Washington. Journalistin E. Jean Carroll sagt, der Ex-Präsident habe sie in den 90ern vergewaltigt. Trump behauptet, die Frau nicht zu kennen.

Von seinem Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, wie es die amerikanische Verfassung erlaubt, hat Donald Trump am Mittwochnachmittag zur Abwechslung keinen Gebrauch gemacht. Glaubt man seiner Anwältin Alina Habba, dann gab der ehemalige US-Präsident in einer richterlich angeordneten Vernehmung unter Eid Auskunft zu seiner jüngsten juristischen Großbaustelle:

Es geht um Verleumdungsvorwürfe, die sich wiederum aus fast 30 Jahren zurückliegenden Vergewaltigungsvorwürfen der US-Journalistin E. Jean Carroll gegen ihn speisen. Die heute 78-Jährige sagt, Trump habe sie Mitte der 90er Jahre in der Umkleide-Kabine des Modegeschäfts Bergdorf-Goodman in New York City sexuell missbraucht. Trump streitet das bis heute ab. Carroll sei nicht sein Typ, sagte er mehrfach geringschätzig. Er kenne die Frau überhaupt nicht.

Carroll fordert unvermindert eine DNA-Probe Trumps. Sie soll verglichen werden mit DNA-Spuren, die auf einem Mantel gefunden wurden, den Carroll bei der ominösen Begegnung mit Trump getragen haben will.

Hintergrund: US-Journalistin beschuldigt Trump der Vergewaltigung

Carroll klagt am 24. November erneut gegen Trump

Ob Trump seinen genetischen Fingerabdruck abgegeben wird, könnte sich Ende November zeigen. Dann will Carroll Trump auf Basis eines neuen Gesetzes („Adults Survivor Act”), das die späte Verfolgung von Straftaten möglich macht, wegen Körperverletzung und seelischer Traumatisierung verklagen. Etwaiger Prozessbeginn: 2023. Die Personalie Carroll ist nur eine juristische Kalamität unter vielen für Trump.

Hier der aktuelle Sachstand in den wichtigsten Fällen:

Vermögens- und Steuerbetrug: Laetitia James, New Yorks Generalstaatsanwältin, hat Trump, seine Firma und seine ältesten Kinder Donald Jr., Eric und Ivanka in einem Zivilverfahren auf 250 Millionen Dollar Strafe verklagt. Laut Anklageschrift hat Trump seine Besitztümer regelmäßig im Wert künstlich aufgebläht, um an günstige Bank-Darlehen zu kommen. Parallel dazu soll nächste Woche der von James` Kollegen Alvin Bragg in Manhattan angestrengte Prozess wegen Steuerbetruges beginnen; quasi die andere Seite der Medaille. Danach rechnete Trump seinen Immobilien-Park konsequent arm, wenn der Fiskus auf der Matte stand. Auch in diesem Verfahren droht Trump keine Gefängnisstrafe. Allerdings könnten ihn Steuernachzahlungen in den Ruin treiben.

Dokumenten-Diebstahl: Nach Ablauf seiner Amtszeit Anfang 2021 nahm Trump illegal Zigtausende Staats-Dokumente, die ins National-Archiv gehören, mit in sein Florida-Domizil Mar-a-Lago. Weil darunter hochgeheime Verschlusssachen waren, autorisierte das Justizministerium das FBI im Sommer zu einer Razzia bei Trump. Dabei wurde kistenweise Material sichergestellt. Die Auswertung läuft noch. Trump bestreitet, dass es sich um sensible Dokumente gehandelt habe. Dem Journalisten Bob Woodward sagte er allerdings, dass etwa der Briefwechsel mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un „so was von geheim ist”. Der unsachgemäße Umgang mit Staatsgeheimnissen ist in den USA eine schwere Straftat. Ob Justizminister Merrick Garland Anklage gegen den 45. Präsidenten erheben wird, ist zur Stunde ungewiss.

Lesen Sie auch: Trump droht Juden in den USA: "Reißt euch zusammen"

Sturm auf Kapitol – Appell zum Wahlbetrug: Ein Sonder-Ausschuss des Repräsentantenhauses hat Donald Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 in Washington minutiös untersucht. Mit Hilfe von hochkarätigen Zeugen-Aussagen aus dem unmittelbaren Umfeld des Ex-Präsidenten kam heraus: Trump hatte den Mob, der an jenem Tag die Zertifizierung des Wahlsiegs von Joe Biden verhindern wollte, angestachelt. Er diffamierte wider besseres Wissen den Wahlsieg Biden als Resultat eines „Jahrhundert-Betrugs”. Auch hier hat Justizminister Garland noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Ähnlich gelagert ist der Einzelfall Georgia. Trump hatte Anfang 2021 im Süd-Bundesstaat den obersten Wahlbeamten - Innenminister Brad Raffensperger - gedrängt, nachträglich rund 12 000 Stimmen zu besorgen und so den Abstand zu Joe Biden zu neutralisieren. Gerichte in Atlanta beschäftigen sich damit, ob Trump wegen des Appells zum Wahlbetrug belangt werden kann.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.