Berlin. In mehreren Ländern Europas sind vermehrt Scharlach-Fälle aufgetreten. Die Welle scheint Deutschland zu erreichen. Was wichtig ist.

Corona, Grippe, RS-Virus – kommt jetzt auch noch Scharlach hinzu? Laut „Westfälischer Anzeiger“ trifft eine Infektionswelle aktuell Nordrhein-Westfalen. Auslöser der Erkrankung sind bestimmte Typen von Streptokokken-Bakterien.

Bereits am 10. Dezember hatte die WHO vor einem Anstieg der Erkrankungen durch invasive Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen (iGAS) in fünf europäischen Ländern gewarnt: in Frankreich, Irland, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien. Dort sind nach Angaben der UK Health Security Agency 21 Kinder im Alter von bis zu 15 Jahren während der aktuellen Welle gestorben (Stand: 22. Dezember 2022).

Das Robert Koch-Institut schreibt auf seiner Seite: „Im 4. Quartal 2022 ist nun ein für die Jahreszeit ungewöhnlich steiler Anstieg von invasiven und nicht-invasiven Gruppe-A-Streptokokken aus Arztpraxen und Krankenhäusern zu verzeichnen.“

Gefahr droht bei einer invasiven Scharlach-Infektion

Invasiv bedeutet hier – im Gegensatz zu nicht-invasiv –, dass die Bakterien in den Blutkreislauf gelangen, dort eine iGAS verursachen. Bei solchen Infektionen steigt das Sterblichkeitsrisiko auf 30 bis 60 Prozent. Es kann zu einer Sepsis oder dem Streptokokken-Toxic-Shock-Syndrom (STSS) kommen.

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Doch wie kommt es zu invasiven Infektionen? Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), erklärt im Interview mit dem „Spiegel“: „Streptokokken werden invasiv, wenn sie durch die Schleimhäute in tiefere Schichten gelangen. Das kann einerseits passieren, wenn etwa durch eine virale Infektion die Barrierefunktion der Schleimhaut geschädigt wird, sodass die Bakterien leichtes Spiel haben. Oder auch, wenn die Bakterien bestimmte Zellgifte abgeben, die ihnen das Eindringen in tiefere Schichten ermöglichen. Im Blut können die Erreger dann zu einer Blutvergiftung führen, im Hirnwasser zu einer Hirnhautentzündung, oder sie können in die Lunge wandern und dort eine Lungenentzündung hervorrufen.“

Scharlach: Symptome und Behandlung

Worauf müssen Sie bei Ihren Kindern achten? Beim Scharlach gibt es folgende Leitbeschwerden:

  • schnell steigendes Fieber mit Kopf- und Halsschmerzen
  • hochroter Rachen und eitrige Beläge auf den Mandeln
  • Zunge zunächst dick gelb-weißlich belegt, ab dem dritten/vierten Tag dann rot. Die Zungenknospen sind verdickt, daher der Name „Himbeer-“ oder „Erdbeerzunge“.
  • süßlich-übler Mundgeruch
  • Ab dem zweiten/dritten Tag Hautausschlag, der in der Achsel- oder Leistenregion anfängt, sich dann auf den übrigen Körper legt.
  • Gerötetes Gesicht, die Fläche um den Mund herum bleibt blass, der sogenannte „Milchbart“

Scharlach per Tröpfcheninfektion übertragbar

Wichtig ist: Ob eine virale oder eine A-Streptokokken-Infektion vorliegt, muss die Kinderärztin oder der Kinderarzt entscheiden. Scharlach tritt vor allem bei Kindergarten- und Schulkindern auf. Mit Gabe eines Antibiotikums kann die bakterielle Infektion in der Regel gut behandelt werden. Bereits 24 Stunden nach der ersten Einnahme besteht keine Ansteckungsgefahr mehr. Die Übertragung der Bakterien findet über Tröpfcheninfektion (also ansprechen, anhusten oder anniesen) statt.

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Warum häufen sich aktuell die Scharlach-Fälle? Tenenbaum sagt: „In den Jahren der Pandemie hatten Kinder mit bestimmten Erregern weniger Kontakt. Manche holen die Infektionen jetzt nach, im Moment sind viele verschiedene Viren im Umlauf. Und bestimmte Viren sorgen dafür, dass Menschen besonders empfänglich für zusätzliche bakterielle Infektionen sind.“ (dw)