Berlin. Bundesfinanzminister Lindner hat einen “Arbeitsstab Gaspreisbremse“ eingerichtet. Was das ist und was auf die Verbraucher zukommt.

In der Krise um knappes und teures Gas ringt die Regierung an den verschiedenen Krisenherden weiter um Lösungen. Daran arbeitet auch das Bundesfinanzministerium. Auf Anweisung von Ressortchef Christian Lindner (FDP) ist dort vergangene Woche ein "Arbeitsstab Gaspreisbremse" eingerichtet worden, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag von mit dem Vorgang befassten Personen erfuhr. Lindner sei höchst besorgt, dass die Auswirkungen einer "Lawine" unterschätzt würden, die auf die deutsche Wirtschaft zurolle.

Tempo und Umfang der bisherigen Maßnahmen zum Schutz von Mittelstand, Handwerk und Industrie seien aus Lindners Sicht noch unzureichend. Vor allem müsse die "ruinöse Preissteigerung beim Gas" bekämpft werden, bis eine Normalisierung des Marktgeschehens eingetreten sei.

Gaspreisbremse soll Mittelschicht und Wirtschaft retten

Doch wie stellt sich Lindner die Beruhigung des Marktes vor? Was der neue Arbeitsstab konkret angehen soll, sagte der Minister nicht. In einer internen Sitzung machte Lindner deutlich, dass Tempo und Umfang der bisherigen Maßnahmen zum Schutz von Mittelstand, Handwerk und Industrie noch unzureichend sind. Ein Gaspreisdeckel, finanziert aus dem Bundeshaushalt, kommt für die FDP aber wohl nicht in Frage.

Wie die Gaspreisbremse genau ausschauen könnte, ist bisher unklar. Der FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler lehnt einen Gaspreisdeckel, finanziert durch den Steuerzahler, ab. "Eine Finanzierung über den Bundeshaushalt würde bedeuten, dass auch diejenigen für die hohen Gaspreise bezahlen, die in eine Wärmepumpe oder Pelletheizung investiert haben. Das ist mit der FDP nicht zu machen", sagte er der "Rheinischen Post". Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hält dagegen eine Finanzierung durch Steuergelder für "die bessere Lösung", wie er der Mediengruppe Bayern mitteilte.

CSU-Landesgruppe fordert Gaspreisdeckel für 75 Prozent des Privatverbrauchs

Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, fordert einen Gaspreisdeckel für Privathaushalte. "Für Privathaushalte wäre es denkbar, 75 Prozent des bisherigen Gasbezugs mit einem Bürger-Basispreis zu deckeln", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen" vom Donnerstag. Über diesen Deckel hinaus müsste dann der volle Gaspreis gezahlt werden. "Damit bleibt der Anreiz zum Energiesparen erhalten, aber Wärme eben auch bezahlbar."

Ein Preisdeckel zur Eindämmung der hohen Energiekosten wird nicht nur von der Union, sondern auch von Ökonomen und der Linken gefordert. Meist wird dabei ein Konzept vorgeschlagen, bei dem ein bestimmter Jahresbedarf etwa für einen Haushalt bei einem festen Kilowattstundenpreis gedeckelt wird. Sockelbeträge für einen festen Prozentsatz des eigenen Vorjahresverbrauchs werden aber auch vorgeschlagen.

Der CSU-Landesgruppenchef warnte die Regierung zudem vor einer Protestwelle wegen der hohen Energiepreise. „Der Blick auf die Montagsdemonstrationen im Osten zeigt, dass wir unruhigen Zeiten entgegengehen, wenn die Regierung die Energiekrise nicht in den Griff bekommt", sagte er der Zeitung. "Was wir an Protesten zurzeit sehen, könnte dann erst der Anfang sein."

Britische Regierung hebt wegen Energiekrise Fracking-Verbot auf

Derweil geht Großbritannien einen anderen Weg, um die steigenden Gaspreise zu bekämpfen. Die britische Regierung hebt wegen der hohen Energiepreise das 2019 erlassene Fracking-Verbot im Land auf. Das Moratorium sei zur "Verbesserung der Energiesicherheit" am Donnerstag aufgehoben worden, teilte das zuständige Energieministerium in London mit. Premierministerin Liz Truss hatte den Schritt bereits vor zwei Wochen angekündigt.

Das Ministerium werde Anträge auf Fracking-Vorhaben "mit Blick auf die örtliche Unterstützung" prüfen, wie es weiter ankündigte. Das Moratorium war 2019 wegen des Erdbebenrisikos verhängt worden. Beim Fracking wird eine Wasser-Sand-Chemikalienmischung unter hohem Druck in Gesteinsschichten gepresst, die sehr fein verteiltes Gas oder Öl enthalten, das nicht frei fließen kann. Die Schichten werden "aufgebrochen", um die Rohstoffe herauszudrücken.

Die Regierung in London veröffentlichte am Donnerstag zugleich ein neues Gutachten, wonach die Folgen des Frackings schwer einzuschätzen seien. Denn bislang gebe es nur drei Pilotprojekte in Großbritannien. Weitere Fracking-Projekte könnten die nötigen Daten liefern.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte nach der Aufhebung des Fracking-Verbots in Großbritannien eine Ausweitung der Gasförderung in Deutschland. Er rufe Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dringend auf, "die Vorgaben des Koalitionsvertrages einzuhalten und wenigstens die Öl- und Gasvorkommen in der Nord- und Ostsee zur schnellstmöglichen Förderung vorzubereiten", sagte Kubicki, der auch Vizepräsident des Deutschen Bundestages ist, dieser Redaktion. "Es ist bezeichnend, dass unsere europäischen Freunde, wie jetzt die Briten, sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um eine energetische Mangellage auszugleichen, während wir in Deutschland auf nicht so schlechtes Wetter hoffen." Kubicki warf den Grünen "deologische Sturheit" vor, die den Wohlstand gefährde. (soj/fmg/dpa)

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Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.