Berlin. Bis zu zwei Millionen Haushalte könnten künftig Wohngeld beziehen. Im Schnitt soll es deutlich mehr geben als bisher

Ab Januar gibt es deutlich mehr Wohngeld. Der Bundestag hat am Donnerstag den Gesetzentwurf der Ampelkoalition beschlossen. Der Zuschuss ist abhängig von Miete, Haushaltsgröße und Einkommen. Im Durchschnitt soll es künftig etwa 370 Euro pro Haushalt geben – aktuell sind es etwa 180 Euro.

Auch wer schon einmal Wohngeld beantragt hat und abgelehnt wurde, sollte es unbedingt erneut versuchen, rät der Geldratgeber Finanztip. Denn durch die höheren Gehaltsgrenzen sollen künftig bis zu zwei Millionen Haushalte Wohngeld beziehen können statt wie bisher rund 1,2 Millionen. Und nicht nur Mieterinnen und Mieter können Wohngeld beantragen. Auch Familien, die im eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung leben, können einen Zuschuss bekommen.

Wohngeld-Plus: Wer hat jetzt Anspruch auf die Leistung?

Viele glauben, dass sie zu viel verdienen, um einen Anspruch auf Wohngeld zu haben. Nur 620.000 Haushalte beziehen Wohngeld, obwohl es doppelt so viele könnten. Zwei Beispiele des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigen, wie viel Wohngeld bei typischen Einkommen und Mieten gezahlt wird. Ist das Einkommen höher, sinkt das Wohngeld entsprechend.

Beispiel 1: Eine Rentnerin in Berlin mit einer Rente von 1259 Euro brutto zahlt 500 Euro Miete für ihre Wohnung ohne Heiz- und Warmwasserkosten. Statt 74 Euro Wohngeld wie bisher kann sie künftig 252 Euro Mietzuschuss bekommen.

Beispiel 2: Eine Familie mit zwei Kindern in München zahlt für ihre Wohnung 1000 Euro Kaltmiete und verdient gemeinsam 2386 Euro (brutto). Sie hat bisher Anspruch auf 481 Euro Wohngeld. Ab Januar steigt das Wohngeld auf 804 Euro. Lesen Sie auch: Bankwechsel: Konto und Depot spielend leicht umziehen

Manche glauben, dass sie fürs Wohngeld in eine kleinere Wohnung ziehen müssten, ähnlich wie bei Hartz-IV. Doch das trifft nicht zu. Es gibt keine Beschränkungen für Art oder Größe der Wohnung. Und bei der Berechnung von Wohngeld bleiben grundsätzlich 60.000 Euro Vermögen unberücksichtigt. Für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen noch mal 30.000 Euro dazu. Und wenn man in der eigenen Immobilie wohnt und einen Zuschuss beantragt, zählt deren Wert nicht zum Vermögen.

Wichtig dagegen: Wer Arbeitslosengeld 2 (Hartz-IV) oder Bafög bekommt, hat keinen Anspruch auf zusätzliches Wohngeld. Die Wohnkosten sind bei diesen Sozialleistungen schon berücksichtigt.

Und noch ein Plus: Das bedeutet die Heizkosten- und Klimakomponente

Das Wohngeld soll vor allem wegen der gestiegenen Energiepreise erhöht werden. Lange Zeit wurden Kosten für Heizung und Warmwasser gar nicht berücksichtigt. In diesem Jahr hat die Ampelkoalition deshalb bereits nachgesteuert – mit zwei Heizkostenzuschüssen, die außer der Reihe gewährt wurden. Nun führt der Bundestag mit der Reform eine dauerhafte Heizkostenkomponente ein. Im Durchschnitt soll sie das Wohngeld um 1,20 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen.

Neu ist auch die Klimakomponente. Die soll durch einen pauschalen Zuschlag auf die Höchstbeträge für Mieten sicherstellen, dass auch Mieterhöhungen nach einer energetischen Sanierung bei der Wohngeldberechnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden.

Regionale Unterschiede: Neue Zuordnungen bei den Mietstufen

Die Mieten sind in Deutschland regional sehr unterschiedlich. Beim Wohngeld wird das durch sieben Mietstufen abgebildet. Mit der Wohngeldreform werden 223 Gemeinden und 31 Kreise heraufgestuft; 187 Gemeinden und 17 Kreise herabgestuft – je nachdem, ob die Mieten gestiegen oder gesunken sind.

Es gibt verschiedene Rechner im Internet, die einen ersten Hinweis geben, ob Wohngeld möglich ist. Finanztip empfiehlt den Stadtentwicklungsrechner in Berlin, der auch Ergebnisse für alle anderen Städte und Gemeinden in Deutschland liefert. Bis die Rechner die Wohngeldreform 2023 berücksichtigen, dauert es allerdings noch.

Viele Anträge: Es dürfte zu langen Bearbeitungszeiten kommen

Die Wohngeldämter erwarten ab Januar sehr viel mehr Anträge als bisher: Längere Bearbeitungszeiten sind wahrscheinlich. Davon sollten sich Betroffene nicht abhalten lassen. Je früher der Antrag gestellt wird, desto mehr Geld gibt es. Bewilligt wird Wohngeld ab dem Zeitpunkt des Antrags. Das ist zur Fristwahrung auch formlos möglich. Für dringliche Fälle gibt es die Möglichkeit, vorläufige Auszahlungen zu erhalten. Um die Ämter zu entlasten, kann Wohngeld künftig für einen längeren Zeitraum zugesprochen werden: für 24 statt zwölf Monate. Auch interessant:Bausparen: Warum es sich trotz Zinswende selten lohnt

Das Wohngeld-Plus-Gesetz kommt noch einmal abschließend in den Bundesrat. Der muss zustimmen, bevor es in Kraft treten kann. Weitere Infos sowie eine Checkliste gibt es im Internet unter: www.finanztip.de/wohngeld.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.