Berlin. Abschlüsse, Erfahrung und Potenzial: Die Innenministerin legt ein Papier vor, wie bald mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen sollen.

Vorbild Kanada? Die Bundesregierung will es nicht nur Menschen, die schon länger in Deutschland leben, leichter machen, Staatsbürger zu werden. Sie will auch aus Drittstaaten neue Fachkräfte gewinnen. Unter der Federführung des Innenministeriums und des Arbeitsministeriums ist dazu ein Eckpunktepapier entstanden, das am Mittwoch im Kabinett behandelt werden soll. Das Papier liegt unserer Redaktion vor.

Ziel sind mehr Arbeits- und Fachkräfte für Deutschland, denn beides braucht die Bundesrepublik unbedingt. Nach Einschätzung der Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, werden „im Saldo 400.000 zusätzliche Arbeits- und Fachkräfte im Jahr“ benötigt. Das sagte Nahles der „Süddeutschen Zeitung“.

Auch im Eckpunktepapier steht diese Motivation ganz vorn: „Deutschland benötigt branchenübergreifend dringend Fachkräfte“, heißt es da. „Deshalb müssen alle Potenziale im In- und Ausland gehoben werden.“

Deutschland: Wer soll einwandern dürfen?

Im Papier werden drei Säulen genannt, auf denen die künftigen Regeln für Einwanderung ruhen sollen: Die „Fachkraft-Säule“, die „Erfahrungs-Säule“ und die „Potenzial-Säule“. Drei Gruppen sollen damit angesprochen werden. Die erste sind Fachkräfte mit anerkannten Abschlüssen, die „weiterhin das Rückgrat der Erwerbsmigration nach Deutschland“ bilden sollen, wie es in dem Papier heißt. Für sie sollen unter anderem die Spielräume bei Gehaltsgrenzen größer werden, und wer „aus nicht selbst zu vertretenden Gründen“ Unterlagen zur Qualifikation nicht oder nur teilweise vorliegen kann, soll einreisen können, um Kompetenzen vor Ort in Deutschland prüfen zu lassen.

Die „Erfahrungssäule“ soll regeln, dass qualifizierte Menschen unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Anerkennung ihrer Abschlüsse einwandern können. Gelten soll das für nicht-reglementierte Berufe, Voraussetzung soll „eine mindestens zweijährige nachgewiesene Berufserfahrung“ sein in dem Beruf, der ausgeübt werden soll. Außerdem soll ein Abschluss notwendig sein, der in dem Land, wo er erworben wurde, gültig ist, mit einer mindestens zweijährigen Ausbildungszeit.

Generell sollen die Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse in Zukunft einheitlicher, einfacher, digitaler und schneller werden.

Die dritte Gruppe, die die Bundesregierung ansprechen will, sind Menschen, bei denen sie Potenzial sieht: Diese sollen die Möglichkeit erhalten, einzureisen, um vor Ort nach einer Arbeit zu suchen. Eine „Chancenkarte“ soll laut Eckpunkten dafür eingeführt werden, auf Grundlage eines Punktesystems.

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Welche Kriterien sollen für das Punktesystem gelten?

„Transparent und unbürokratisch“ soll das Punktesystem sein. Zu den Auswahlkriterien können laut dem Dokument „Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter“ gehören. Wie diese genau gewertet und aufgerechnet werden sollen und ab welcher Schwelle jemand nach Einschätzung der Bundesregierung genug Potenzial hätte, um hier Arbeit zu suchen, ist bislang offen.

Punktesysteme, nach denen Einwanderung ermöglicht wird, haben unter anderem auch Kanada und Australien.

Wie will die Bundesregierung für Deutschland als Einwanderungsland werben?

„Wir wollen weltweit die Werbung für Deutschland als attraktives, innovatives und vielfältiges Einwanderungsland verstärken“, heißt es in dem Papier. Gelingen soll das unter anderem durch den Ausbau der Plattform „Make it in Germany“, die über Jobmöglichkeiten in Deutschland informiert sowie der dazugehörigen Jobbörse. Außerdem sollen verstärkt auch Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als „Fachkräfte von morgen“ gewonnen werden – etwa durch weltweite Werbekampagnen oder den Aufbau eines „Digitalen Campus“. Zusätzlich dazu will die Bundesregierung die internationalen Aktivitäten der Bundesagentur für Arbeit erweitern und unter anderem das mehrsprachige Online-Angebot der Behörde ausbauen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.