Rom. Schlag gegen die sizilianische Cosa Nostra: Die Polizei hat Mafiaboss Matteo Messina Denaro verhaftet – an einem ungewöhnlichen Ort.

Jahrelang war er "der Unsichtbare". 30 Jahre lang wurde er gesucht. Viele dachten, er sei längst tot. Am Montagvormittag haben Spezialkräfte der italienischen Polizei den meistgesuchten Mafioso Italiens verhaftet: Den Chef der sizilianischen Cosa Nostra, Matteo Messina Denaro.

Sie nahmen ihn im privaten Krankenhaus Maddalena in Palermo fest, wo er sich untersuchen lassen wollte. Laut den Ermittlern wurde er dort bereits seit einem Jahr wegen eines Tumors behandelt

Denaro leistete keinen Widerstand und wurde unter dem Applaus von Dutzenden Schaulustigen zu einer Polizeiwache gebracht, berichtet die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ auf ihrem Onlineportal. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach von einem „großen Erfolg des Staates, der zeigt, sich nie gegenüber der Mafia geschlagen zu geben“.

Italien: Mafia-Boss war Jahrzehnte auf der Flucht

Seit 1993 wurde Denaro polizeilich gesucht. Mindestens 50 Morde werden ihm zur Last gelegt. Den ersten soll der heute 60-Jährige mit 18 Jahren begangen haben. Unter anderem wird er als Mitverantwortlicher für die tödlichen Bombenanschläge auf die Mafia-Jäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Jahr 1992 gesehen. Auch galt er als Vertrauter der ehemaligen Bosse Bernardo Provenzano und Salvatore „Totò“ Rina.

Von Denaro gab es lediglich ein Phantombild aus den frühen 1990er-Jahren. In den Zeitungen erschienen die immer gleichen Fotos, die ihn als jungen Mann zeigen. Besonders berühmt ist ein Porträt mit Sonnenbrille.

Das Bild wurde mit einem Computer-Programm aktualisiert, das den Alterungsprozess bis ins Detail berücksichtigte. Im jüngsten Bild erscheint der genannte Mafia-Boss sichtlich gealtert und mit schütterem Haar.

Mafioso-Festnahme könnte ein Wendepunkt sein

Denaro gilt ein untypischer Boss. Er mag angeblich Kunst und Archäologie. In den vergangenen Jahren war er bei Razzien auf Sizilien nur knapp entkommen. Der Boss hatte die Organisation der Cosa Nostra nach der Festnahme des Paten Bernardo Provenzano im Jahr 2006 in die Hand genommen und zuletzt öfters Auslandsreisen unternommen. Seine Geschäftstätigkeit hatte der Mafia-Boss auf Südamerika ausgedehnt.

Der Bürgermeister von Palermo, Roberto Lagalla, bezeichnete die Festnahme als "großen Sieg für den Staat und ein Wendepunkt im Kampf der Institutionen und der Strafverfolgungsbehörden gegen die Mafia." Der aus Palermo stammende italienische Staatschef Sergio Mattarella, dessen Bruder Piersanti in den 1980-er Jahren von der Mafia ermordet wurde, gratulierte den Ermittlern.

Denaros Verhaftung ist ein schwerer Schlag für die Cosa Nostra. Die älteste italienische Verbrecherorganisation leidet allerdings zunehmend an der Konkurrenz der ´Ndrangheta in Kalabrien, die sich auf Wirtschaftskriminalität und den internationalen Drogenhandel spezialisiert hat.

Mafia: Noch vier weitere Bosse auf der Flucht

Die Cosa Nostra entstand auf Sizilien und hat eine weitgehend hierarchische Struktur. Ihr Zusammenhalt stützt sich wesentlich auf einen internen Kodex mit strengen Verhaltensregeln. Allen "Ehrenmännern" gemeinsam ist die ablehnende Haltung gegenüber dem Staat.

Die Organisation zählt rund 5500 Clan-Mitglieder und 180 Cosa-Nostra-Familien. Das Einflussgebiet erstreckt sich in Italien auf Sizilien, Apulien sowie Mittel- und Norditalien.

Nach Denaros Festnahme jagt Italien weitere vier flüchtige Bosse. Zu ihnen zählt der Cosa Nostra-Pate Attilio Cubeddu, der seit 1997 auf der Flucht ist. Auch er wird wegen Mordes gesucht.