Bangkok. Red Bull hat seinen Ursprung nicht in Österreich, sondern in Thailand. Der Eigentümer-Clan steht für ein korruptes politisches System.

Nach dem Tod des Energy-Drink-Konzernchefs Dietrich Mateschitz ist noch kein Nachfolger gefunden. Wer das Getränkereich künftig führt, dürfte wohl in Thailand entschieden werden. Denn nicht der mit 78 Jahren gestorbene Österreicher, sondern die thailändische Familie Yoovidhya hält mit 51 Prozent die Mehrheit an dem mächtigen Getränke- und Sportunternehmen mit Sitz in Fuschl am See.

Allerdings ist aus den Kreisen der Asiaten noch nichts über den Fortgang des Unternehmens zu vernehmen. Die Familie Yoovidhya gilt als zweitreichste in Thailand. Ihr Oberhaupt ist aktuell Chalerm Yoovidhaya, der Sohn des Mitgründers, dem zwei Prozent des familieneigenen Red-Bull-Anteils persönlich gehören. Die Familie gilt als politisch hervorragend vernetzt.

Dietrich Mateschitz hatte 1984 zusammen mit dem Thailänder Chaleo Yoovidhya das Unternehmen Red Bull gegründet. Der österreichische Geschäftsmann lernte das Getränk Krating Daeng zuvor bei einer Geschäftsreise an einer Hongkonger Hotelbar kennen, das von Chaleo Yoovidhya kreiert wurde.

Red Bull: Mateschitz passt das Getränk an westlichen Geschmack an

Mateschitz passte das in Asien beliebte Getränk an den westlichen Geschmack an, von dem heute jährlich Milliarden Dosen in 172 Ländern weltweit verkauft werden. Das Unternehmen gibt 13.000 Beschäftigten einen Job und erzielt einen Umsatz von rund acht Milliarden Euro.

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Wer aber ist die Familie Yoovidhya? Der Mitgründer von Red Bull, Chaleo Yoovidhya, ist bereits 2012 verstorben. Sein Enkel Vorayuth Yoovidhya, der den Spitznamen „Boss“ trägt, gilt in Thailand als Promi, der immer wieder mit seinem Jetset-Leben und Fotos von opulenten Partys und von der Formel 1 in die Schlagzeilen geriet. Unterhält Red Bull doch auch erfolgreiche Formel-1-Teams unter anderem mit Weltmeister Max Verstappen. Die Familie ist auch öfter in London unterwegs.

Red Bull-Mitbegründer Dietrich Mateschitz ist mit 78 Jahren gestorben.
Red Bull-Mitbegründer Dietrich Mateschitz ist mit 78 Jahren gestorben. © dpa | Jan Woitas

Weniger rühmlich ist die Rolle des Enkels in einem tödlichen Zusammenstoß: Bei einem Unfall mit seinem Sportwagen wurde vor zehn Jahren ein Polizist getötet. Doch Vorayuth Yoovidhyas selbst musste dafür niemals eine Strafe absitzen. Jahrelang wich „Boss“ Befragungen durch die Polizei aus. 2020 gaben die Behörden dann ihre Bemühungen auf und stellten die Untersuchungen ein – er gilt als untergetaucht.

Red Bull: Reichtum kann nützlich sein

Sein „Davonkommen“ soll mit seiner Herkunft zu tun haben. Wer Yoovidhya heiße, müsse eben nicht die volle Härte des Gesetzes spüren, heißt es in Thailand. „Red Bull-Erbe auch zehn Jahre später noch auf freiem Fuß“, titelte im September etwa die „Bangkok Post“ über den Enkel Vorayuth Yoovidhya und fügte hinzu: „Ein verschrotteter Ferrari, ein toter Polizist und ein Multimilliarden-Dollar-Erbe auf der Flucht – ein Jahrzehnt später ist Thailand kein Stück weiter, einen der notorischsten Fluchtfälle zu lösen.“

Im südostasiatischen Land, in denen seit Jahren immer wieder viele Menschen für mehr Demokratie und Gerechtigkeit auf die Straße gehen, sorgte der Fall für große Aufregung. In sozialen Medien verbreitete sich der Hashtag „#BoycottRedBull.“

Die Wirtschaftszeitung Nikkei Asia bezeichnete Red Bulls Entwicklung als „Vom thailändischen Stolz zum Symbol für Ungleichheit.“ Eine Umfrage der Firma „Super Poll“ ergab im Jahr 2020, dass 91 Prozent in Thailand der heimischen Justiz nicht mehr trauen, 82 Prozent den Fall um „Boss“ als internationale Blamage sehen.

Zwar wurden die Ermittlungen gegen den jungen Yoovidyha nach den Protesten wieder aufgenommen, scheinen aber kaum voranzugehen. Doch nicht nur dieser Fall verärgert die Thailänder. Als 2016 die „Panama Papers“ enthüllten, wie Superreiche aus aller Welt Schlupflöcher zur Steuervermeidung nutzen, fand sich auch der Name Yoovidhya in den Dokumenten. Der Clan nutzt demnach seit Jahrzehnten Offshore-Firmen, um Steuern zu sparen, Privatjets und Luxusimmobilien zu kaufen, mehrere davon in London.

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„Die Familie ist nicht nur in Thailand sehr mächtig, sondern auch weltweit“, sagte Pavin Chachavalpongpun, Politikprofessor der Universität Kyoto, der Nachrichtenagentur AFP. Chachavalpongpun zählt seit Jahren zu den profiliertesten Kritikern des thailändischen Establishments. Nachdem er den König kritisiert hatte, musste er das Land verlassen und landete in Japan.

Red Bull: Nachfolger für Unternehmensführung noch nicht gefunden

Die Yoovidhya-Familie hat zwar zwar nicht den Status des Königshauses, aber großen finanziellen Einfluss. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt das Vermögen der Yoovidhyas auf 27 Milliarden US-Dollar. Laut einer Studie der Bank Credit Suisse besitzen die reichsten ein Prozent der Thailänder 50 Prozent des Vermögens im Land.

Aus Thailand leitet seit Jahren der 72-jährige Chalerm Yoovidhya die Geschäfte von Red Bull, der medienscheue Sohn des Gründers. Doch dieser hängt seit den Panama Papers der Ruf als internationaler Geldverschieber an. Bekannt ist er außerdem für seine Weinproduktion mit Siam Winery sowie als offizieller Ferrari-Importeur Thailands.

Die Nachfolgeregelung bei Red Bull dürfte spannend werden. Wird es der flüchtige Sohn Vorayuth Yoovidhya? Oder doch der 30-jährige Mark Mateschitz, Sohn des verstorbenen Mateschitz, der die Red Bull-Stiftung „Wings for Life“ für Rückenmarkforschung mitleitet? Die thailändische Familie lehnt den jungen Mateschitz angeblich wegen mangelnder Erfahrung ab. Vorerst leitet deshalb das amtierende Management den Konzern weiter.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de