Berlin. Minikredite scheinen eine Lösung in der Not zu sein - doch oftmals sind sie nur auf den ersten Blick günstig. Was man beachten sollte.

Wieder ist eine Rechnung offen, die schnellstens bezahlt werden muss. Die Hausbank will keinen Kredit mehr geben oder die obligatorische Schufa-Auskunft ist durch einen Eintrag negativ. Ein Aussicht auf ein reguläres Darlehen sinkt dadurch gegen Null. In einer so prekären Lage greifen immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher zu allen sich bietenden Chancen, der akuten Notlage zu entgehen. Die Werbung mancher Finanzdienstleister auf Geld macht ihnen Hoffnung. „Minikredit jetzt mit 0% Zinsen“, heißt es zum Beispiel beim Kreditunternehmen Cashper. Es geht um Darlehen zwischen 100 Euro und 3.000 Euro.

Minikredite sind längst ein Teil des normalen Geschäftslebens geworden. In Mode sind beispielsweise Angebote von Online-Händlern, bei denen die gekaufte Ware erst später bezahlt werden muss. Das ist nicht anderes als ein Kleindarlehen. Darüber hinaus haben sich eine Reihe von Anbietern von Minikrediten auf eine klamme Kundschaft spezialisiert. „Es ist eine gezielte Ansprache von Menschen, die von ihrer Bank keine Kredite mehr bekommen,“ beobachtet Michael Möller, Verbraucherschützer der Organisation Finanzwende-Recherche. Doch anders als es die Werbung vorgaukelt, ist die schnelle Hilfe aus einer finanziellen Notlage alles andere als kostenlos. „Anbieter weisen mitunter bis zu 1.500 Prozent Zinsen aus“, rechnet Möller vor.

Auch Dispokredite können teuer sein, vor allem langfristig verdienen die Hausbanken daran.
Auch Dispokredite können teuer sein, vor allem langfristig verdienen die Hausbanken daran. © dpa-tmn | Christin Klose

Minikredite mit wenig Zinsen gibt es vor allem für Neukunden

Doch wie kommt dieser gewaltige Unterschied zwischen Werbung und Realität zustande? Das zeigt ein Blick auf das Angebot der maltesischen Bank Novum, die unter der Marke Cashper Minikredite offeriert. Null Zinsen gibt es dort nur für Neukunden. Wer die Dienste mehrfach in Anspruch nimmt, muss knapp acht Prozent Zinsen berappen. Ein Darlehen über 600 Euro kostet Neukunden, die es nach 30 Tagen auf einen Schlag tilgen, tatsächlich nichts. Auch Bestandskunden müssen lediglich 3,78 Euro an Zinsen dafür bezahlen. Das klingt zunächst attraktiv.

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Dazu können allerdings happige Gebühren kommen. So berechnet Cashper 99 Euro, wenn der Betrag innerhalb von 24 Stunden ausbezahlt werden soll. Andernfalls dauert mehrere Tage. Die schnelle Verfügbarkeit ist für die Kunden in akuten Geldnöten aber oft wichtig. Noch einmal 99 Euro werden fällig, wenn der Kredit nicht auf einen Schlag nach 30 Tagen, sondern in zwei Raten innerhalb von 60 Tagen zurückgezahlt wird. Nimmt jemand beide Optionen wahr, kostet der Minikredit von 600 Euro einen Neukunden schon 798 Euro.

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Minikredite mit Wuchergebühren – für Verbraucher mit negativem Schufa-Eintrag

Bei anderen Anbietern funktioniert das Geschäftsmodell ähnlich, auch wenn sich die Gebühren im Detail unterscheiden. Zum „Wucher des Monats“ der Verbraucherzentrale Sachsen hat es im September 2021 der Anbieter Vexcash gebracht. Ein Kredit über 1.000 Euro mit Sofortauszahlung und Rückzahlung in drei Raten hat nach Berechnung der Verbraucherschützer inklusive aller Gebühren rund 230 Euro gekostet. Auf das Jahr hochgerechnet ergebe dies einen effektiven Jahreszins von 377 Prozent. „Wer will da nicht von Wucher sprechen“, fragen sich wohl nicht nur die sächsischen Finanzexperten.

Es gibt einen weiteren Haken bei den Minikrediten. Praktisch jeder kann unabhängig von seiner Kreditwürdigkeit ein Darlehen erhalten, selbst wenn schon ein negativer Schufa-Eintrag vorliegt. „Das ist höchst problematisch“, meinen die Verbraucherzentralen, „denn gerade bei geringem Einkommen und fehlenden finanziellen Rücklagen kann leichter eine finanzielle Überforderung eintreten“. Die aktuelle Rechtslage begünstigt die Anbieter. Denn einige Schutzrechte für Kunden gelten erst ab einer Kreditsumme von 200 Euro. Dazu gehört die Prüfung der Kreditwürdigkeit und die Information über die Kosten des Kredits vor dem Abschluss eines Vertrags. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) weist auch auf ein fehlendes Widerrufsrecht beim Vertragsabschluss hin. Die Europäische Union erwägt zwar, die Verbraucherrechte auch auf Kleinstdarlehen auszudehnen. Entschieden ist darüber jedoch noch nicht.

Alternative Dispokredit bei der Hausbank – ist allerdings teuer

Viele Alternativen zu Kleinstdarlehen gibt es nicht. Da steht an erster Stelle der Dispokredit bei der Hausbank oder Sparkasse. Er erlaubt, dass der Kunde sein Girokonto überzieht, also ins Minus bringt. Die Höhe orientiert sich in der Regel an den regelmäßigen Lohn- oder Gehaltsüberweisungen. Der Dispokredit ist allerdings teuer. Zinsen von bis zu zehn Prozent sind hier üblich. Deshalb raten Finanzexperten dazu, den Dispo allenfalls kurzzeitig zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit ist der Privatkredit von Freunden oder Bekannten. Doch es sollte gut überlegt sein, ob die Verquickung zwischen finanziellen und persönlichen Dingen eine gute Lösung sein kann.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.