Berlin. Jeder fünfte Deutsche ist schon mal fremdgegangen. Zwei Experten erklären, wie Sie herausfinden, ob Ihr Partner Ihnen gerade treu ist.

Sie liest einen Thriller, er scrollt durch sein Handy. Gemeinsam verbringen sie die Abendstunden im Bett. Die Seiten ihres Buches rascheln beim Umblättern, sie hört ihn atmen, er starrt immer noch auf sein Handy, plötzlich lacht er. "Was ist so witzig?", fragt sie. "Ach nichts", erwidert er. Sofort fragt sie sich: Verheimlicht er etwas?

Schon jeder fünfte Deutsche ist im Leben einmal fremdgegangen – das geht aus einer repräsentativen Parship-Umfrage hervor. Online finden sich viele Artikel über Anzeichen, an denen man erkennen soll, ob der Partner oder die Partnerin fremdgeht: Plötzlich kauft das Gegenüber neue Unterwäsche, verliert an Gewicht oder nimmt das Handy mit ins Badezimmer. Doch solche Beobachtungen können Zufall sein. Nicht sicherer als Kaffeesatz lesen. Und der erste Verdacht hat oft mehr mit einem selbst zu tun als mit dem Partner.

Zwei Paartherapeuten erklären, wie Sie herausfinden, ob ihr Partner oder ihre Partnerin Sie wirklich betrügt.

Untreue: Das können Anzeichen sein

Die Experten sehen unterschiedliche Anzeichen: Laut dem Diplom-Psychologen und Paartherapeuten Christian Hemschemeier ist das wichtigste Anzeichen das Bauchgefühl. "Unser Körper hat sehr feine Antennen. Wenn ich meinem Partner, meiner Partnerin, eigentlich vertraue, aber es sich plötzlich komisch anfühlt, sollte ich dem auf die Spur gehen. Andere Indizien könnten rapide Stimmungswechsel oder Verhaltensänderungen sein", so der Psychologe.

Hemschemeier hat in seiner langjährigen Praxiserfahrung "drei Stufen der Untreue" beobachtet: Die erste ist die emotionale und sexuelle Nähe zu einem Menschen außerhalb der Beziehung. Die zweite beschreibt das Verheimlichen und das Lügen über den Betrug. Und die dritte Stufe – innerhalb der Beziehung die schlimmste Stufe – "das Kompromittieren". Das meint das Fremdgehen mit dem besten Freund des Ehemannes im Ehebett oder eine Beziehung innerhalb der Familie: wie ein sexuelles Verhältnis mit der Schwester der Ehefrau.

Paartherapeutin Dr. Julia Weidenbach sieht das anders. "Wer nach Anzeichen sucht, sucht nicht nach Lösungen, sondern nach Problemen", betont sie. Für eine harmonische Beziehung sei Vertrauen und Augenhöhe wichtig. Wenn Missvertrauen auftauche, so Weidenbach, solle man sich erst einmal selbst fragen, woher dieses Gefühl komme und sich bewusst machen, was einen konkret störe.

Inzwischen schläft ihr Partner und nun hat sie Zeit sein Handy zu überprüfen - obwohl das keine gute Idee ist.
Inzwischen schläft ihr Partner und nun hat sie Zeit sein Handy zu überprüfen - obwohl das keine gute Idee ist. © IMAGO / Shotshop

Betrug in der Partnerschaft: So fragen Sie nach

Das Handy zu überprüfen, schützt nicht vor einem Treuebruch. Beide Experten sind sich einig: Wahre Gewissheit erlangt man nur im Gespräch. "Ohne Vorbereitung einfach nachfragen", rät Hemschemeier, "so erfährt man es direkt und der Partner oder die Partnerin hat keine Zeit, Lügen vorzubereiten." Weidenbach ergänzt, dass es wichtig sei, dem Partner zu erklären, woher dieses Gefühl komme und was man sich wünsche, um wieder zu einer Beziehung auf Augenhöhe zurückzukehren.

"Ein Vertrauensbruch ist immer möglich. Man muss damit leben, dass es keine Garantie gibt. Das liegt einfach im Wesen der Beziehung", so Weidenbach. Trotzdem gebe es einige Punkte, die die Wahrscheinlichkeit eines Betrugs in der Partnerschaft schmälern.

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    "Ein guter Match ist die beste Versicherung für Treue", betont Hemschemeier. Wichtig ist es für den Therapeuten, offen miteinander zu kommunizieren und Wünsche und Ziele als Einzelner und als Paar zu bereden. Denn Vorstellungen von Treue unterscheiden sich von Person zu Person. Für die einen beginnt das Fremdgehen schon beim Pornogucken, für andere bei versteckten und heimlichen Blicken. Auch sehen die Experten Unterschiede zwischen körperlichem und geistigem Fremdgehen: "Die meisten empfinden Sex und Knutschen als Fremdgehen. Es gibt aber auch ein emotionales Fremdgehen, indem zum Beispiel Geheimnisse nicht mit dem Partner oder der Partnerin, sondern mit einer anderen Person geteilt werden", erklärt der Psychologe. Wann eine Grenze erreicht sei, müsse jedes Paar für sich selbst definieren.

    Das offene Kommunizieren und das Eingestehen des Betrugs ist letztlich keine Garantie für das Fortbestehen der Beziehung – aber es könnte ein erster Schritt zu etwas Neuem sein, auch mit dem alten Partner. Denn Hemschemeier ist sicher: "Untreue kann auch ein Schrei nach Leben sein."

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