Rom. Silvio Berlusconi will offenbar den deutschen TV-Konzern ProSiebenSat.1 übernehmen. Dahinter steht wohl ein ambitionierter Plan.

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi spielt als Chef der Regierungspartei Forza Italia in Rom weiterhin eine entscheidende politische Rolle. Auch als Medienunternehmer sorgt der 86-Jährige immer noch für Aufsehen. Seine Medienholding MFE, die eine internationale Expansion anstrebt und mit einem Anteil von 29,01 Prozent stärkster Einzelaktionär des TV-Konzerns ProSiebenSat.1 ist, will angeblich die vollständige Kontrolle beim deutschen Fernsehunternehmen erhalten.

So hat MFE in Österreich die totale Kontrolle bei ProSiebenSat.1 angemeldet, wie aus einer Mitteilung der Wettbewerbsbehörde in Wien hervorgeht. Anfang November hatte MFE (ehemals Mediaset) bereits seine Machtposition bei ProSieben ausgebaut: Die Italiener reduzierten zwar ihre direkten Stimmrechte leicht, sicherten sich aber weitere vier Prozent am deutschen Konkurrenten und kommen so direkt und über Finanzinstrumente auf bis zu 29,01 Prozent.

Silvio Berlusconi: Medienholding will angeblich ProSiebenSat.1 übernehmen

Auf der Hauptversammlung könnte MFE sogar 29,9 Prozent in die Waagschale werfen und hätte damit womöglich bei schwacher Präsenz eine Mehrheit. Mit Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent der Stimmrechte wäre ein Übernahmeangebot fällig.

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Die Italiener wollen ProSiebenSat.1 schon seit längerem stärker in ihre europäischen Wachstumspläne einbinden. Das Managent des Münchner TV-Konzerns zeigte MFE aber wiederholt die kalte Schulter und sprach sich gegen grenzüberschreitende Kooperationen aus.

Silvio Berlusconi.
Silvio Berlusconi. © REUTERS | ALESSANDRO BIANCHI

Unklar ist, ob sich dies unter dem neuen ProSieben-Chef Bert Habets ändern könnte, der seit Oktober im Einsatz ist. Von MFE war zunächst kein Kommentar zur Anmeldung bei der Wettbewerbsbehörde zu erhalten. ProSiebenSat.1 lehnte eine Stellungnahme ab.

Ein Brancheninsider sagte jedoch dazu, es handle sich nur um einen technischen Vorgang, da MFE zuletzt seinen Anteil an ProSieben insgesamt erhöht hatte. Es sei nicht geplant, in absehbarer Zeit die Mehrheit von ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Eine feindliche Akquisition des bayerischen Unternehmens durch die Italiener gilt politisch derzeit ohnehin als fast ausgeschlossen.

MFE und ProSiebenSat.1 leiden beide unter der sich abzeichnenden Rezession und zurückhaltenden Werbekunden. Die Mailänder Holding meldete einen Rückgang beim operativen Gewinn von 65 Prozent in den ersten 9 Monaten und verwies auf sinkende Werbeverkäufe auf dem heimischen Markt. Seit längerer Zeit strebt Berlusconis Mediengruppe auf europäischer Ebene Wachstum an.

Konzern soll Konkurrenz für Netflix & Co. sein

Ziel des Konzerns unter der Führung von Pier Silvio Berlusconi, dem 53-jährigen Sohn des Ex-Premiers, ist es, andere TV-Gruppen zusammenzuschließen und eine internationale Holding zu gründen, die die wichtigsten europäischen Fernsehsender vereint. Damit will er einen Damm gegen die neue Macht der Streaming- und Videodienste aufbauen – also globale Plattformen wie Netflix & Co., die den traditionellen Fernsehsendern immer mehr Zuschauer abluchsen.

So plant Berlusconi Junior eine paneuropäische Struktur, die es ermöglichen soll, Synergien zu nutzen, mehr Investitionen in Technologie zu tätigen und eine solide Position auf dem Werbemarkt zu erreichen.

Erst im September hatte Berlusconi ein Hauptquartier in München aufgebaut. Die Managerin Katharina Behrends ist seit Oktober Generalmanagerin für Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH) und leitet auch das Münchner Büro. Die Region DACH ist einer der Schlüsselmärkte für den Aufbau europäischer Medienallianzen, die Berlusconis Holding aktiv forcieren will.

Behrends gilt als Branchenexpertin mit umfassender internationaler Erfahrung und hatte in den letzten 15 Jahren Führungspositionen bei NBC Universal Networks inne. Die Managerin, die ihre Karriere bei Sky Deutschland begann, ist eine Expertin für neue digitale Geschäftsmodelle und war maßgeblich am Erfolg des Pay-TV im deutschsprachigen Raum und anderen Teilen Europas beteiligt.