Berlin. Mehrere PCR-Tests, keine Übernachtung vor Ort: Dem Kanzler steht nicht nur wegen der Corona-Regeln eine schwierige China-Reise bevor.

Olaf Scholz macht einen Tagesausflug. Dafür fliegt er einmal um die Welt nach Peking. Aufgrund der strengen Null-Covid-Strategie Chinas findet der Antrittsbesuch des Bundeskanzlers unter ungewöhnlichen Bedingungen statt. Scholz und seine Delegation machen sich am Donnerstag auf den Weg, sitzen elf Stunden im Flugzeug. Nach wiederum elf Stunden vor Ort besteigt der Kanzler erneut den Regierungsflieger und jettet den weiten Weg nach Deutschland zurück.

Eine Übernachtung ist wegen des strengen Corona-Regimes in China nicht vorgesehen. Eigentlich müssen Einreisende aus Deutschland in China zehn Tage in Quarantäne in einer staatlichen Einrichtung. Für den Kanzler und seine Delegation gilt eine Sonderregelung. Allerdings müssen alle Mitreisenden in den 48 Stunden vor dem Abflug zwei PCR-Tests machen. Nach Ankunft auf dem Flughafen von Peking führen die chinesischen Behörden einen weiteren PCR-Test bei den Besuchern aus Deutschland durch.

Scholz lässt chinesische Behörden keinen PCR-Test machen

Mit einer Ausnahme: „Der Bundeskanzler wird nicht von chinesischer, sondern von deutscher Seite einen PCR-Test unter chinesischer Aufsicht machen“, heißt es aus deutschen Regierungskreisen.

Olaf Scholz hatte in den vergangenen Monaten bereits einmal die Testung durch die örtlichen Behörden verweigert: bei einem Besuch wenige Tage vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bei Wladimir Putin in Moskau.

Chinas Staatschef Xi Jinping empfängt Scholz zu einem persönlichen Gespräch.
Chinas Staatschef Xi Jinping empfängt Scholz zu einem persönlichen Gespräch. © Getty Images | Kevin Frayer

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Das zeigt: Der Kurzaufenthalt in Peking ist nicht nur wegen der rigiden Corona-Vorschriften eine ungewöhnliche Kanzlerreise. Auch politisch ist der Besuch alles andere als Alltag. In der Pandemie wurden in China nur wenige ausländische Staats- und Regierungschefs empfangen. Scholz ist der erste Staatsgast aus der EU, der seit 2019 in die Volksrepublik reist.

Kanzler-Besuch kommt zu einem heiklen Zeitpunkt

Der Besuch des Bundeskanzlers kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Erst vor wenigen Tagen hat der Staatsführer Xi Jinping auf einem Parteitag der Kommunistischen Partei seine Macht zementiert. Kritiker werfen Scholz vor, mit seinem Besuch so kurz nach der Propagandashow den autoritären Herrscher und seinem Streben nach internationaler Dominanz zu legitimieren.

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Die Führung in Peking gehört zudem zu den Verbündeten Putins – der Westen hofft bisher vergeblich auf Druck aus China, damit Russland den Krieg in der Ukraine beendet.

Schließlich wird auch in der Ampel-Koalition des SPD-Kanzlers intensiv darüber diskutiert, wie viel wirtschaftliche Nähe zu der asiatischen Großmacht Deutschland sich erlauben kann. China sei für Europa gleichzeitig Partner, Wettbewerber und Rivale, verlautete vor der Abreise aus dem Umfeld des Kanzlers. „In diesen Zeiten gilt es, dieses Dreieck neu zu vermessen.“

In China gelten weiterhin strenge Corona-Regeln, die auch die Reise des Kanzlers prägen.
In China gelten weiterhin strenge Corona-Regeln, die auch die Reise des Kanzlers prägen. © AFP | WANG ZHAO

„Wo steht China, wo geht China hin?“

Insofern sei die Reise des Kanzlers „auch eine Sondierungsreise“, heißt es aus der Bundesregierung. „Ein bloßes Weiter-so ist sicherlich nicht die angemessene Antwort.“ Es gehe um Antworten auf Fragen wie: „Wo steht China, wo geht China hin, welche Formen der Kooperation sind mit diesem China möglich?“

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In persönlichen Gesprächen mit Staatschef Xi und Ministerpräsident Li Keqiang wolle Scholz auch die „schwierigen“ Fragen adressieren. Dazu gehören Russlands Angriff auf die Ukraine, die chinesischen Drohgebärden gegenüber Taiwan, die von Peking immer wieder angeheizten Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer sowie die Bedingungen für das Engagement deutscher Firmen in dem Land. Der Kanzler wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet.

Scholz will Menschenrechte ansprechen

Scholz werde zudem die Lage der Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten in China ansprechen, hieß es in der Bundesregierung. Zahlreiche chinesische Dissidenten forderten Scholz zum Verzicht auf seine China-Reise auf, da sich das Land „zu einer neuen Diktatur im Stil der Nazis“ entwickele.

Der Vorsitzende der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe, der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich sprach sich im Verhältnis zu China für eine ausgewogene Linie aus. „Zwar wirken wirtschaftliche Verflechtungen immer stabilisierend und reduzieren die Gefahr von Konflikten, allerdings müssen einseitige Abhängigkeiten vermieden beziehungsweise aufgelöst werden“, sagte Friedrich unserer Redaktion.

Die Botschaft des Kanzlers müsse lauten: „Auch wenn uns vieles trennt, bleiben wir immer verlässlicher Gesprächspartner. Dabei bewegt uns das Thema Menschenrechte ebenso wie das Thema faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft in China.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.