Rom. In Italien wird über die Abschaffung von schlechten Schulnoten diskutiert. Viele Politiker fordern Neuerungen im aktuellen Schulsystem.

Schlechte Noten? Nein Danke. Südtirols Schüler dürfen sich freuen, denn schon ab kommendem Schuljahr könnte es mit den richtig schlechten Noten vorbei sein. Der Südtiroler Bildungslandesrat Philipp Achammer hat mit seinem Vorstoß, Noten abzuschaffen, die schlechter als eine Vier sind, in Italien für großes Aufsehen gesorgt.

Im Land gilt ein Notensystem von Zehn bis Null. Eine Vier gilt als "schwer ungenügend", eine Sechs markiert den Beginn des positiven Bereichs und eine Zehn ist die Bestnote. Es gibt aber immer wieder Lehrer, die auch unter eine Vier gehen.

Achammer will im mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol gesetzlich eine neue Notenskala einführen. Er meint, die Erteilung schlechter Noten sei pädagogisch nicht sinnvoll, da man damit die Schüler demütige. Ziel der Benotung müsse, unabhängig vom Notensystem, eine qualifizierte Rückmeldung an die Schüler zu deren Leistung sein. Mehr zum Thema Bildung: Spahn fordert verpflichtende Deutschprüfung für Kita-Kinder

Schlechte Noten abschaffen? Südtiroler Vorschlag sorgt für Debatten

Italienweit ist durch Achammers Vorschlag eine heftige Diskussion über das Thema Noten entbrannt. "Wichtig ist, dass es ein seriöses Bewertungskriterium gibt, das Schülern und Lehrern dient, das Niveau der Vorbereitung und der Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt klar zu machen. Im Übrigen müssen wir gleichzeitig aufpassen, dass unsere Schüler nicht in Watte gepackt werden. Wenn wir sie nicht daran gewöhnen, mit Frustrationen umzugehen, schaden wir ihnen", sagte Unterrichtsminister Giuseppe Valditara.

Italien: Schulen sollen leistungsorientierter werden

Die Rechtsregierung von Premierministerin Giorgia Meloni will sich für mehr Leistungsorientierung im italienischen Schulsystem einsetzen. Das Bildungsministerium in Italien heißt seit dem Amtsantritt der neuen Rechtsregierung im Oktober "Ministerium für Schule und Verdienst". Damit signalisiert Meloni klar, dass Leistung künftig im italienischen Schulsystem mehr zählen soll. Bessere Schüler sollen mit Stipendien gefördert werden. Lesen Sie auch den Kommentar: Mangel an Fachkräften – Bildet die Erwachsenen weiter!

"Misserfolge sind Teil des Bildungsweges, schlechte Noten sind Teil des Wachstums. Schlechte Noten müssen als Mittel zur Verbesserung und nicht zur Ausgrenzung angesehen werden. Alles hängt hierbei von den Fähigkeiten des Lehrers ab, sie spielen eine wichtige Rolle", kommentierte der Bürgermeister von Neapel und ehemaliger Universitätsminister, Gaetano Manfredi. Die Qualität des Lehrers umfasse nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch die Fähigkeit, den Schüler wachsen zu lassen.

Achammer sieht der Diskussion gelassen entgegen. Seiner Ansicht nach sei es zu einem Missverständnis gekommen: "Es geht ja nicht darum, negative Noten generell abzuschaffen. Das wäre ja völlig stumpfsinnig." Die aktuelle Diskussion zeige aber, dass das Thema Benotung zu überdenken sei.

Italien: Lehrergehälter sollen angepasst werden

In Italien toben auch weitere Diskussionen rund um das Schulsystem. So hat sich Bildungsminister Valditara kürzlich dafür ausgesprochen, die Gehälter des Lehrpersonals je nach Lebensunterhaltungskosten in der entsprechenden Region anzupassen. Auch interessant: Bildung der Eltern entscheidet in Deutschland über Schulerfolg der Kinder

Die Lebensunterhaltungskosten sind im industriereichen Norden des Landes wesentlich höher als im Süden. "Damit könnten diejenigen, die in einer Region Italiens leben und arbeiten, in der die Kosten höher sind, mehr verdienen", argumentierte Valditara. Die italienischen Lehrer zählen zu den schlechtbezahltesten in Europa.

Der Minister sprach sich auch für private Formen der Finanzierung der staatlichen italienischen Schulen aus. "Das staatliche Schulsystem braucht neue Formen der Finanzierung, auch für die Gehälter der Lehrer, die regional differenziert werden könnten. Es ist notwendig, neue, experimentelle Wege der Synergie zwischen dem industriellen System, der Zivilgesellschaft und den Schulen zu finden, um die Bildung zu finanzieren", betonte er.

Um das Risiko zu vermeiden, dass viele Unternehmen nur in bestimmten Gebieten Schulen finanzieren, was zu unheilbaren Ungleichheiten führen würde, bestünde die Lösung laut dem Minister in der Schaffung eines zentralisierten und ministeriellen Ausgleichsfonds. Dieser würde es ermöglichen, mit den für ein Gymnasium in Mailand eingenommenen Mitteln auch ein Gymnasium oder eine Berufsschule in Palermo zu finanzieren.