London. Queen Elizabeth II. wählte die richtigen Freunde und bewies ein gutes Händchen beim Personal. So vermied sie zeitlebens Skandale.

Queen Elizabeth II. war eine Ikone. Sie war so bekannt, dass sich die britische Post erlauben konnte, jahrzehntelang auf ihren Briefmarken anstelle des Ländernamens nur ein Porträt der Königin abzubilden. Die Queen bereiste 129 Länder, ohne jemals einen Pass besessen zu haben. Sie schlug unzählige royale Rekorde und geht mit 96 Lebensjahren und 70 Dienstjahren in die Geschichtsbücher ein. Doch ihr herausstechendes Prädikat war, besonders skandalfrei zu sein.

Ein Erfolgsgeheimnis der Queen: Sie hat es geschafft, trotz ihrer Prominenz ein untadeliges Image zu pflegen. Allein die Leistung, auf tausenden von Terminen niemanden brüskiert zu haben, ist einzigartig. Es gelang ihr, Skandale zu vermeiden. Wie hat sie das geschafft?

Die Queen hat früh erkannt, dass es zwei "Problemzonen" gibt, die anderen bekannten Persönlichkeiten schon schwere Probleme bereitet haben: zum einen die privaten Freunde, zum anderen das Personal. Menschen also, die mehr mitbekommen als andere – und im ungünstigen Fall gegen Geld oder aus bloßer Geltungssucht ausplaudern, was eigentlich nicht ausgeplaudert werden sollte.

König Charles III. empfängt Sarg der Queen in London

Menschen versammeln sich in der Nähe des Marble Arch, als der Leichenwagen mit dem Sarg von Königin Elizabeth II. zum Buckingham Palace fährt.
Menschen versammeln sich in der Nähe des Marble Arch, als der Leichenwagen mit dem Sarg von Königin Elizabeth II. zum Buckingham Palace fährt. © Felipe Dana/AP/dpa
Der Leichenwagen mit dem Sarg der Queen auf dem Weg zum Buckingham-Palast.
Der Leichenwagen mit dem Sarg der Queen auf dem Weg zum Buckingham-Palast. © Martin Meissner/AP/dpa
Vor dem Buckingham-Palast in London warten die Menschen auf die Queen.
Vor dem Buckingham-Palast in London warten die Menschen auf die Queen. © Markus Schreiber/AP/dpa
Prinzessin Anne (M) und ihr Mann Timothy Laurence  auf dem Luftwaffenstützpunkt Northolt.
Prinzessin Anne (M) und ihr Mann Timothy Laurence auf dem Luftwaffenstützpunkt Northolt. © Kirsty Wigglesworth/AP Pool/dpa
König Charles III. und Königsgemahlin Camilla auf dem Weg zum Buckingham-Palast.
König Charles III. und Königsgemahlin Camilla auf dem Weg zum Buckingham-Palast. © Vadim Ghirda/AP/dpa
Der Leichenwagen, der den Sarg von Königin Elizabeth II. trägt, verlässt die St.-Giles-Kathedrale auf dem Weg zum Flughafen von Edinburgh.
Der Leichenwagen, der den Sarg von Königin Elizabeth II. trägt, verlässt die St.-Giles-Kathedrale auf dem Weg zum Flughafen von Edinburgh. © Scott Heppell/PA Wire/dpa
Der britische König Charles III. und seine Frau Camilla betrachten die Blumen vor dem Hillsborough Castle.
Der britische König Charles III. und seine Frau Camilla betrachten die Blumen vor dem Hillsborough Castle. © Niall Carson/PA Pool/dpa
Charles und Camilla werden in Belfast freudig begrüßt und bejubelt.
Charles und Camilla werden in Belfast freudig begrüßt und bejubelt. © Niall Carson/PA Wire/dpa
Gedenkgottesdienst in der St.-Anne-Kathedrale.
Gedenkgottesdienst in der St.-Anne-Kathedrale. © Liam Mcburney/PA Wire/dpa
König Charles III. (M), Prinzessin Anne (l), Prinz Andrew und Prinz Edward halten eine Mahnwache am Sarg der Queen.
König Charles III. (M), Prinzessin Anne (l), Prinz Andrew und Prinz Edward halten eine Mahnwache am Sarg der Queen. © Jane Barlow/PA Pool/AP/dpa
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Queen Elizabeth II.: Diese vier Qualitäten mussten enge Freunde besitzen

Wer wirklich die engen Freunde der Queen waren, ist bis heute öffentlich kaum bekannt. Die Weichen dazu hatte die Königin selbst schon früh gestellt. Ihr innerster Kreis bestand fast ausschließlich aus anderen Mitgliedern des britischen Adels, die sie seit Kindheits- oder Jugendtagen kannte. Es war schon eine Besonderheit, dass mit Ex-König Konstantin von Griechenland, der in London lebte, ein Ausländer darunter war.

Treue Freunde wie die Mountbattens, auf deren Landsitz Broadlands die Queen und Prinz Philip (1921-2021) ihre Flitterwochen begannen, oder die Familie des Herzogs von Richmond mit ihrem imposanten Besitz Goodwood südlich von London besaßen genau die Qualitäten, die Freunde der Queen in ihren Augen besitzen mussten:

  • Wohnsitze, die unauffällig besucht werden konnten.
  • Einen Namen, der verpflichtete.
  • Einen gesellschaftlichen Rang, der kaum zu steigern war, aber bei Ärger mit dem Königshaus erheblich sinken konnte.
  • Genügend Geld, um nicht Verlockungen zu erliegen, Intimes von den Royals gegen Bares an die Medien zu liefern.
Die Queen bei einer ihrer Gartenpartys in Buckingham Palace im Juli 2010.
Die Queen bei einer ihrer Gartenpartys in Buckingham Palace im Juli 2010. © picture alliance / empics | Gareth Fuller

Auch unter Schauspielern, Künstlern und Politikern besaß die Queen Favoriten. Sie hatten aber alle eines gemeinsam: Der Zutritt zum "Inner Circle" blieb ihnen verwehrt. Doch es gab gelegentliche Empfänge, beispielsweise die großen Gartenpartys in Buckingham Palace, wo sie ein paar Worte mit der Queen wechseln durften. Etwa John Nettles, der in seiner Rolle als „Inspector Barnaby“ in der Queen eine regelmäßige Zuseherin hatte. Zu diesen Festen mit mehreren hundert Gästen erschienen dann auch die pensionierte Sekretärin, die sich jahrelang für Sozialprojekte engagiert hatte, oder der Landwirt aus der Schweiz, der selbstlos dem britischen Bob-Team geholfen hatte.

Die Queen pflegte einen guten Umgang mit dem Personal

Doch dann war da noch das Personal. Das Leben in gleichzeitig vier Schlössern – Buckingham Palace, Windsor Castle, Sandringham und Balmoral – erfordert einen nicht unerheblichen Stamm an dienstbaren Geistern. Sie sind in vielen prominenten Häusern sichere Quellen für hässlichen Klatsch und Tratsch. Nicht so bei der Queen. Königin Elizabeth II. brachte ihren Angestellten Achtung entgegen und sicherte sich somit ihre Loyalität.

Andy Englert, Adels-Experte der FUNKE Mediengruppe, befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Königshäusern und ihrer Geschichte, derzeit als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschriften
Andy Englert, Adels-Experte der FUNKE Mediengruppe, befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Königshäusern und ihrer Geschichte, derzeit als stellvertretender Chefredakteur der Zeitschriften "Frau im Spiegel" und "Frau im Spiegel ROYAL" sowie als Royal-Experte des Schweizer Fernsehens SRF.

Wer bei der Queen in Diensten stand, spricht oft über ihren untrüglichen Blick für Details, ihren respektvollen Umgang mit allen Mitarbeitern und über ihre Menschlichkeit in Form von kleinen Anekdoten, die sie ab und zu selbst erzählte. Auch förderte die Queen das Personal. Ob Butler oder Gärtner: Wer aus den Diensten des Königshauses mit guten Referenzen ausschied, hatte eine glänzende Karriere in seiner Branche vor sich. Und erhebliche finanzielle Verbesserungen, denn die Gehälter bei Hof sind im Vergleich nicht überdurchschnittlich.

Jahrzehntelang sickerten zwar immer wieder indiskrete Details an die Öffentlichkeit: Die Queen verzichtet im hohen Alter auf ihr tägliches, stets braunes weichgekochtes Frühstücksei. Prinz Philip sieht gerne Kochshows im Fernsehen. Die Königin hat von Kate, der Frau ihres Enkels Prinz William, selbstgemachtes Chutney zu Weihnachten bekommen. Doch das alles störte nicht. Im Gegenteil: Es förderte das Image der Königin, privat eigentlich eine recht bodenständige Frau zu sein. Und es machte die Indiskreten auch nicht reich. Auch interessant: Queen stirbt mit 96: Warum britische Royals so alt werden

Das Kindermädchen verriet die Queen – es kam sie teuer zu stehen

Eine unrühmliche Ausnahme gibt es allerdings: Marion Crawford. Der "Fall Crawford" zeigte, was passieren kann, wenn man mit zu intimen Details öffentlich Geld und fragwürdigen Ruhm sucht. Crawford, eine gebürtige Schottin, war die Nanny der Queen bis zu ihrer Hochzeit im Jahr 1947. Mit 38 Jahren konnte die royale Nanny in Ruhestand gehen – hochgeschätzt und großzügig versorgt, unter anderem mit einem lebenslangen Wohrecht in Nottingham Cottage, das zu den Ländereien des Kensington Palace in London gehört.

Crawford heiratete fast zeitgleich mit der Queen – aber mit einem deutlich schlechteren Händchen bei der Partnerwahl. Ihr Mann, ein Bankangestellter, brüstete sich öffentlich mit seinen Kontakten zum Königshaus. Er nötigte seine Frau, die Windsors zu überreden, ihre Konten zur Drummond-Bank zu verlegen, auf deren Lohnliste er stand. Ohne Erfolg. Sein nächster Coup: „Crawfie“, wie seine Frau von der Queen und ihrer Schwester in Kindheitstagen genannt wurde, nahm Kontakt zu einem Verlag in den USA auf – tausende Dollars winkten für intime Plaudereien aus dem Königshaus. Lesen Sie auch: Für diese kuriosen Auftritte sorgte die Queen

Queen Mum (1900-2001) warnte Crawford vor dem Projekt. Doch das Manuskript kam, die königliche Familie fühlte sich verraten. 1950 musste Crawford das Cottage verlassen. Auch das wenig später veröffentlichte Buch „The Little Princesses“ mit niedlichen Fotos der kleinen Queen und ihrer Schwester und harmlosen Texten nützte nichts mehr. Crawford starb 1988 in einem Altenheim in Aberdeen. Es gab weder einen Kranz noch eine Trauerkarte von Seiten der königlichen Familie.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.