,2 Prozent. „Bei diesen Konditionen werfen 10.000 Euro über den gesamten Anlagezeitraum Zinserträge von insgesamt 650 Euro ab“. Banken mit Sitz im EU-Ausland bieten sogar bis zu 3,4 Prozent Zinsen.

Auch beim Tagesgeld ist seit Wochen eine Zins-Ralley zu beobachten. Neben Banken buhlen auch Broker und Versicherungen mit hohen Zinsen von 2 Prozent und mehr um Kunden. Allerdings sind die guten Konditionen oft an Bedingungen geknüpft. Teilweise gibt es die hohen Zinsen nur für einige Monate oder wenn die Kunden zugleich ein kostenpflichtiges Depot eröffnen, sagt Maier.

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So zahlt die Bank11 nur Neukunden den aktuell höchsten Zinssatz von 2,3 Prozent für Tagesgeld – allerdings nur für 6 Monate. Danach gelten wieder die deutlich niedrigeren Bestandskundenkonditionen von 0,5 Prozent. Das zinsstärkste Tagesgeldangebot für Neu- und Bestandskunden macht derzeit unter deutschen Geldinstituten die Ford Bank mit einem Zinssatz von 1,25 Prozent, so Verivox. Ausländische Banken zahlen in der Spitze 2,2 Prozent.

Gleichzeitig zahlen 63 Prozent aller Geldinstitute laut Verivox noch gar keine Zinsen für Tagesgeld. Dazu zählen vor allem örtliche Sparkassen und regionale Volksbanken.

Was empfehlen Verbraucherschützer?

Da nicht alle Geldinstitute die Sparzinsen erhöhen, empfehlen Verbraucherschützer allen Anlegern, den Markt zu beobachten und gegebenenfalls die Hausbank oder Haussparkasse wechseln. „Falls das eigene Institut weiterhin deutlich weniger als ein Prozent für Tagesgeld bietet oder schlimmstenfalls immer noch einen Habenzins nahe der Nulllinie, muss man das also nicht hinnehmen. Sondern kann einen Wechsel überlegen“, empfiehlt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW.

Zwei Prozent Zins auf dem Tagesgeldkonto seien eindeutig besser als beispielsweise 0,3 Prozent. Doch auch hier sei noch niemand auf der Gewinnerseite: „Bei einer Inflation von knapp acht Prozent macht man mit sicheren Geldanlagen auch dann ein reales Minus.“ Vor einem Bankwechsel sollte man jedoch prüfen, an welche bestimmten Bedingungen eine Geldanlage gebunden sind, und welche Einlagensicherung gilt.

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Wie teuer werden Kredite?

Wer Geld aufnehmen muss, ist im Nachteil. Ratenkredite werden immer kostspieliger– und haben sich im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um 51 Prozent verteuert. „Im Januar 2022 lagen die Ratenkreditzinsen im Marktdurchschnitt noch bei 4,98 Prozent und stiegen seitdem auf 7,54 Prozent“, ergab eine Auswertung von Verivox.

Da Kunden nach einem Zinsvergleich in der Regel die günstigeren Angeboten wählen, lag der mittlere Zinssatz der abgeschlossenen Kredite bei 6,04 Prozent – und damit aber immer noch mehr als doppelt so hoch als im Vorjahr mit 2,98 Prozent. „Bei diesen Konditionen beträgt die monatliche Rate für einen Kredit über 15.000 Euro mit 5 Jahren Laufzeit 289 Euro – 20 Euro mehr, als Kreditnehmer für den gleichen Kredit noch vor einem Jahr bezahlen mussten“, so Verivox. Ein Preisvergleich der Kreditangebote lohne sich deshalb mehr denn je.

Auch Dispozinsen werden immer teurer. „In den vergangenen Monaten erhöhten einige Banken die Zinssätze im Monatstakt, andere nahmen Änderungen in einzelnen größeren Schritten vor”, sagt Christian Nau, Geschäftsführer Girokonto bei Check24.

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Zinsen: Wie verteuert sich der Immobilienkauf?

Wer für einen Immobilienkauf einen Kredit aufnehmen will, muss tiefer in die Tasche greifen. „Die Darlehenszinsen steigen wieder leicht an und können sich in den kommenden Wochen den Höchstständen von vier Prozent aus dem Oktober 2022 nähern“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung bei Check24. Im vergangenen Jahr hatten sich die Bauzinsen bis Herbst bereits im Schnitt auf 3,1 Prozent verdoppelt.

„Im Jahresverlauf erwarten wir weiterhin eine hohe Volatilität bei den Zinssätzen. Schwankungsbreiten von bis zu 30 Basispunkten sind möglich.“ Auch hier sei der Angebotsvergleich zwischen den Banken sehr lohnenswert. Foitzek rechnet damit, dass im zweiten Halbjahr die Zinssätze den Höhepunkt erreichen und wieder leicht sinken werden.

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Welche Folgen drohen dem Arbeitsmarkt und der Konjunktur?

Steigende Zinsen dämpfen die Konjunktur. Denn Investitionen über Kredite werden auch für Unternehmen teurer. Bislang hat sich dies noch nicht negativ auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt. Der Fachkräftemangel bleibt hoch, viele Unternehmen können freie Stellen nicht besetzen. Die Bundesregierung erwartet für 2023 nur noch eine kurze Abschwächung der Konjunktur und rechnet für das Gesamtjahr mit einem kleinen Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,2 Prozent.